SPD-Vorsitz
Esken gibt SPD-Vorsitz auf - keine erneute Kandidatur
Saskia Esken
Saskia Esken
Kay Nietfeld. DPA

Bei der Kabinettsbildung ging sie leer aus. Jetzt kündigt Saskia Esken auch den Rückzug vom SPD-Vorsitz an. Sie wird im Juni nicht mehr für das Amt kandidieren.

Berlin (dpa) - Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken will sich von ihrem Amt und damit aus der ersten Reihe der Politik zurückziehen. Sie werde beim SPD-Bundesparteitag Ende Juni nicht mehr zur Wiederwahl antreten, sagte die 63-Jährige am Abend in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». Sie kündigte aber an, ihr Mandat im Bundestag, in dem sie seit 2013 sitzt, zu behalten. 

Esken ist seit 2019 SPD-Chefin, seit 2021 führt sie die Partei zusammen mit Lars Klingbeil, der jetzt als Vizekanzler und Finanzminister in die schwarz-rote Bundesregierung gewechselt ist. 

Esken will Platz für junge Frauen machen

«Ich habe jetzt in den vergangenen sechs Jahren die große Freude und die große Ehre gehabt, die SPD als Parteivorsitzende zu führen, eine altehrwürdige und eine gleichzeitig quicklebendige Partei», sagte Esken. «Ich gebe jetzt mein Parteivorsitzendenamt auf und mache Platz für die Erneuerung.» Esken betonte, der Entschluss sei in den letzten Tagen und Wochen gereift. Sie wolle insbesondere jungen Frauen in der SPD Platz machen. 

Esken wurde 2019 als Parteichefin von den Mitgliedern direkt gewählt, damals zunächst im Duo mit Norbert Walter-Borjans. In den Folgejahren sorgte sie maßgeblich mit für eine Stabilisierung der SPD. Nach 2021 stützte sie verlässlich Bundeskanzler Olaf Scholz, obwohl sie nicht immer einer Meinung mit ihm war. 

Zuletzt handelte sie an der Seite des Co-Vorsitzenden Klingbeil den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU aus. Bei der Verteilung der Ministerposten im Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ging sie aber ebenso leer aus wie bei der Besetzung der wichtigen Posten in der SPD-Bundestagsfraktion.

Klingbeil: Haben SPD durch Höhen und Tiefen geführt 

Klingbeil dankte Esken «für die enge und immer vertrauensvolle Zusammenarbeit an der Spitze unserer Partei». Es seien sechs sehr intensive Jahre mit ihr gewesen - erst als ihr Generalsekretär, dann als ihr Co-Vorsitzender. «Wir haben die SPD zusammen durch Höhen und Tiefen geführt. Das hat uns gegen viele Widerstände zusammengeschweißt», sagte Klingbeil auf dpa-Anfrage.

Die erfolgreiche Bundestagswahlkampagne mit Olaf Scholz sei ein ganz besonderer Höhepunkt gewesen. «In Momenten, in denen niemand an uns geglaubt hat, haben wir gezeigt, was man im Team meistern kann», sagte Klingbeil. Esken habe sehr stark in die Partei hinein gewirkt und Pole zusammengeführt. Und sie habe der SPD mit ihrer Expertise in der Digital-, Bildungs- und Familienpolitik ein neues Profil gegeben.

Esken sieht innerparteiliche Kritik gelassen

In den vergangenen Wochen hatte es parteiintern teils heftige Kritik an Esken gegeben, die in ihrem Wahlkreis Calw als Direktkandidatin nur 12,9 Prozent der Erststimme geholt hatte. Sie zog über die SPD-Landesliste in den Bundestag ein. 

Diese Kritik begleite sie, seit sie ihre Kandidatur für den Parteivorsitz bekannt gegeben habe, sagte Esken im «Bericht aus Berlin». Sie habe aus ihrer Sicht viel damit zu tun, dass sie «als linke und einigermaßen unerschrockene angstfreie Frau» den Mund aufmache, wenn es ungerecht zugehe. «Das passt vielleicht manchen nicht.» Sie könne mit großer Zufriedenheit auf ihre sechs Jahre an der Parteispitze zurückblicken und daher jetzt auch Platz machen.

Auf die Frage, ob sie sich in den vergangenen Wochen mehr Unterstützung von Klingbeil gewünscht hätte, sagte Esken: «Ich habe diese Unterstützung an meiner Seite immer gehabt.» Sie kenne Klingbeil seit zwölf Jahren. «Es war immer eine gute, enge und vertrauensvolle Arbeit.» Esken sprach sich dafür aus, die Doppelspitze in der SPD beizubehalten. «Ich finde, die Doppelspitze als Konzept hat sich bewährt.» 

Esken gilt als ungemütlich und hart im Nehmen

An Esken scheiden sich in der SPD die Geister: Die einen schätzen sie als unverblümte und angstfreie Stimme des linken Flügels. Andere halten sie für unberechenbar und würden ihr am liebsten ein Talkshow-Verbot erteilen. Esken gilt als hart im Nehmen, ungemütlich und stur. Die Schwarzwälderin nimmt oft kein Blatt vor den Mund. Ihre berufliche Karriere erzählt die klassische SPD-Geschichte einer Aufsteigerin von der Paketbotin bis in den Bundestag.

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