Netzwelt
Bundesgerichtshof: Internet ist so wichtig wie Autofahren
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Wenn der Internet-Anschluss ausfällt, gibt lange Gesichter. Nun haben Betroffene einen grundsätzlichen Anspruch auf Schadenersatz. Foto: Frank Rumpenhorst
DPA

Karlsruhe/Montabaur - Internet ist genauso wichtig wie Autofahren, meint der BGH. Deshalb gibt es Schadenersatz, wenn der Anschluss tot ist. Viel Geld dürfte das aber nicht werden. Das Urteil könnte aber auch Folgen für Debatten um Netzsperren haben.

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Karlsruhe/Montabaur – Internet ist genauso wichtig wie Autofahren, meint der BGH. Deshalb gibt es Schadenersatz, wenn der Anschluss tot ist. Viel Geld dürfte das aber nicht werden. Das Urteil könnte aber auch Folgen für Debatten um Netzsperren haben.

Internet-Nutzer haben nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs Anspruch auf Schadenersatz, wenn der Anschluss ausfällt. Der Zugang zum Internet sei auch im privaten Bereich von zentraler Bedeutung für die Lebensführung, entschied der BGH am Donnerstag. Deshalb bestehe auch ohne Nachweis eines konkreten Schadens ein Ersatzanspruch, wenn die Nutzungsmöglichkeit entfällt. Das gleiche gelte für den Telefonanschluss. Konkrete Summen nannte der BGH nicht (Az.: III ZR 98/12).

Bei dem Streit ging es um einen Fall, der zunächst vor dem Amtsgericht Montabaur verhandelt worden war. Ein Kunde von Freenet, deren DSL-Sparte im Laufe des Jahres 2009 von der Montabaurer 1&1 übernommen worden war, hatte vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nur einen toten DSL-Anschluss. Kein Internet, kein Festnetz, kein Fax – da hatte er auf Schadensersatz geklagt. Und hat damit jetzt einen Erfolg erzielt.

Das Urteil hält damit fest, dass Internet und Telefon zu den wenigen Wirtschaftsgütern zählen, bei denen sich ein Ausfall typischerweise „auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt“. Das ist Voraussetzung für einen derartigen Ersatzanspruch und war bislang vor allem für Kraftfahrzeuge und Wohnhäuser anerkannt.

Diese Wertung könnte auch den letzten Todesstoß für alle Ansinnen bedeuten, Urheberrechtsverstöße und Filesharing im Wiederholungsfall mit einer Sperre des Internetzugangs zu bestrafen. Diese „Three-Strikes-Modell“ – offiziell „abgestufte Erwiderung“ – ist eine Forderung aus der Musikindustrieund war in Frankreich bereits umgesetzt worden. Siegfried Kauder (CDU), Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag, hatte im September 2011 die Idee einer dreiwöchigen Netzsperre vorgebracht, wenn sogenannte Raubkopierer zum zweiten Mal auffällig werden. Anfang 2012 hatte die CDU/CSU-Fraktion sich dann in einer Presserklärung von Ansgar Heveling und Günter Krings zunächst für solche Schritte ausgesprochen, um dann klarzustellen, dass Zugangssperren kein angemessenes Mittel zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet seien, “weil der Internetzugang längst zum Kernbestand unserer Kommunikationsinfrastruktur" gehöre.

Amtsgericht Montabaur und Landgericht Koblenz hatten dem Mann nur die konkreten Mehrkosten für Mobilfunkgebühren und die Rechnungen eines anderen Anbieters gewährt. Der BGH hob die Entscheidungen auf. Das Landgericht muss jetzt über die genaue Höhe der Entschädigung entschieden. Viel dürfte es aber nicht werden: Der Anspruch richtet sich nach den durchschnittlichen Kosten für den Internetanschluss, abzüglich des Gewinns des Providers. Von den 50 Euro pro Tag, welche der Kläger gefordert hatte, dürfte dies eine gute Strecke entfernt sein.

Wichtiger ist die Aussage des Gerichts, dass ähnlich wie beim Auto auch bei Telefon und Internet die „ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Bedeutung“ ist. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands nutze das Internet täglich, argumentierte der BGH. „Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.“ (dpa/law)

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