Koblenz
Kommentar zum WM-Aus der deutschen Mannschaft in Katar: Weiter entfernt vom Fan denn je
Für die DFB-Elf ist das Turnier in Katar vorbei. Nach dem Spiel stellten sich die Spieler auch den Fans.
picture alliance/dpa/AP | Martin

Das nächste Desaster bei einem großen Turnier für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Eines, das auch Einfluss auf die Anhängerschaft der DFB-Elf nimmt. Ein Kommentar.

Lesezeit 2 Minuten

Für die DFB-Elf ist das Turnier in Katar vorbei. Nach dem Spiel stellten sich die Spieler auch den Fans.
picture alliance/dpa/AP | Martin

Zumindest im Scheitern zeigt diese deutsche Nationalmannschaft Konsequenz. Nach dem vergeigten Auftritt auf dem sportpolitischen Parkett in Katar ist sie nun auch sportlich eingeknickt. Für die Wahl der kürzestmöglichen Verweildauer bei einem Turnier, auf das keiner so richtig Lust hatte, ernten DFB und Mannschaft bei vielen erleichterte Zustimmung. So weit, so ironisch.

Sport-Redakteur Klaus Reimann

RZ

Sportlich betrachtet ist das neuerliche Vorrunden-Aus einer deutschen Auswahl bei einem WM-Turnier eine Zäsur, ein Desaster. Eines, das nachhallen wird. Und eines, das absehbar war. Fußball ohne Herz und ohne Leidenschaft kennen die zunehmend entemotionalisierten Fans des Kunstgebildes „Die Mannschaft“ seit Jahren. Dass dieses Team in Katar noch ohne Rückgrat aufgetreten ist, hat die Wertschätzung für die DFB-Auswahl nicht erhöht. Ganz im Gegenteil: Nie war eine deutsche Nationalmannschaft weiter von ihrer Anhängerschaft entfernt als heute!

Deutschland ist keine Turniermannschaft mehr

Diese Anhänger sind enttäuscht, weil sie sich getäuscht fühlen. Weil mit der neuerlichen WM-Blamage ein Mythos sein Ende gefunden hat. Der Satz „Deutschland ist eine Turniermannschaft“ – er gilt nicht mehr. Die Nationalelf als Hort der willkommenen Abwechslung, als Insel der Glückseligkeit ist in Katar untergegangen.

Die Gründe sind vielfältig. Vielleicht hat die Generation um Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Niklas Süle nicht das Talent ihrer Vorgänger um Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Miro Klose. Was aber schwerer wiegt: Der geneigte Anhänger kann sich mit den heutigen Stars nicht mehr identifizieren, die auf Vereinsebene alles abräumen, in der DFB-Auswahl aber Hingabe und Leidenschaft vermissen lassen. Selbst bei dieser Grundvoraussetzung für Erfolg und Anerkennung haben uns andere Nationen überholt.

Die Mannschaft schreit nach neuen Köpfen

Seit dem Titelgewinn 2014 hat sich in den Köpfen eine gewisse Saturiertheit breitgemacht. Es wurden Fehler gemacht. Ja, es stimmt, unter Joachim Löw sind der Mannschaft nach dem Triumph von Rio von Jahr zu Jahr mehr das Feuer und die Gier abhandengekommen. Tatsache ist aber auch, dass von dieser Gier und von diesem Feuer unter Hansi Flick kaum mal etwas zu spüren war. Bei den Bayern reichte es, eine Mannschaft zu moderieren. Bei der DFB-Elf aber muss er orchestrieren, entwickeln – was ihn zu überfordern scheint.

Diese Mannschaft schreit nach neuen Köpfen, nach neuen Ideen. Was auch für Oliver Bierhoff gilt, der als Direktor Nationalmannschaften zuletzt nur noch als Notstandsverwalter in Erscheinung getreten ist. Diese Auswahl mitsamt ihrer Führungsriege muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Muss wieder zu einer Marke werden, zu der die Fans eine emotionale Bindung aufbauen können. Die Zeit ist knapp. In eineinhalb Jahren steigt die EM im eigenen Land. Irgendjemand da draußen, der Lust auf dieses Turnier hat?

E-Mail an den Autor: klaus.reimann@rhein-zeitung.net

Top-News aus der Region