Mainz
Mainzer „unterhaus“ wird 50: Ein Keller, der die Welt bedeutet

Im gemütlichen Gewölbekeller im Mainzer Unterhaus haben viele Bühnenkarrieren begonnen - unter anderem die von Volker Pispers und Konstantin Wecker. Jetzt feiert das Kabaretthaus 50-jähriges Bestehen. Foto: epd

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Mainz. Auf dem Weg zur Abendvorstellung kommen die Gäste an einer langen Fotowand vorbei. Alte Schwarz-Weiß-Porträts zeigen den jungen Reinhard Mey, den Sänger Heinz Rudolf Kunze mit seiner prägnanten Hornbrille oder auch Kabarett-Veteranen wie Dieter Hildebrandt. Sie alle sind schon im Gewölbekeller des Mainzer Unterhaus-Theaters aufgetreten. Am 30. und 31. Januar wird mit allerlei Prominenz der 50. Geburtstag der Kleinkunstbühne gefeiert.

Mainz. Auf dem Weg zur Abendvorstellung kommen die Gäste an einer langen Fotowand vorbei. Alte Schwarz-Weiß-Porträts zeigen den jungen Reinhard Mey, den Sänger Heinz Rudolf Kunze mit seiner prägnanten Hornbrille oder auch Kabarett-Veteranen wie Dieter Hildebrandt. Sie alle sind schon im Gewölbekeller des Mainzer Unterhaus-Theaters aufgetreten. Am 30. und 31. Januar wird mit allerlei Prominenz der 50. Geburtstag der Kleinkunstbühne gefeiert.

Stammgäste mögen die familiäre Atmosphäre in dem uralten Weinkeller. „Das Unterhaus hat Ambiente“, sagt Ewald Dietrich, seit 2003 Geschäftsführer des Theaters. „Das ist keine anonyme Turnhalle.“ Wie seit Jahrzehnten wird noch heute jede Vorstellung mit einer Glocke eingeläutet, die Kabarettist Hanns Dieter Hüsch den Unterhaus-Aktiven einst aus seinem eigenen, gescheiterten Vorgängerprojekt überlassen hatte. Neben der großen Unterhaus-Bühne gibt es einen zweiten, noch kleineren Saal, in dem sich weniger bekannte Künstler präsentieren.

Die Mainzer Theatermacher verwenden seit jeher viel Zeit mit der Suche nach Nachwuchstalenten. „Wir laden auch die Unbekannten ein, von denen wir denken, dass sie gut sind“, sagt Dietrich. Schon so manche Karriere begann in Mainz: Volker Pispers oder Konstantin Wecker traten dort im kleinen Saal vor einer Handvoll Gästen auf. Inzwischen füllen manche, die im Unterhaus starteten, problemlos die größten Konzerthallen der Republik. In der Regel bleiben sie den Mainzern dennoch verbunden – ihre Auftritte sind Monate im Voraus ausgebucht.

Entstanden war das Unterhaus ursprünglich aus einer kleinen kabarettbegeisterten Truppe, die als „Poli(t)zisten“ im Januar 1966 erstmals selbst ein Programm darbot. Das Theater überlebte interne Querelen, wechselte mehrfach die Räumlichkeiten und wandelte sich bald zur Gastspielbühne. In der aufgeheizten Atmosphäre der 1960er-Jahre, zwischen Studentenrevolte und Vietnamkrieg, kamen die Unterhaus-Aktivitäten nicht überall gut an. „Soweit hier nicht linksextremistische Ideologen am Werk sind, kann es sich nur um naive Träumer handeln, die nicht wissen, was sie tun“, heißt es in einem wütenden Leserbrief an die Lokalzeitung.

Sein Image als „Kommunistenkeller“ konnte das Theater abschütteln, unter anderem durch das Engagement von Herbert Bonewitz. Der bekannte Mainzer Fastnachtsredner wechselte in den 1970er-Jahren das Genre und wurde, wie er selbst es nennt, Deutschlands ältester Nachwuchskabarettist. Das Unterhaus war fortan seine Stammbühne. „Danach haben sich dann die bürgerlichen Mainzer auch dort hineingetraut“, erzählt der mittlerweile 82-Jährige. Mehr als 500-mal trat er im stets ausverkauften Unterhaus auf: „Die Leute sind dann mit mir alt geworden.“

Den Besucherzuspruch hatte das Theater bitter nötig, denn auch wirtschaftlich lief es nicht immer rund. Mehrfach musste das Unterhaus vor der Pleite gerettet werden. In die Bundesliga der Kabarettbühnen stieg das weiß gestrichene Mainzer Gewölbe spätestens mit der Stiftung des Deutschen Kleinkunstpreises 1972 auf. Erster Preisträger wurde Hanns Dieter Hüsch, mittlerweile wird die begehrte Auszeichnung in fünf Kategorien vergeben. Neben dem Kleinkunstpreis in den Sparten Kabarett, Chanson/Musik/Lied und Kleinkunst gibt es auch einen Förderpreis der Stadt Mainz und den Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz.

Legendär wurde der Auftritt von Gerhard Polt bei der Preisverleihung 1980, gesendet vom ZDF. Der Bayer ärgerte sich so sehr über inhaltliche Vorgaben des Senders, dass er aus Protest eine Sanduhr auf die Bühne stellte und dem Publikum verkündete, er werde bis zum Ablauf der Zeit einfach gar nichts machen. Tatsächlich stichelte er dann grantig, wie viel Geld die Übertragung seines sinnlosen Auftritts wohl koste.

Auch andere Künstler schrieben in Mainz Fernsehgeschichte: Der als James-Bond-Bösewicht bereits weltberühmte Gert Fröbe zeichnete im Unterhaus 1972 seine erste eigene TV-Sendung auf. „Es gibt kein zweites Theater dieser Art in Deutschland“, diktierte der Charakterdarsteller damals den Presseleuten in ihre Notizblöcke.

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