SPD setzt Union unter Zugzwang: Knatsch um Einwanderungsgesetz

Thomas Oppermann bringt die SPD in die Offensive.
Thomas Oppermann bringt die SPD in die Offensive. Foto: dpa

Berlin. Mit seinem Plan für ein Einwanderungsgesetz hat SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den Regierungspartner in Berlin unter Zugzwang gesetzt. Die Union ist hin- und hergerissen, ob sie erneut Überzeugungen räumen und den Weg zu einem modernen Einwanderungsland freimachen soll.

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Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat es vorsichtig in die Diskussion geworfen, Unionsfraktionschef Volker Kauder diesem Projekt unter lebhaftem Applaus seiner Abgeordneten eine glasklare Abfuhr erteilt.

Tauber hatte zu Beginn des Jahres bereits den Impuls gesetzt, dass Deutschland ein Einwanderungsrecht brauche, um die Frage zu beantworten, „wie wir uns Deutschland vorstellen und wen wir uns deshalb in Deutschland wünschen“. Dazu gehöre ein „Rahmen“ mit einer Zahl, wie viele Zuwanderer aufgenommen werden sollten und welche Kriterien diese erfüllen müssten, also etwa „Deutschkenntnisse oder eine spezielle Ausbildung“.

Wiewohl die SPD-Innenexperten erst Ende Februar ein Positionspapier zu den Einzelheiten eines Einwanderungsgesetzes fertig haben sollen, preschte ihr Fraktionschef bereits vor und nannte Details: Es sei „sinnvoll, den Bedarf an Nicht-EU-Einwanderern jedes Jahr neu festzulegen“, sagte Oppermann. Dafür sei ein flexibles Punktesystem nötig. Kämen viele Einwanderer aus der EU, brauche Deutschland weniger von außerhalb Europas.

Jährlich sollten die aktuellen Mangelberufe wie etwa Ärzte, Ingenieure oder Altenpfleger ermittelt werden. Wer dafür eine Ausbildung vorweisen könne, bekomme auch besonders viele Punkte. Weitere gebe es für Sprachkenntnisse. So sei die Perspektive für Einwanderungswillige berechenbar. Und diese dürfe folgerichtig zudem nicht befristet werden. Keine Zweifel lässt Oppermann auch am Familiennachzug: „Natürlich bringen die Einwanderer ihre Familien mit.“

Im Gegensatz zu jahrzehntelang gepflegten Überzeugungen räumen zwar auch Unionspolitiker ein, dass Deutschland zu einem Einwanderungsland geworden sei, mit Blick auf die von Pegida geschürten Ängste gegenüber Überfremdung bleiben sie jedoch gegenüber zusätzlichen Zugangsmöglichkeiten lieber auf Distanz. Ihr zentrales Argument: Anders als klassische Einwanderungsländer habe Deutschland aufgrund seiner Nazivergangenheit ein liberales Asylrecht.

Dadurch könne jede Einwanderungsregelung ohnehin ausgehebelt werden. Die Union hat es jedoch mit einer Zangenbewegung zu tun: Einerseits will sie konservatives Profil durch verlässliche Positionen in der Inneren Sicherheit einschließlich des Umgangs mit Ausländern zeigen. Andererseits ist ihr aber auch ihr wirtschaftspolitisches Profil wichtig.

Und die Wirtschaft spürt immer mehr, wie ihr der Fachkräftemangel als Wachstumsbremse zu schaffen macht. Die Aussicht, bis 2025 mehr als sechs Millionen Arbeitskräfte zu verlieren, lässt sie daher darauf setzen, die Einwanderung gezielt zu steuern und nicht mehr den Schutz vor politischer Verfolgung, sondern den Nutzen für den deutschen Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Dynamik in den Vordergrund zu stellen.