Manfred Ruch zur SPD-Chefin und den Folgen im Fall Maaßen
Unbestritten hat Nahles erhebliche Qualitäten vorzuweisen – Fachwissen und Biss gehören dazu. Mit einer fulminanten Rede hat sie ihre Partei im Frühjahr von der Neuauflage der von vielen ungeliebten GroKo überzeugt. Eben noch hat Nahles in der Krise der Union clever die rasche Umsetzung des Einwanderungsgesetzes ausgehandelt – und dann der Fall Maaßen!
Das passt allerdings ins Bild. Wenn es um Personalfragen geht, fehlt Nahles offenbar Fingerspitzengefühl. Sie war es, die zum Ende der GroKo-Verhandlungen in der Partei für Aufruhr sorgte. Mit der Absprache, sie werde Parteichefin und der krachend gescheiterte Kanzlerkandidat Martin Schulz werde Außenminister der GroKo, brachte sie das erste Fass zum Überlaufen. Die Partei vereitelte den Plan, Schulz wurde zum Verzicht gedrängt. Dann sorgte Nahles für Unmut, als sie den Parteivorsitz schon übernehmen wollte, bevor sie überhaupt offiziell gewählt war. Neuer Ärger war programmiert, kleinlaut ruderte sie zurück.
Jetzt sorgt die SPD-Fraktionschefin mit dem Kuhhandel um den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen für die nächste Empörungswelle in der SPD, deren Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Zumal dieser Kuhhandel bedeutet, dass mit Gunther Adler einer der Ihren – ein ausgewiesener SPD-Bauexperte im Seehofer-Ministerium – zum Bauernopfer für den geschassten, aber gleichzeitig zum Innenstaatssekretär hochbeförderten Maaßen wird.
Auch wenn Adler vermutlich einen neuen Job in der Regierung bekommt: Die Partei ist wütend. Andrea Nahles hat kein vernünftiges Argument dafür, warum sie diesem Kompromiss zugestimmt hat – außer der drohenden Gefahr, dass ansonsten die GroKo am Fall Maaßen gescheitert wäre. Das Dumme ist nur: Die GroKo ist im Grunde bereits gescheitert. Was als Projekt für einen „neuen Zusammenhalt in Deutschland“ propagiert wurde, hat bereits so viele Krisen produziert, dass einem der Atem stockt. Wie daraus noch eine positive Gestaltungskraft für dieses Land erwachsen soll, ist schleierhaft.
Der Kern der Dinge indes liegt tiefer. Die Grundaussage von Martin Schulz nach der verkorksten Bundestagswahl war richtig: Die GroKo wurde abgewählt. Und vermutlich war die Annahme schlichtweg falsch, dass sich die SPD auch in der Regierungsverantwortung der so dringend nötigen Erneuerung unterziehen kann. Auch dafür steht übrigens Andrea Nahles. Deswegen droht ihr mit dem Bruch der Großen Koalition auch das Ende als Parteivorsitzende. Auszuschließen ist das nicht mehr.