Mitte der 70er-Jahre gehörte die Strecke Andernach–Mayen zu den wenigen Schienenstrecken der Deutschen Bahn, auf denen noch planmäßig mit Dampfloks bespannte Personen- und Güterzüge verkehrten. Dies endete mit dem Fahrplanwechsel im Frühjahr 1975, also vor 50 Jahren. Ein kurzer Blick zurück.
Während einige Eisenbahnfreunde sich eher für die Technik der Fahrzeuge oder die Organisation der Betriebsabläufe interessieren, sind andere vor allem von der Ästhetik des Bahnbetriebs, wie beispielsweise von den eindrucksvollen Dampf- und Rauchwolken des Dampflokzeitalters fasziniert. Zu diesen Menschen gehört Joachim Stübben. Er berichtete unserer Zeitung von Dampflokomotiven, die nicht mehr dampfen durften, und von seiner umfangreichen Fotosammlung, die unter anderem mehrere Tausend Schwarz-Weiß-Negative umfasst.

Während seines Studiums in Bonn war der heute 72-jährige ehemalige Gymnasiallehrer für Deutsch und Latein oft in unserer Region unterwegs. Dem gebürtig aus Krefeld stammenden Mann wurde das Interesse für die Eisenbahn förmlich in die Wiege gelegt. „Ich bin als Kind am Nordbahnhof in Krefeld aufgewachsen. Von der elterlichen Wohnung konnte ich den Rangierbetrieb beobachten.“ Die Faszination für Dampflokomotiven – sie sind ein wichtiger Teil der Industriegeschichte – hat Joachim Stübben in Verbindung mit der Fotografie seither nicht losgelassen. Die meisten Fotos entstanden in der kalten Jahreszeit oder in den kühlen Morgenstunden, weil bei niedrigen Temperaturen eindrucksvolle Dampfwolken entstehen.
Stübben hat auch im Ausland Dampflokomotiven fotografiert, wie beispielsweise im vorigen Jahr in der Ukraine, wo in Haivoron, einer Kleinstadt in einem vom Krieg eher unberührten Teil des Landes, eine Veranstaltung mit historischen Eisenbahnfahrzeugen und Musik und Tanz stattfand. Fünf seiner Fotos hat uns der in Gladbeck lebende Fotograf zur Verfügung gestellt.

Zu den in unserer Zeitung veröffentlichten Fotografien hat Joachim Stübben detailreiche Informationen, wie zu dem in Andernach aufgenommenen Bild. „An einem kühlen, sonnigen Frühjahrsmorgen des Jahres 1975 stürmt eine Lok der Baureihe 50 mit einem Nahverkehrszug von Andernach nach Mayen“, erzählt Stübben. Der Zug habe gerade in einer langen Kurve die linke Rheinstrecke überquert. Im Hintergrund sind die Häuser der rechtsrheinisch gelegenen Ortschaft Fahr-Irlich zu sehen.
Auch zum Bahnbetriebswerk Mayen hat der Fotograf einiges zu berichten. „Anfang der 70er-Jahre waren beim Bahnbetriebswerk Mayen noch Tenderlokomotiven verschiedener Baureihen stationiert.“ Unter Bahnbetriebswerk versteht man die Einrichtung, wo Lokomotiven stationiert sind und für den Dienst vorbereitet werden. In der Dampflokzeit gehörte dazu ein Lokschuppen mit vielen Kaminen, einer Drehscheibe und Vorräten an Kohle, Wasser und Sand.

Das 1971 vor dem Mayener Lokschuppen aufgenommene Foto zeigt eine Lok der preußischen Gattung T 16.1. Solche Lokomotiven wurden damals zur Bedienung von Werksanschlüssen, aber auch vor Bauzügen bei der Elektrifizierung der Moselstrecke eingesetzt. Auch in der Pellenzgemeinde Kruft war Stübben unterwegs. „Das Bild zeigt einen der damals noch auf zahlreichen DB-Strecken eingesetzten ‚Schienenbusse‘ im Bahnhof Kruft im Frühjahr 1975. Wie der Zugzielanzeiger im Fenster zeigt, wurde die Eifelquerbahn Andernach–Gerolstein damals noch durchgängig befahren.“
Entlang der Strecke waren damals noch etliche Werksanschlüsse zu bedienen. Ein weiteres Foto entstand am Stellwerk von Kruft. „Die Lok ist auf dem Anschlussgleis der Firma Tubag unterwegs. Die schöne Dampfwolke ist der winterlichen Temperatur am 17. März 1975 zu verdanken.“ Auch abseits der Gleise war Stübben unterwegs. In einer längeren Pause zwischen zwei dampflokbespannten Zügen machte der Fotograf einen Spaziergang durch das verträumt wirkende Thür. Außerdem gab es damals noch die Strecke Mayen–Koblenz, auf der ebenfalls noch Personen- und Güterzüge fuhren. Darüber hinaus verkehrten Güterzüge auch nach Kaisersesch.