Ärger über ungleiche Behandlung in der Corona-Krise prägt Treff mit designiertem Gesundheitsminister
Ärger über Corona-Beschränkungen: Andernacher Einzelhändler lassen bei Clemens Hoch Dampf ab
Der Andernacher Einzelhändler Dirk Lüttichau (links) lud den designierten rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (2. von links) zum Gespräch über die aktuelle Lage der Gewerbetreibenden ein.
Martina Koch

Andernach. Ab kommenden Dienstag wird aller Voraussicht nach ein Andernacher an der Spitze des rheinland-pfälzischen Gesundheitsministeriums stehen: Der bisherige Chef der Staatskanzlei, Clemens Hoch, wird dann im Kabinett Dreyer die Leitlinien der Corona-Bekämpfungsstrategie des Landes mitbestimmen. Dirk Lüttichau, der einen Outdoorladen in der Hochstraße betreibt, nahm dies zum Anlass, Hoch zu einem Gespräch mit Andernacher Einzelhändlern einzuladen, die sich in den vergangenen Monaten mit ihren Interessen seitens des Bundes und des Landes nicht ausreichend wahrgenommen fühlten.

Lesezeit 2 Minuten

Die Corona-Politik mit ihren Beschränkungen habe den inhabergeführten Einzelhandel in eine schwierige Lage manövriert, schildert Lüttichau: „Es stehen extrem viele Existenzen auf der Kippe.“ Die Bundesnotbremse habe die Situation weiter verschärft: Als bis einschließlich vergangener Woche bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 im Kreis Mayen-Koblenz die Testpflicht für den Besuch der Geschäfte galt, habe sich die Kundenfrequenz weiter reduziert, während sich in den großen Supermärkten die Kunden drängten: „Beim Vollsortimenter wird schließlich alles verkauft.“

Vom künftigen Gesundheitsminister erhoffe man sich positive Signale für die Zukunft des Einzelhandels. Diese könne er momentan noch nicht uneingeschränkt zusichern, erklärt Hoch: „Wir sind immer noch in der Pandemie. Die Innenstadt ist leer, aber die Krankenhäuser sind nach wie vor voll.“

In den kommenden Wochen sei weiterhin Geduld gefragt, bis der Dreiklang aus Impfen, Testen und Einschränkung von Kontakten nachhaltig Wirkung gezeigt habe. Er könne aber versprechen, dass das Land seine Spielräume nach der Aussetzung der Bundesnotbremse nutze, um Lockerungen zu ermöglichen – etwa indem man wieder Urlaub in Ferienwohnungen und Wohnmobilen zulasse.

Die ersehnten Lockerungen bringen für die Einzelhändler aber auch neue Herausforderungen mit sich, hat Lüttichau beobachtet. So sei die Verunsicherung groß: „Die Kunden wissen nicht, was momentan geht.“ Welche Regelung für welchen Bereich des Einzelhandels gelte, sei schon längst nicht mehr durchschaubar.

Diese Kritik kann Hoch so nicht nachvollziehen: „Wir haben relativ klare Regeln.“ Für die derzeitige Verunsicherung seien andere verantwortlich: „Der Bund hat ein Durcheinander in der Wahrnehmung verursacht.“ Indem es – etwa in der Diskussion um die Öffnung der Baumärkte im Lockdown – immer wieder neue Auslegungen gab, wie sich der alltägliche Bedarf definiert, habe man den Handel gespalten und nicht mehr nachvollziehbare Regelungen geschaffen. Doch diese Zeiten seien mit dem Auslaufen der Bundesnotbremse vorbei: „Wir machen es jetzt anders.“ Eine Situation, in der Einzelhändler ihre Geschäfte über Monate hinweg schließen müssen, werde es künftig nicht mehr geben: „Diese Hilflosigkeit werden wir nicht mehr haben.“

Doch auch wenn es für den Einzelhandel langsam Licht am Ende des Tunnels gibt, wirke der Ärger über die als ungerecht empfundenen Corona-Bestimmungen noch nach, macht die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Andernach Attraktiv (AAA), Mehtap Turan, deutlich. Man habe sich über Monate hinweg nicht von der Politik wahrgenommen gefühlt: „Wir wollen als Handel gesehen werden.“

Die Einzelhändler der Andernacher Innenstadt gehörten mit Ladenflächen von 50 oder 60 Quadratmetern keineswegs zu den Pandemietreibern. Es sei unabhängig von der Inzidenz jederzeit problemlos möglich, Einzelpersonen den Einkauf im Geschäft zu ermöglichen. Die Ausgleichszahlungen des Bundes seien hingegen nur ein schwacher Trost: „Ich möchte gar keine Unterstützung, ich will mich selbst über Wasser halten“, betont Turan.

Glücklicherweise sei die Kundenbindung in Andernach gut, man spüre das Interesse an einem Einkauf in der Innenstadt. „Wir hoffen, dass die Andernacher Händler jetzt wieder starten“, erklärt Hoch. Über eine mangelhafte Anteilnahme an den Existenzsorgen der Branche müssten diese sich keine Sorgen machen: „Wir haben sie auf dem Schirm.“

Von unserer Redakteurin

Martina Koch

Top-News aus der Region