Im Geopark der Baskischen Küste und dem Biosphärenreservat Urdaibai finden Naturfreunde eine Auszeit vom hektischen Alltag
An der baskischen Küste: Von schroffen Felsen und bemalten Bäumen
Auf der Strecke der „Fylsch Route“ können Wanderer die riesigen Gesteinsformationen – Flysch genannt – bewundern. Gleichzeitig bietet sich ein spektakulärer Blick auf den Atlantischen Ozean. Foto: Lena Reuther
Lena Reuther

Im Geopark und dem Biosphärenreservat Urdaibai finden Naturfreunde eine Auszeit vom hektischen Alltag

Lesezeit 6 Minuten

Ein einzigartiger Panoramablick auf den Atlantischen Ozean: Der Aussichtspunkt „Baratzazarrak“ ist einer der Orte, an denen Wanderer erleben, was den Unesco Geopark der Baskischen Küste so besonders macht. Neben einem erstklassigen Blick auf das Meer, ist hier auch der sogenannte Flysch zu sehen. Diese Felsen beziehungsweise die Gesteinsschichten erzählen eine mehrere Zehnmillionen Jahre alte Geschichte.

Der Geopark befindet sich zwischen dem Golf von Biscaya und den baskischen Bergen. Zum Geopark gehören die Orte Deba, Mutriku und Zumaia, erklärt Fremdenführerin Noemi Lekube. Bei einer Wanderung auf einem Teil der Flysch-Route zwischen den Orten Deba und Zumaia begegnen wir den Felsen in all ihren Facetten. Der Flysch zeigt sich in verschiedenen Farben, ist aufgrund der verschiedenen Gesteinsschichten teils eher rot, grau oder auch schwarz. Insgesamt erstreckt sich der Flysch über 13 Kilometer.

Die Schichten bestehen meist aus Kalk, Sandstein und kalkhaltigem Ton und sind während gebirgsbildender Prozesse entstanden und aufgrund der stetigen Einwirkung des Meeres sichtbar. Die ältesten Schichten sind mehr als 100 Millionen Jahre alt, erklärt Geologe Koenraad Van Den Driessche. Experten könne die Entwicklung der Erde anhand der Gesteinsschichten ablesen. So vertreten einige Geologen die Theorie, dass sich am Flysch das Aussterben der Dinosaurier aufgrund eines Meteoriteneinschlags ablesen lasse.

Spaziergang durch die Idylle

Besonders Naturliebhaber kommen im Geopark auf ihre Kosten. Bei der Wanderung zwischen Deba und Zumaia führt jeder Schritt durch eine idyllische Szenerie. Hier verläuft auch ein Teil der Nordroute des Jakobsweges nach Santiago de Compostela. Beginnt der Anstieg mit einer hügeligen Landschaft aus grünen Feldern und Bäumen, Weinreben sowie Eseln am Wegesrand, so bietet sich einige Schritte weiter schon ein Blick auf die eindrucksvolle Felslandschaft an der Küste.

Während uns die Sonne sanft ins Gesicht scheint, bleiben wir auf der Strecke immer mal wieder stehen, um den Anblick in uns aufzusaugen. Für den Weg sollte man eher gut zu Fuß sein, da er teils unbefestigt ist und über potenzielle Stolpersteine führt. Bei einer Bootstour entlang der Küste zwischen Mutriku und Zumaia kann man den „Flysch“ nochmal aus einer anderen Perspektive erleben.

Auf dem Wanderweg zwischen Deba und Zumaia begegnet man unter anderem Eseln am Wegesrand. Foto: Lena Reuther
Lena Reuther

Um mehr von der baskischen Kultur kennenzulernen, empfiehlt sich ein Ausflug in die drei Dörfer Deba, Mutriku und Zumaia. In Mutriku ist der alte Hafen besonders sehenswert. Von dort haben die Einwohner jahrelang Walfang betrieben. Gemälde an Wänden erinnern an diese Geschichte, erklärt Noemi Lekube.

