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Phänomen: Besessene Puppen bei Ebay

Mathilda, wie die angeblich von bösen Geistern besessene Babypuppe von den RZ-Mitarbeitern genannt wird, hat durch ihre bloße Anwesenheit in der Redaktion für Wirbel gesorgt. Selbst ansonsten vollkommen gelassene Kollegen fürchten sich vor ihr.

Marcus Schwarze

Viele Menschen fürchten sich vor Clowns. An dieser Angst ist Stephen King schuld. In seinem Roman "Es" lockt der fiese Clown Pennywise kleine Kinder in einen Kanalschacht und tötet sie. Eine Szene, deren Gruselfaktor auch 30 Jahre danach unvergessen ist. Auch unsere Reporterin Silke Bauer hat das Buch gelesen und hält gern einen Sicherheitsabstand zu Gullydeckeln. Doch noch mehr gruselt sie sich vor Puppen. Als die RZ den Hinweis bekam, dass sich derzeit bei Ebay einige Puppen tummeln, die angeblich von bösen Geistern besessen sind, siegte jedoch ihre Neugierde. Sie ersteigerte eine. Ein nicht ganz ernst gemeinter Erfahrungsbericht.    

Mathilda, wie die angeblich von bösen Geistern besessene Babypuppe von den RZ-Mitarbeitern genannt wird, hat durch ihre bloße Anwesenheit in der Redaktion für Wirbel gesorgt. Selbst ansonsten vollkommen gelassene Kollegen fürchten sich vor ihr.

Marcus Schwarze

Von unserer Reporterin Silke Bauer

Der Kindergarten war für mich stets ein Ort des Horrors. Dies lag zum einen an den streng protestantischen Erzieherinnen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Tagesstätte von jeglicher Lebensfreude zu säubern. Zum anderen jedoch lag es an den Puppen.

Sie waren überall: pausbäckige Babys, die man mit einem chemischem Brei fütterte, der nach einem obskuren Verdauungsvorgang als Schimmel in der Windel der Puppe landete. Dümmlich grinsende Barbiepuppen. Puppen, die „Mama“ krächzten und dabei mechanisch die Köpfe drehten. Puppen, die laufen konnten. Puppen, die seltsam freudlos tanzten. Puppen, die heiser vor sich hin lachten, wenn man ihre Bäuche berührte. Puppen, die uns aus toten Glasaugen anstarrten, während wir unseren lauwarmen Hagebuttentee herunterwürgten. Wie gesagt, ich war kein Fan des Kindergartens.

Als die Redaktion kürzlich der Hinweis erreichte, dass einige Leute auf der Internetverkaufsplattform Ebay spukende Puppen anbieten, wurde das Trauma meiner Kindheit reaktiviert. Doch da Journalisten nun einmal von Natur aus neugierig sind, steckte ich schnell mitten in den Recherchen.

Ein Verkäufer bot ein gruseliges goldgelocktes Wesen aus Porzellan an. Auf dem künstlichen Haar thronte ein imposanter Hut, der Puppenkörper steckte in einem nicht minder aufsehenerregenden Rüschenkleid. Der Begleittext klang unheilverheißend: „Ich biete hier eine wahrscheinlich besessene, antik aussehende Puppe aus Nachlass an“, schrieb eine offensichtlich verzweifelte Seele. „Sollte nur an Leute gehen, die sich mit spirituellen Sachen auskennen. Seitdem wir die Puppe haben, geschehen bei uns seltsame Dinge, die mir und meiner Frau Angst machen. Kein Spielzeug. Da wir die Puppe nicht zurückgeben können, da Derjenige verstorben ist, möchten wir auf diesem Weg die Puppe loswerden. Um jeden Preis. Sie darf nicht verbrannt oder verschenkt werden. Mit dem Kauf erklärt sich der Käufer einverstanden, alle eventuellen Schäden, die durch diese Puppe entstehen, selbst zu tragen.“ Zum Schluss warnt der mysteriöse Verkäufer den potenziellen Kunden und wirkt dabei ein wenig hysterisch: „Ich übernehme keine Haftung für nichts und nehme diese Puppe auch nicht zurück … Es gibt keine Garantie dafür, dass etwas passiert, aber wenn, übernehme ich keine Haftung.“ Ok, alles klar, das war ja jetzt deutlich genug.

