Washington

Panetta rechnet mit seinem Ex-Chef Obama ab

Der frühere Pentagonchef Leon Panetta schreibt in seinen Memoiren: US-Präsident Obama fehlt die Leidenschaft eines Anführers. 
Der frühere Pentagonchef Leon Panetta schreibt in seinen Memoiren: US-Präsident Obama fehlt die Leidenschaft eines Anführers.  Foto: dpa

Im Kabinett Barack Obamas war Leon Panetta die personifizierte Loyalität, erst als CIA-Direktor, später als Chef des Pentagon. Als er seinen Hut nahm, sprach er gelassen wie ein zufriedener Rentner von der Pflege der Walnussbäume zu Hause in Kalifornien, der er sich nun widmen wolle. 20 Monate nach seinem Abschied hat er sich mit einem dröhnenden Paukenschlag zurückgemeldet.

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Von unserem USA-Korrespondenten Frank Herrmann

Seine Memoiren werfen ein grelles Licht auf das Innenleben des Weißen Hauses, an dessen Spitze ein Präsident steht, der nach Panettas Charakterstudie zu selten in den Ring steigt, um zu kämpfen. Obama besitze eine überragende Intelligenz, doziert der 76-Jährige im Tonfall eines gütigen Mentors. „Aber manchmal fehlt ihm das Feuer“, zu oft baue er auf die Logik eines Rechtsprofessors statt auf die Leidenschaft eines Anführers. Als erster schwarzer Präsident der USA werde Obama von extremen Kritikern in einer Weise angegriffen, wie es bei keinem seiner Vorgänger der Fall gewesen sei, beobachtet Panetta. Das habe seine Vorsicht nur noch verstärkt, was seine Gegner zu noch heftigeren Attacken ermunterte.

Es sind vor allem die Entwicklungen im Nahen Osten, die Panetta zutiefst frustrieren. Im Irak, schreibt er, hätte sich Obama stärker ins Zeug legen müssen, dann wäre auch nach dem Rückzug 2011 ein Restkontingent von GIs im Zweistromland verblieben. Er hätte härter verhandeln müssen, statt einfach hinzunehmen, dass der irakische Premier Nuri al-Maliki eine weitere Stationierung an die Zustimmung des Parlaments in Bagdad knüpfte. In Washington habe man genau gewusst, dass die schiitischen Abgeordneten niemals grünes Licht geben würden. Das Weiße Haus aber wollte den Irak nur noch loswerden, sodass es den Totalabzug akzeptiert habe.

„Schlag gegen unsere Glaubwürdigkeit“

Mit Blick auf Syrien beging der Präsident nach den Worten Panettas einen schweren Fehler, als er nach einem Chemiewaffenangriff auf einen Vorort von Damaskus eine Militäraktion gegen die Regierung Baschar al-Assads ankündigte, um kurz darauf zur Wende zu blasen. „Das Resultat war ein Schlag gegen unsere Glaubwürdigkeit. Wenn der Commander in Chief eine rote Linie zieht, muss er handeln, wenn diese Linie überschritten wird.“

Es fällt auf, in welcher Dichte eine Abrechnung mit dem unpopulär gewordenen Hoffnungsträger der anderen folgt. Es ist bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass ausgeschiedene Kabinettsmitglieder den Stab über Obama brechen, ihm außenpolitische Schwäche vorwerfen und sich dabei ins rechte Licht rücken. Den Anfang machte Robert Gates, Panettas Vorgänger an der Spitze des Pentagon, als er einen Skeptiker im Oval Office porträtierte, der selbst nie an den Erfolg seiner Strategie in Afghanistan glaubte. Im Juni folgte Ex-Außenministerin Hillary Clinton, die Obama vor allem ankreidete, dass er auf dem Höhepunkt des Aufstands gegen Baschar al-Assad Waffenlieferungen an moderate syrische Rebellen ablehnte, obwohl sie ihm – neben anderen – dazu geraten hatte. Nun setzt Panetta noch eins drauf. Obama, moniert er, habe sich seinerzeit auch nicht zu einem klaren Nein durchringen können, er habe die Diskussion über die Bewaffnung der syrischen Opposition einfach im Sande verlaufen lassen.

Alles in allem liest es sich wie die Steilvorlage für eine Kandidatin Hillary Clinton, die 2016, falls sie denn an den Start beim Rennen ums Weiße Haus geht, die Renaissance amerikanischer Führungsstärke beschwören dürfte.