Andernach – Geständnis im Missbrauchsprozess: Ein 23-Jähriger hat vor dem Landgericht Koblenz gestanden, seine minderjährige Halbschwester in Andernach drei Mal sexuell missbraucht zu haben.
Er ließ seine Anwältin am zweiten Prozesstag erklären: „Ja, ich habe meine Halbschwester berührt.“ Das Gericht unter Vorsitz von Richter Ralf Bock verurteilte den Mann wegen sexuellen Kindesmissbrauchs zu dreieinhalb Jahren Gefängnis.
„Ich möchte Spaß haben!“ Das sagte der Mann zu dem Mädchen, als er sich zum ersten Mal an ihm verging. Die Kleine bat ihn aufzuhören, aber er machte weiter. Als er sie endlich in Ruhe ließ, bläute er ihr ein: „Sag nichts der Mama und dem Papa!“
Der Mann verübte die Tat in der Andernacher Wohnung seines Vaters, ebenso die zwei anderen Taten. Eigentlich sollte er im Tatzeitraum von Dezember 2009 bis Februar 2010 auf seine Halbschwester aufpassen. Stattdessen missbrauchte er sie – im Kinderzimmer, im Wohnzimmer und einem weiteren Zimmer.
So kam alles raus: Im April sitzt das Mädchen mit seiner Mutter vor dem Fernseher. In einer Sendung ist von einer sexuellen Beziehung die Rede. Plötzlich beginnt die Kleine zu erzählen. Die Mutter schreckt auf und fragt nach.
Für die ganze Familie ist der Prozess eine Tragödie – besonders für den Vater. Denn sein Sohn hat seine Tochter missbraucht. Und er, der Vater, alarmierte die Polizei. Jetzt sitzt sein Sohn im Gefängnis.
Im Prozess sagte die Staatsanwältin: „Der Angeklagte muss dreieinhalb Jahre in Haft. Für ihn sind die Taten danach vorbei, aber nicht für die Geschädigte. Sie muss ihr ganzes Leben damit klarkommen.“ Wenn der Mann nicht gestanden hätte, hätte das Mädchen vor Gericht als Zeugin aussagen müssen.
Am Freitag, dem zweiten Prozesstag, wartete sie im Zeugenraum und hatte laut ihrer Anwältin große Angst vor dem Prozess. Dann kam die Erlösung für sie. Kurz bevor sie den großen Schwurgerichtssaal betreten sollte, legte ihr Halbbruder ein Geständnis ab. Damit blieb ihr die Aussage erspart. Sie durfte nach Hause.
Ohnehin musste das Mädchen schon sehr oft erzählen, was passiert ist. Ihren Eltern, der Polizei, der Rechtsmedizinerin, dem Kinderschutzdienst und der Psychologin.
Das Gericht bestrafte den Mann relativ mild, weil er gestanden und dem Mädchen die Aussage erspart hatte. Hätte er dies nicht getan, hätte er im Falle einer Verurteilung mindestens fünf Jahre in Haft müssen, so das Gericht. Zum Schluss entschuldigte sich der Mann mit wenigen Worten: „Es war Scheiße, was ich getan habe.“
Hartmut Wagner