Berlin

Verbandschef wirbt um mehr Frauen und Migranten: Feuerwehr setzt Notruf ab

Von Jan Drebes
Feuerwehr setzt Notruf ab Foto: picture alliance / dpa

Bei Brand, Unfall oder Naturkatastrophe sind sie zur Stelle: Rund 1,3 Millionen Feuerwehrleute sind in Deutschland aktiv. Doch es sind zu wenige. Wie der Fachkräftemangel zum Sicherheitsrisiko werden könnte, zeigt das Beispiel der Feuerwehren. Verbandspräsident Hartmut Ziebs will deswegen mehr Frauen und Migranten für den Job gewinnen.

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„Das größte Problem ist der Personalmangel“, sagt Ziebs. Besonders schwierig sei es, Frauen anzuwerben. „Bei der freiwilligen Feuerwehr liegt der Frauenanteil bei 10 Prozent, bei den Berufswehren sind es nur 2 Prozent“, so der 60-Jährige. Da müsse sich noch viel tun.

Ende 2016 waren knapp eine Million Menschen in den fast 23.000 freiwilligen Feuerwehren aktiv. In der Jugendfeuerwehr waren es gut 250.000. Auf die 105 Berufswehren sowie die Werkfeuerwehren verteilten sich jeweils rund 32.000 Beschäftigte. Wie viele von ihnen einen Migrationshintergrund haben, ist nicht bekannt. Ziebs fordert, das zu ändern – auch wenn er nach internen Querelen zum Jahresende als Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes zurücktreten will. „Wir brauchen in der Feuerwehr eine Migrantenstatistik“, sagt Ziebs. „Aus dem Pool der Zugewanderten müssen wir Fachkräfte abschöpfen können.“ Das gelinge aber nur, wenn man gezielt um diese Gruppen werbe. „Häufig gibt es aber kulturelle Missverständnisse, in vielen anderen Ländern ist die Feuerwehr dem Militär oder der Polizei unterstellt. Das schreckt manche Migranten ab, obwohl das bei uns nicht der Fall ist“, so Ziebs. Er sagt ganz klar: „Wir brauchen mehr Ausländer bei der Feuerwehr.“

Seltene Ausnahme: Dienstverpflichtung

Verbandspräsident Hartmut Ziebs
Verbandspräsident Hartmut Ziebs
Foto: picture alliance/dpa

Denn überall werden Mitarbeiter gesucht. Im Moment gibt es nach Angaben des Verbandes nur fünf bis sechs Städte, die meisten davon in Schleswig-Holstein, wo junge Männer wegen Personalmangel zum Feuerwehrdienst verpflichtet werden mussten. „Überall sonst ist die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr noch nicht gefährdet“, so Ziebs. Aber ohne Zuwanderung drohe den freiwilligen und den Berufswehren „schon in naher Zukunft ein gefährlicher Personalmangel“. Eine andere Ansprache braucht es nach Ziebs Verständnis auch, um mehr Frauen zu begeistern. Die körperlich fordernde Arbeit sei nicht der Grund. „Ich fürchte, dass wir die Frauen nicht richtig ansprechen. Ich hoffe dabei auf Hilfe von Frauen selbst, wie für sie die Feuerwehr attraktiver werden könnte.“ Doch das Hauptproblem bleibt die Konkurrenz der Wirtschaft.

Um Feuerwehrfrau oder Feuerwehrmann werden zu können, brauchen Bewerber eine abgeschlossene Berufsausbildung, in der Regel in einem Handwerk. Danach folgen zwei Jahre Feuerwehrausbildung und noch einmal drei Jahre Ausbildung zum Notfallsanitäter, wie der Verband mitteilt. Fünf Jahre, in denen gelernte Handwerker in einem Betrieb bereits deutlich besser verdienen können – denn auch Handwerker werden dringend gesucht.

Gehälter sind für Großstädter zu niedrig

Gleiches gilt für Ingenieure, die als Führungskräfte der Feuerwehr infrage kommen. Gehen sie nach dem Studium ins mehrjährige Referendariat bei der Feuerwehr, liegt die Entlohnung teils um die Hälfte niedriger als in Ingenieurbüros. Das führt nicht nur in vielen ländlichen Gebieten, wo es ohnehin zu wenige Bewerber gibt, zu Problemen. Von dem niedrigen Gehalt können sich angehende Feuerwehrleute in Metropolen wie Berlin, München oder Frankfurt kaum noch eine Wohnung leisten. „Feuerwehrleute sind zu schlecht bezahlt, als dass es sich für einen ausgebildeten Handwerker oder einen Ingenieur rechnen würde, zu uns zu wechseln“, sagt Ziebs. „Doch genau diese Menschen werden händeringend für die Feuerwehr gesucht.“

Immerhin: „In den vergangenen Jahren konnten die freiwilligen und die Berufsfeuerwehren ihre Ausstattung bundesweit verbessern“, sagt Ziebs. „Fördergelder des Bundes in Höhe von 100 Millionen Euro für vier Jahre haben dabei geholfen“, sagt er.

Von unserem Berliner Korrespondenten Jan Drebes