Andernacher Projektentwickler Rolf Doetsch erwirbt Anwesen in der Steinstraße - Grundstück bietet Raum für geplante Hotelerweiterung
Andernacher Projektentwickler erwirbt Anwesen: Ehemalige Tanzschule Bitterlich hat neuen Besitzer
Das Gebäude der ehemaligen Tanzschule Bitterlich in der Kirchstraße soll nach dem jetzt erfolgtem Verkauf zeitnah abgerissen werden.
Rico Rossival

Andernach. Viele Andernacher nutzten in den vergangenen Wochen die Chance, bei den Flohmärkten und der von den Einzelhändlern organisierten Modenschau in der ehemaligen Tanzschule Bitterlich noch einmal das Flair des einst legendären Tanzpalastes im Herzen der Altstadt zu spüren und in Erinnerungen zu schwelgen.

Mit dem Verkauf des Gebäudes an den Projektentwickler Rolf Doetsch endet nun die Geschichte, die Werner Bitterlich 1962 mit der Eröffnung seiner Tanzschule in der Kirchgasse 4 zu schreiben begonnen hatte.

Dass das Gebäude, in dem Werner Bitterlich gemeinsam mit seiner Ehefrau Hannelore den Andernachern bis zur endgültigen Schließung 1999 nicht nur den Gesellschaftstanz sondern auch Etikette beibrachte, nicht erhalten werden kann, sei den Besuchern der jüngsten Veranstaltungen klar geworden, betont Oberbürgermeister Christian Greiner, der den Vorsitz der Andernacher Bürgerstiftung innehat, im Gespräch mit der Rhein-Zeitung: „Man konnte sehen, dass es um den Innenbereich nicht gut bestellt ist.“

Gebäude weist viel Schäden auf

So habe man vor den Flohmärkten auch schon mal erst große Pfützen, die sich im ehemaligen Tanzsaal gebildet hatten, aufwischen müssen. Das Hagelunwetter im Mai 2022 hatte die Dächer des Gebäudes arg in Mitleidenschaft gezogen: „Im ganzen Haus sind viele Feuchtigkeitsschäden zu verzeichnen“, ergänzte die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung, Barbara Vogt, die seit dem Tod der Eheleute im Jahr 2020 dafür Sorge trägt, dass der Nachlass der Bitterlichs in ihrem Sinne Verwendung findet.

Bereits 2014 hatte das Ehepaar den Kontakt zur Stadt gesucht mit dem Ansinnen, diese als Erbin einzusetzen. Kurz darauf legten die Bitterlichs testamentarisch fest, dass ihr Besitz an die Bürgerstiftung geht. Sie verfügten zudem, dass der Erlös aus dem Verkauf ihres Nachlasses Andernacher Studierenden zugutekommen soll. In den darauffolgenden Jahren blieben die Eheleute Bitterlich und die Bürgerstiftung im engen Austausch.

Flohmärkte erzielten 34.000 Euro Erlös

Letztere habe in Person von Geschäftsführerin Barbara Vogt in den vergangenen Jahren alle Hebel in Bewegung gesetzt, um der Verantwortung, die mit diesem emotional aufgeladenen Erbe einhergeht, gerecht zu werden, betonte Stiftungsratsvorsitzender Greiner: „Der Prozess, der dann einsetzte, sucht seinesgleichen.“ Unterstützt von Freiwilligen der Ehrenamtsinitiative begann der Abverkauf der Einrichtung aus der Tanzschule und den Privaträumen der Bitterlichs, der derzeit noch in einem Pop-up-Laden in der Stadthausgalerie weiterläuft. Rund 34.000 Euro kamen dabei bisher zusammen, erklärte Greiner.

Parallel sichtete der Stiftungsrat die Pläne, die verschiedene Interessenten für den Standort entwickelt hatten. Die Unternehmerfamilie Doetsch, die unweit der ehemaligen Tanzschule die Purs Fine Hotels & Restaurants geschaffen hat, habe bereits früh ihr Interesse angemeldet und ein Konzept vorgestellt, das letztlich alle Mitglieder des Stiftungsrats überzeugte. Am Donnerstag wurde der Verkauf beim Notar offiziell besiegelt. Über den Verkaufspreis haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart. Dieser bewege sich in dem gutachterlich festgelegten Rahmen.

Investor will Hotel erweitern

Man plane, das bestehende Gebäude zeitnah abzureißen, um dort Raum für eine Erweiterung des Purs zu schaffen, erläuterte der geschäftsführende Gesellschafter des Projektentwicklers, Phillip Doetsch: „Wir haben die Quartiersentwicklung in diesem Bereich im Blick und wollen die Aufenthaltsdauer unserer Gäste verlängern.“ In dem Neubau in der Kirchstraße 4 sollen zusätzliche Hotelzimmer, aber auch Fitness- und Wellnessangebote sowie Stellplätze für die Hotelgäste entstehen.

Die Pläne für die Nutzung werden momentan noch im Detail ausgearbeitet, während nach dem Abriss des ehemaligen Tanzschulgebäudes am Ort zunächst die archäologische Erkundung des Grundstücks erfolgen wird. Dass sich dort die Überreste einer römischen Fußbodenheizung (Hypokaustum) befinden, ist bereits bekannt, weitere Funde sind wahrscheinlich.

Erlös kommt Studierenden zugute

„Wir haben da mit offenen Karten gespielt“, betont Stiftungsratsvorsitzender Greiner. Mit dem neuen Eigentümer des Grundstücks habe man sich auf einen verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte der Stadt verständigt. Ganz allgemein bewege man sich mit dem Investor auf einer guten Vertrauensbasis: „Die Referenzen in der Stadt sprechen für sich, und das Vorhaben ist im Sinne der Quartiersentwicklung.“

Der Erlös aus dem Verkauf des Gebäudes sowie des übrigen Nachlasses wird den Grundstock für die Stipendien bilden, die künftig für Andernacher Studierende ausgeschrieben werden. „Das wird dem Anliegen der Familie Bitterlich gerecht“, sagte Greiner. Beim Verkauf der ehemaligen Tanzschule, in der er selbst in den 90er-Jahren einen Tanzkurs belegt hatte, sei auch mit Wehmut verbunden gewesen. Doch letztlich seien die jüngsten Entwicklungen ganz im Sinne der Eheleute Bitterlich, bekräftigte Stiftungsgeschäftsführerin Barbara Vogt: „Ich habe in den vergangenen Wochen immer wieder an die Familie gedacht und dabei gefühlt: Sie wollen das so.“

Top-News aus der Region