Der Handel mit besessenen Puppen scheint nicht allzu ungewöhnlich zu sein. Selbst im heimeligen Koblenz tummeln sich dubiose Puppen. Ein lohnendes Geschäft für den Anbieter: Ein besonders haariges Exemplar ging für 100 Euro über die virtuelle Verkaufstheke:

Ein anderer Ebay-Verkäufer hat eine Babypuppe im Angebot, bei der man „langsame Bewegungen“ bemerkt. In seinem Zuhause fallen zudem „ständig Gegenstände herunter“ und „der Spiegel zeigt Schatten, die schnell wieder verschwinden“. Trotzdem scheinen ihn die Streiche des Geisterbabys nicht über die Maßen zu belasten: „Ich würde diese Puppe gerne behalten“, gibt er freimütig zu. Und warum auch nicht: So ein spukendes Spielzeug hat bestimmt einige Vorteile. Will die Schwiegermutter einfach nicht mehr abreisen, hetzt man die Puppe auf sie. Auch als Schutz vor Einbrechern ist so ein Spukobjekt sicherlich effizienter als jeder Schäferhund.

Doch trotz dieser verlockenden Aussichten kann der Verkäufer die Puppe nicht behalten: Sein Kater fürchtet sich vor ihr: „Sein Herzschlag verschnellert sich, was bei anderen Puppen dieser Art nie der Fall war.“ Katze vor Puppe, so läuft das nun mal.

Weil das alles so schön skurril ist, schreibe ich den Verkäufer an. Ich erzähle, dass ich Journalistin bin und gern mehr über die kuriose Puppe erfahren möchte. Doch es kommt tagelang keine Antwort. Das höchste Gebot stagniert bei 2 Euro. Ein Verkaufsschlager ist dieser Artikel jedenfalls nicht. Kurz vor Ablauf des Angebots biete ich 2,50 Euro und gewinne die Auktion. Wieder schreibe ich den Verkäufer an und bitte ihn um ein Interview. Dieses Mal antwortet er mir sogar. Doch er teilt mir mit, dass er auf gar keinen Fall in der Zeitung erscheinen will. Ich soll mir einen anderen Interviewpartner suchen.

Inzwischen ist die Puppe per Post in der Redaktion eingetroffen. Sie sieht tatsächlich ein wenig so aus, als wäre sie nicht von dieser Welt. Ihre Augenlider können sich bewegen und auf jedem ihrer Ohrläppchen prangt ein brauner Fleck. Die Male des Teufels? Ich habe sie Mathilda genannt. Seit sie da ist, meiden mich die Kollegen. “Sie haben das Böse in unser Haus gebracht", meinte erst kürzlich einer meiner Vorgesetzten zu mir. Meine Mitbewohnerin hat mir verboten, die Puppe mit nach Hause zu nehmen. Ertönt irgendwo ein Knall, geben alle Mathilda die Schuld. Dabei tut sie überhaupt nichts. Nicht mal einen kleinen harmlosen Spuk hat sie auf die Reihe bekommen. Ich bin sehr enttäuscht. Doch vielleicht verstellt sie sich auch nur und wartet auf den passenden Moment, um zuzuschlagen.

Vielleicht haben Sie ja mehr Glück und werden Zeuge von Mathildas weniger angenehmen Seiten. Wir verlosen die Puppe an denjenigen Leser, der uns die beste Begründung dafür liefert, warum Mathilda bei ihm am besten aufgehoben ist. E-Mails an silke.bauer@rhein-zeitung.net

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