Doch in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt stürzten die Genossen aus der Regierung in die Dimension einer Nicht-mehr-Volkspartei. Auf der anderen Seite hat sich die CDU als Mehrheitspartei in Baden-Württemberg verabschiedet, die Führungserwartung in Rheinland-Pfalz klar verfehlt und in Sachsen-Anhalt die 30-Prozent-Marke gerissen. Das ist eigentlich verheerend für die Bundesvorsitzende Angela Merkel. Aber die kann darauf verweisen, dass diejenigen gestärkt wurden, die ihre Politik unterstützten, die Grünen in Stuttgart und die SPD in Mainz. Das ist kurios, aber passt zur verworrenen Lage.
Alle drei Landesregierungen sind abgewählt. Und zwar von der AfD. Der Protest hat damit die übliche Denkzettelkategorie verlassen. Die Dagegen-Wähler bringen die Dafür-Parteien aus dem Tritt. Das ist es, was bei vielen die Motivation gewesen sein dürfte, sich trotz aller schrillen Positionierungen, trotz dürftiger politischer Leistungen der andernorts schon gewählten AfD-Parlamentarier und trotz widersprüchlicher Konzepte für die AfD zu entscheiden. Dass deren Ergebnis in Sachsen-Anhalt durch die Decke ging, hängt mit der äußerst geringen Bindekraft der etablierten Parteien zusammen.
Klar ist auch, dass mit der FDP im Bund wieder gerechnet werden muss. Der Druck wird immens sein, entweder Grün-Rot, Rot-Grün, Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot in die Regierung zu helfen, die es allein nicht mehr schaffen. Das birgt die Gefahr, die FDP erneut als biegsam und machtgierig wahrzunehmen. FDP-Chef Christian Lindner hat sich indes ein „Nie wieder“ geschworen und wird den Preis so hochtreiben, dass die Sondierungen den Charakter von FDP-geführter Politik bekommen und den Bogen bei den potenziellen Partnern überspannen.
Ob sich neue Formate wie Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot-Gelb oder Schwarz-Rot-Grün ihren Weg bahnen, wird sich aller Voraussicht nach erst nach sehr mühsamen Koalitionsverhandlungen und Mitgliederbefragungen zeigen. Vom Super-Wahlsonntag bleibt die Erkenntnis, dass Merkels Flüchtlingspolitik nicht nur Europa zu einer zerstrittenen Gemeinschaft macht, sondern dass sie auch die politischen Verhältnisse in Deutschland in Verwirrung und Unklarheit stürzt. Wenn die Politiker der Mitte-Parteien nun gezwungen sind, in den Ländern über die alten Lager hinweg gemeinsam Verantwortung zu tragen, mag das die Erkenntnis fördern, die Chaostage der nun gerupften Großen Koalition zu beenden und für mehr Klarheit und Ordnung in der Flüchtlingspolitik zu sorgen.
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