Mit Blick auf den Hafen und das Meer entdeckt man auch eine Art Plattform, ein Wellenkraftwerk. „Das ist einmalig in Europa“, sagt Lekube. Mittels 16 Turbinen wird hier versucht, Elektrizität aus den Bewegungen der Wellen zu generieren. Der Bezug zur Fischerei wird auch in der Kirche Nuestra Señora de la Asunción direkt am Marktplatz deutlich. Von der Decke hängt ein Schiff. Das ist im Baskenland durchaus üblich. Die Schiffe haben dabei immer bestimmte äußerliche Merkmale, die auf den Ort hinweisen, in dem sich die Kirche befindet.

Auf 3,5 Kilometern bekommt man einen Eindruck davon, wie die Landschaft vor 20.000 Jahren ausgesehen hat, wie Menschen hier früher gelebt haben und welchen Tieren sie begegnet sind.

Geologe Koenraad Van Den Driessche

Gelegentlich sieht man in den schmalen Gassen von Mutriku Türen zu den sogenannten „Sociedads“, was übersetzt „Gesellschaften“ bedeutet. „Basken laden nie jemanden zu sich nach Hause ein“, erklärt Lekube. Deshalb kommen Basken mit Freunden und Familie dort zusammen, um zu essen und sich zu unterhalten. Die Besonderheit: Kochen dürfen hier nur Männer, sagt die Touristenführerin.

Blick in die Vergangenheit

In Deba kann man ein prähistorisches Museum im Freien erkunden. Auf 3,5 Kilometern bekommt man einen Eindruck davon, wie die Landschaft vor 20.000 Jahren ausgesehen hat, wie Menschen hier früher gelebt haben und welchen Tieren sie begegnet sind. Mit dem Homo sapiens lebten hier beispielsweise Bisons und Mammuts, erklärt Geologe Koenraad Van Den Driessche. Neandertaler jagten Rehe, aber auch Bären und Elefanten. Repliken verschiedener Knochen von Tieren, wie etwa der Schädel eines Löwen, sind auf der Strecke ausgestellt. Aber auch Werkzeuge beziehungsweise bestimmte Steine, die Neandertaler zur Jagd verwendet haben.

Historisches gibt es ebenfalls im Tal Lastur zu sehen. Hier befinden sich zwei alte Mühlen, mit denen in früheren Zeiten Maismehl produziert wurde. Damit kann man zum Beispiel baskische Talos zubereiten, die ein wenig an Crêpes erinnern. Mit Maismehl, Wasser und Salz wird ein Teig geknetet, flach geklopft und anschließend auf eine heiße Gusseisenplatte gelegt. Den flachen Teig faltet man einmal in der Mitte und kann sie dann beliebig befüllen, etwa mit Chorizo oder Schokolade.

Um noch mehr von der Natur zu sehen, empfiehlt sich ein Ausflug in den Wald von Oma, der in Kortezubi, innerhalb des Biosphärenreservats Urdaibai liegt. Beim Betreten des Waldes, stechen sofort die knallbunten Farben an den Bäumen ins Auge. Zahlreiche aufgemalte Kunstwerke kann man hier an den Kiefern bestaunen. Geschaffen hat die Kunstwerke der baskische Künstler Agustín Ibarrola zwischen den Jahren 1982 und 1985, erklärt Touristenführer Ásier Merlo. Er malte geometrische Figuren, Linien, und Kreise in satten Farben auf die Bäume. Allerdings hatten die Bäume nach einiger Zeit das Ende ihrer Lebensspanne erreicht. Um die Kunst zu erhalten, wurde sie an einen anderen Standort verlegt, nach Kortezubi.

Mehr als 800 Bäume bemalt

Daraufhin wurden an mehr als 800 Bäumen insgesamt 34 Kunstwerke von einem Künstlerteam in enger Abstimmung mit Ibarrolas Familie geschaffen. Seit Sommer 2023 ist die neue Ausstellung geöffnet, informiert Merlo. Der Rundweg, vorbei an den Gemälden, ist 1,5 Kilometer lang. Besonders interessant ist, dass einige Kunstwerke erst durch das Zusammenspiel der Bäume entstehen, wenn man sie aus einem bestimmten Winkel betrachtet. Steht man richtig, so fügen sich zwei Hälften einer Zeichnung auf zwei unterschiedlichen Bäumen zu einem ganzen zusammen. So passieren wir das Kunstwerk „El beso“, was auf Deutsch „Der Kuss“ bedeutet. Auf zwei Stämmen ist jeweils eine Hälfte eines in rot gemalten Kussmundes zu sehen, der sich bei Betrachtung im richtigen Winkel zu einem zusammensetzt.

