Es empfiehlt sich für sämtliche Parteistrategen in Berlin, am Ende dieser in ihrer Nachrichtenfülle historischen Woche den Blick über die rauchenden Trümmer der implodierten Ampel zu heben und sich Verlauf und Ergebnis der US-Wahl genau anzuschauen. Es gibt dort für den Wahlkampf, der nun schnell und heftig auf uns alle zukommt, einiges zu lernen. Dass ausgerechnet Donald J. Trump sich weitere vier Jahre als Mr. President ansprechen lassen darf, hat nämlich lehrreiche Gründe. Es wäre schlicht dumm, aus der Ferne darüber zu sinnieren, dass offenbar mehr als 70 Millionen amerikanischer Wähler zu einfältig sind, um zu erkennen, was gut für sie ist. Borniertheit ist kein geeignetes Werkzeug der politischen Analyse. Und diese Haltung wäre gefährlich nahe an den sattsam bekannten Phrasen von Wahlverlierern hierzulande, man habe die eigene, selbstverständlich stets großartige Politik dem Wähler einfach nicht gut genug erklärt.
Zwei Themen, die den Wahlkampf prägen werden
Die Angst vor Überfremdung und mehr noch die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung waren in den Vereinigten Staaten von Amerika die wahlentscheidenden Themen. Kommt das jemand bekannt vor? „It’s the economy, stupid“ – es geht um die Wirtschaft, Blödmann. Diesen Spruch hängte sich der Wahlkämpfer Bill Clinton einst in sein Büro und eroberte damit das Weiße Haus. Wer wollte heute der These widersprechen, dass diese beiden Themen auch den Bundestagswahlkampf 2025 prägen werden. Ein Wahlkampf, an dessen Ende auch hier eine weitere Destabilisierung der politischen Landschaft drohen kann. Der Glaube manches Politikers in der Berliner Blase, „wir werden schon gewählt, weil wir ja schließlich die Guten sind“, wird hier genauso unausweichlich platzen wie jenseits des Atlantiks. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und ähnlichen Bürokratiemonstern, die den deutschen Mittelstand an die Wand drücken, um irgendwo auf der Welt eventuell die Menschenrechte graduell zu verbessern, lassen sich keine Mehrheiten gewinnen. Nicht, solange 250 Gramm Butter beim Discounter mehr als 3 Euro kosten. Das mag nicht edel anmuten, ist aber leider wahr.
Wer Politik gestalten will, braucht eine Mehrheit
Viele Bürger haben Angst vor einem wirtschaftlichen Abstieg. In Deutschland, wie in den USA. Und auch das ungute Bauchgefühl, der Staat kümmere sich besser um jeden Wirtschaftsflüchtling als um die hart arbeitende eigene Bevölkerung, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es mag eine hässliche Wahrheit des Politikbetriebs sein, aber um die „richtige“ Politik machen zu können, muss man zunächst eine Mehrheit finden. Ausgerechnet Trump scheint den Brecht-Satz „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ für seinen Wahlkampf verstanden zu haben. Wer glaubt, diese Mischung aus Wut und Enttäuschung oberlehrerhaft wegargumentieren zu können, ist auf dem Holzweg. Und wer glaubt, die Populisten mit den Pseudo-Lösungen, die seien schon von alleine abschreckend genug und in ihrer Gefährlichkeit vom Wähler leicht durchschaubar, der hat aus dem Wahlsieg von Donald Trump nichts, aber auch gar nichts gelernt.