Berlin

Söder oder Laschet? Wie die Union die K-Frage lösen will

Von Gregor Mayntz
Es kann nur einen geben: CSU-Chef Markus Söder (links) und CDU-Chef Armin Laschet streben beide die Kanzlerkandidatur in der Union an.  Fotos: dpa
Es kann nur einen geben: CSU-Chef Markus Söder (links) und CDU-Chef Armin Laschet streben beide die Kanzlerkandidatur in der Union an. Fotos: dpa Foto: picture alliance/dpa

Im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union zwischen CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder reiht sich ein Höhepunkt an den nächsten. Am Sonntag kündigten beide ihre Bereitschaft an. Am Montag folgte die breite Rückendeckung für Laschet in den CDU-Spitzengremien, die wiederum Söder dazu animierte, in den harten Kampfmodus zu schalten. Am Dienstag dann der offene Schlagabtausch in einer denkwürdigen Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Und nun? Trotz oder gerade wegen all dieser pikanten Wendungen ist die Frage, wie es nun bei der Entscheidungsfindung weitergeht, völlig offen.

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In Unionskreisen antwortet man nur zögerlich. Man verweist auf das Ende der Woche – also Freitag. Das Wochenende fällt aufgrund der Gedenkfeier für die Corona-Toten für das Verkünden machtpolitischer Ereignisse flach, am Montag wollen bereits die Grünen ihre Kandidatenfrage klären. Dem will man zuvorkommen.

Aus Unionskreisen hieß es am Mittwochnachmittag, ein möglicher Verhandlungsweg seien zwei Kommissionen, bestehend aus jeweils zehn Köpfen, die miteinander das weitere Vorgehen berieten. Gesetzt wären bei einem solchen Vorgehen die beiden Kontrahenten, ihre Generalsekretäre, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

CDU-Vizechefin und Chefin der rheinland-pfälzischen CDU, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, deren Beteiligung in der Laschet-Kommission noch offen ist, drang erneut auf eine schnelle und einvernehmliche Lösung. „Wir brauchen nun eine zeitnahe Einigung. Sowohl den Unionsparteien als auch unseren Mitgliedern ist es ein großes Anliegen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen“, sagte Klöckner unserer Zeitung.

Zugleich appellierte sie an beide Anwärter, den Ausgang der Entscheidung am Ende mitzutragen, auch bei eigenem Unterliegen. „Armin Laschet und Markus Söder haben das klare Signal ausgesandt, den jeweils anderen zu unterstützen, sollte dieser Kanzlerkandidat werden. Dieses Signal in die Parteien hinein, in CSU und CDU, halte ich für sehr wichtig.“ Auf eine schnelle Einigung wird auch in verschiedensten Landesgruppen gedrungen.

Friedrich Merz sprach sich erneut für seinen ehemaligen Hauptkonkurrenten im Kampf um den CDU-Vorsitz, Armin Laschet, aus. Dieser habe das klare Votum der CDU-Gremien, betonte er und verwies darauf, dass Bayern bei der Corona-Bekämpfung schlechter dastehe als NRW. Söder habe zudem bei der bayerischen Landtagswahl 2018 das schlechteste CSU-Ergebnis der Nachkriegsgeschichte hinnehmen müssen.

Dennoch: Aus der Fraktionssitzung von Dienstag ging offenbar Söder gestärkt heraus. Von 66 Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten sollen sich 44 für Söder ausgesprochen haben, davon 16 aus Bayern. Laschet seien nur 22 Parlamentarier beigesprungen, davon ebenfalls 16 aus dem eigenen Bundesland NRW und damit nur sechs Wortmeldungen aus anderen Ländern.

Elisabeth Motschmann, die Vorsitzende der Landesgruppe Bremen, bestätigte gegenüber unserer Zeitung, dass sich „eine klare Zweidrittelmehrheit für Söder“ ausgesprochen habe. Dagegen erklärte Rüdiger Kruse, Vorsitzender der Landesgruppe Hamburg: „Armin Laschet soll Kanzlerkandidat werden, und ich erwarte, dass Markus Söder und die CSU, wie versprochen, ihn jetzt unterstützen.“ Ähnlich positionierte sich Eckhardt Rehberg, der Vorsitzende der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern: „Für mich ist Armin Laschet der geeignete Kandidat.“ Man solle nie aus einer Augenblickssituation aufgrund von Umfragen eine Entscheidung fällen, so Rehberg. Im Söder-Lager werden die guten Umfragewerte für den CSU-Chef stets als Argument ins Feld geführt. Der Vorsitzende der Landesgruppe Hessen, Michael Brand, mahnte Zurückhaltung an. Er wolle sich nicht an „öffentlichen Spekulationen“ beteiligen, die „nur dem politischen Gegner helfen und die politische Kultur schädigen“.

CDU-Vizechefin Klöckner sieht indes in dem ausgetragenen Machtkampf keinen Schaden für die Union drohen: „Die intensiven Gespräche in unserer Partei sind kein ungewöhnlicher Prozess, schließlich stehen wir nach 16 Jahren Angela Merkel am Ende einer erfolgreichen Ära und vor einer Zäsur“, so Klöckner. Gregor Mayntz, Kerstin Münstermann, Maximilian Plück und Jana Wolf

Herausforderung für Laschet ist groß

Telefoniert man in diesen Tagen mit Vertretern von CDU und CSU, erlebt man Denkwürdiges. Neben dem Beteuern der Tatsache, dass man – egal, wer es wird – gemeinsam Wahlkampf wird führen müssen, geht es im Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union persönlich zur Sache. Man erinnere sich: Die Kontrahenten, der CDU-Vorsitzende Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder, pflegen eigentlich eine Beziehung auf Augenhöhe. Sie haben in den vergangenen Monaten ihre jeweiligen Biografien gelesen und vorgestellt, man schreibt sich SMS, scherzt bisweilen. Und jetzt: Misserfolge werden in beiden Lagern ausgebreitet, auf charakterliche Defizite oder despektierliche Spitznamen hingewiesen – eine Karte, die immer dann gezogen wird, wenn es keine Argumente mehr gibt. Die Union hat das eigentlich nicht nötig.

Söder hat in der Fraktionssitzung sein Ziel erreicht. Er hat es geschafft, Zweifel zu streuen, ob sich tatsächlich die gesamte CDU für Laschet ausspricht. Und: Das Duell ist für Armin Laschet schwieriger als für den Bayern. Die schlechten Umfragewerte sind ein Thema. Er hat in Berlin keine Machtbasis in Regierung und Fraktion. Und die, die seine Unterstützerin sein könnte, CDU-Kanzlerin Angela Merkel, schweigt. Ob vielsagend oder nicht, darüber streiten sich die Geister. Laschets Herausforderung ist groß: Sieg ohne Triumph oder Rückzug ohne Gesichtsverlust – es sind schwere Tage für den Aachener.

E-Mail: kerstin.muenstermann@rhein-zeitung.net

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