Rheinland-Pfalz

Wäre Klöckners Wechsel Baldaufs Chance? So könnte sich die CDU sortieren, wenn es die Chefin nach Berlin zieht

Von Ursula Samary
Hat auch Fraktionsvize Christian Baldauf (links) gut lachen, wenn Fraktionschefin Julia Klöckner Landwirtschaftsministerin in der GroKo wird? Generalsekretär Patrick Schnieder ist in Berlin schon aufgestiegen – als neuer Landesgruppenchef und Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion.  Foto: dpa
Hat auch Fraktionsvize Christian Baldauf (links) gut lachen, wenn Fraktionschefin Julia Klöckner Landwirtschaftsministerin in der GroKo wird? Generalsekretär Patrick Schnieder ist in Berlin schon aufgestiegen – als neuer Landesgruppenchef und Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Foto: dpa

Die Anzeichen, dass CDU-Landeschefin Julia Klöckner das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer Neuauflage der GroKo übernimmt, verdichten sich. Auch wenn dies offiziell niemand – und sie schon gar nicht – vor dem entscheidenden SPD-Mitgliedervotum bestätigen will. Denn die 45-Jährige will nach einem möglichen Scheitern der GroKo nicht mit einem Negativimage in Mainz bleiben. Trotzdem wird viel diskutiert. Sicher, ihr wichtiges Parteiamt wird sie im Fall der Fälle als Hausmacht nicht ohne Not aufgeben. Wer aber übernimmt dann die Landtagsfraktion, die Klöckner – als Agrar-Staatssekretärin aus Berlin kommend – schnell geeint, geprägt und neu motiviert hat.

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„Baldauf. wer sonst?“, streut das Umfeld des pfälzischen Bezirksfürsten, der vor der Landtagswahl 2011 für Klöckner auf seinen Parteivorsitz verzichtete und in der Fraktion als Klöckners „Erster Stellvertreter“ firmiert. Seit Monaten läuft sich der Frankenthaler Anwalt (50) für die neue alte Position umtriebig bis sprunghaft warm – viel telefonierend und vor Kameras redend.

Auch SPD und Grüne gespannt

Aber ist er alternativlos? Auch den scharfzüngigen wie routinierten Rhenser Fraktionsvize Adolf Weiland (64), Bezirksparteichef im Norden, könnten sich nicht nur CDU-Politiker als Oppositionsführer vorstellen, gilt er vielen doch als der stärkste Redner nach Klöckner. Und ist Martin Brandl (36), der als Parlamentarischer Geschäftsführer inzwischen auch wissen dürfte, wie die Fraktion tickt, ein zu junges Talent? In Baldaufs Umfeld zumindest rangieren mögliche Konkurrenten vorsorglich als entweder zu alt oder zu jung.

In jedem Fall kommt Spannung auf. Auch in den anderen Fraktionen, die Klöckner zwar gerne mit Häme begegnen, sie aber auch fürchten – mehr als jeden anderen in der CDU-Riege. „Darf man sich freuen und gratulieren?“, fragen die Landesgrünen im Kurznachrichtendienst Twitter schon neugierig. Und die SPD reimt zur Fraktionsfassenacht: „Die Klöckner bleibt an der Spree, in der CDU-Fraktion sagt kaum einer nee.“ Aber danach heißt es auch: „Die Sozen bibbern in diesen Wochen, wird die GroKo per Brief noch abgebrochen?“ Klingt da auch bisschen Furcht durch, dass Klöckner bleiben und ihre Truppe wieder zum strukturierten Arbeiten bringen könnte? Damit der Eindruck möglichst nicht aufkommt, stichelt die Landes-SPD prompt: „Wenn es in Rheinland-Pfalz nicht läuft, muss Berlin herhalten.“

Einer verlässt die Mainzer Bühne auf jeden Fall: Mit dem Aufstieg des Eifeler Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder zu einem von fünf Parlamentarischen Geschäftsführern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und in den engeren Führungszirkel, will er den Posten des Generalsekretärs der Landes-CDU aufgeben. Im Gespräch für die Nachfolge ist CDU-Fraktionsvize Christine Schneider (45, Landau): Sie wird zu den Vertrauten von Klöckner gezählt und kann bissig formulieren. Vom Typus würde das Amt zu ihr passen, in dem sie wohl weniger moderat als Schnieder sein würde.

Kann Bleser bleiben?

Übernimmt Klöckner, wie in Berlin überall kolportiert, als Expertin das Agarministerium, taucht eine weitere Spekulation auf: Bleibt dann der Routinier Peter Bleser (65), den die Spendenaffäre um den Ex-Geheimagenten Werner Mauss die Spitzenkandidatur gekostet hat und der nicht mehr Chef der Landesgruppe ist, noch Parlamentarischer Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium? In diese Position rückte er 2011 auf, als Klöckner das rheinland-pfälzische CDU-Ruder übernahm. Ob aber zwei Spitzenämter an denselben Landesverband fallen, darf getrost gefragt werden. Bleser ist zwar gut vernetzt, aber das Verhältnis zu Klöckner ist seit der Mauss-Affäre auch längst nicht mehr so spannungsfrei wie früher.

Eine Personalie ist für den Fall geklärt, dass die CDU-Bundesvize, die bei den Verhandlungen mit der SPD vor den Kameras bundesweit gefragt war, Bundesministerin wird: Ihr B-Kandidat mit der ersten Option, ihr Mandat im Landtag zu übernehmen, ist der Jurist Helmut Martin, dessen Vater Albrecht Martin von 1974 bis 1985 Landtagspräsident war. Der aus einer politischen Familie stammende Landesvorsitzende der CDU-Juristen und Rechtsanwalt in einer Kanzlei mit Standorten in Bad Kreuznach und Mainz hätte den ersten Zugriff, wenn er will.

Große Chance nach Niederlagen

Kritiker halten Klöckner vor einem möglichen Wechsel an die Spree entgegen, dass sie doch immer, auch während des Bundstagswahlkampfs, betont habe: „Ich habe hier einen Job.“ Aber wer könnte es ihr verdenken, nach zwei verlorenen Landtagswahlen – wie andere Politiker(innen) vor ihr – eine neue große Chance zu nutzen? Sie hätte damit sogar die Zeit, sich für die nächste Landtagswahl 2021 eine Option offen zu halten – für ihren dritten Anlauf auf das Ministerpräsidentenamt.

Von unserer Chefreporterin Ursula Samary