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Kommentar: Das VW-Debakel zeigt den Irrweg der Autoindustrie
Martin Winterkorn
VW-Chef Martin Winterkorn ist im Zuge des Abgas-Skandals von VW zurück getreten. Foto: Julian Stratenschulte
Julian Stratenschulte. dpa

Das Auto parkt selbst ein, das Auto fährt allein in die Garage, das Auto wird zur Wellnessoase, damit der Fahrer entspannter aus- als einsteigt. So sieht die Automobilindustrie die Zukunft. Vernetzung aller Komponenten, Internet überall, riesige Displays, Steuerung per Fingerzeig, wisch und weg. Aber ist das wirklich die Zukunft des Autos?

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Jochen Magnus über den Dieselskandal

Man darf daran zweifeln, wenn man zuschaut, wie ungelenk viele Menschen mit ihren Smartphones und Tablets umgehen. Ob diese Leute ihr Auto im Griff haben, wenn es auf gleiche Weise bedient wird? Oder ist das ganze doch eher eine Verkaufsmasche der Industrie, die Bewegung suggeriert, wo Stillstand herrscht? Denn: Der Fingerzeig und das „Wisch und weg“ starten doch bloß einen herkömmlichen Verbrennungsmotor, der einen wertvollen Rohstoff wegsäuft, den man für andere Zwecke noch gut gebrauchen könnte: Erdöl.

Beim Antrieb nichts Neues

Zwar sind moderne Motoren hochoptimiert, entlocken geringen Hubräumen große Leistung und verbrauchen nur halb so viel Kraftstoff wie vor 20 Jahren. Nur leider sind Autos inzwischen doppelt so schwer geworden: Mehr Komfort, mehr Leistung, mehr Schnickschnack und der unselige Trend zur hohen (überlegenen) Sitzposition im geländewagenähnlichen SUV haben fast die ganzen Früchte der Ingenieurskunst aufgefressen.

Das ist ja kein Problem, dachte man bis vor einigen Tagen, die supersparsamen Diesel gleichen das wieder aus. Aber dieser Betrug ist jetzt aufgeflogen, zunächst bei VW. Und es zeichnet sich schon ab: wirklich sauberer Dieselantrieb ist zwar technisch machbar, wird aber eine teure Angelegenheit. Da sollte man sich lieber dem echten Fortschritt zuwenden. Der wird elektrisch angetrieben, mit von erneuerbaren Energien erzeugtem Strom.

Aber auch das E-Auto wird dann im Stau stehen, vielleicht umweltverträglicher, aber wen tröstet das? Es müssen auch die Alternativen gefördert werden (natürlich auch für den Güterverkehr, der noch viel mehr Gift in unsere Luft pustet). In großen Städten sind dabei sicherlich andere Lösungen gefragt, als in einer eher ländlichen Region wie der unseren. Hier ist das Auto unverzichtbar und bedeutet für die meisten Menschen ein wichtiges Stück persönlicher Freiheit. Um es zu retten, sollte die Politik starke Anreize bieten: Die vielen Milliarden Euro Steuervorteil für Diesel wären für die Förderung von E-Mobilen besser aufgehoben.

Machbar ist vieles – man muss es nur wollen

Umdenken sollten aber auch die Bürger bei der Auswahl ihres nächsten Gefährts. Die Hersteller bieten bereits interessante E-Modelle an, VW muss sich da übrigens nicht verstecken. Aber die Nachfrage lässt noch zu wünschen übrig. Die Autowende ist ebenso gut machbar wie die Energiewende. Man muss sie nur wollen. Den Rest erledigen unsere Ingenieure.

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