Die Bilder lassen dabei gewollt Raum für eigene Interpretationen, erklärt Merlo. Da man den Wald nicht mit dem Auto erreichen kann, muss man zunächst etwa 2,8 Kilometer, vom Parkplatz unmittelbar neben dem Restaurant Lezika aus, zu Fuß gehen. Empfehlenswert ist es, hier bereits am Morgen zu kommen, um größere Besucherströme zu vermeiden.

Im Wald von Oma sind 800 Bäume mit unterschiedlichen Farben bemalt. Insgesamt gibt es 34 verschiedene Kunstwerke zu sehen. Foto: Lena Reuther
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Ebenfalls ein absoluter Hingucker und das nicht nur für Serienfans, ist die Felsinsel San Juan de Gaztelugatxe oder bekannt als „Dragonstone“ in der US-Serie „Game of Thrones“. Über eine Brücke mit 241 Stufen ist die Insel mit dem Festland verbunden. Auf dem Felsen thront eine Kirche, die im Laufe der Jahrhunderte durch Feuer und Kriege immer wieder zerstört wurde. Es handelt sich also nicht um den Originalbau. Experten vermuten, dass die ursprüngliche Kapelle aus dem 9. Jahrhundert stammt. An diesem Tag wabert der Nebel rund um den Felsen und die Kirche und verleiht dem Anblick etwas Mystisches.

Wer lieber auf dem Wasser unterwegs ist, dem bieten sich im Geopark der Baskischen Küste verschiedene Stellen zum Surfen. So ist etwa der Strand Itzurun nahe dem Stadtgebiet Zumaia aufgrund des starken Wellengangs besonders geeignet für Wassersport. Bereits am frühen Morgen sind hier Surfer auf ihren Brettern unterwegs. Gewappnet mit Neoprenanzügen bezwingen sie die Wellen.

Wissenswertes für Reisende

Zielgruppe: Der Geopark der Baskischen Küste und das Biosphärenreservats Urdaibai sind geeignet für Naturliebhaber, Wanderer und alle, die eine Auszeit vom hektischen Alltag brauchen.


Beste Reisezeit: Frühjahr bis Herbst

Unsere Ausflugstipps:

  • Wald von Oma: Auf einem 1,5 Kilometer langen Rundweg können Spaziergänger 800 bemalte Bäume betrachten, die die Essenz des Werks von Künstler Agustín Ibarrola bewahren. Die Ausstellung ist seit Sommer 2023 geöffnet. Der Eintritt ist frei, eine Eintrittskarte muss vorher online unter www.biz kaia.eus/en/ web/bosque-oma-basoa/home gebucht werden;
  • Aussichtspunkt „Baratzazarrak“: Dieser liegt zwischen Deba und Zumaia. Hier haben Besucher einen eindrucksvollen Blick auf den Atlantischen Ozean und schwarzen Flysch, der eine etwa 60 Millionen Jahre alte Geschichte erzählt. Bei gutem Wetter kann es hier schnell sehr voll werden;
  • Wanderung zwischen Deba und Zumaia: Auf der sogenannten Flysch-Route können Wanderer entlang der Küste die verschiedenen Farben des Flyschs bewundern. Gleichzeitig können sie Millionen Jahre alte Geschichte sehen und anfassen;
  • Prähistorisches Museum in Deba: Auf 3,5 Kilometern erfahren Besucher mehr darüber, wie das Land vor etwa 20.000 Jahren aussah und welche Tiere hier vor Tausenden von Jahren lebten. Startpunkt ist im Hafen von Deba.

Unser Autorin ist gereist mit Lufthansa und Brussels Airlines und hat übernachtet in Agroturismo Iberreko Errota, Hotel & Talasoterapaia Zelai und Perlakua Saka. Diese Reise wurde unterstützt vom spanischen Fremdenverkehrsamt Berlin und Basquetour.

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