Düsseldorf

Messe für Reisemobile: Caravan Salon verspricht die große Freiheit

Von Jörg Hilpert
Wohnmobile, so weit das Auge reicht: Mit dem Grand California auf Crafter-Basis präsentiert Volkswagen einen der Hingucker des Caravan Salons.
Wohnmobile, so weit das Auge reicht: Mit dem Grand California auf Crafter-Basis präsentiert Volkswagen einen der Hingucker des Caravan Salons. Foto: Britta Hilpert

Der Markt für Reisemobile boomt – in Düsseldorf lässt sich derzeit erkunden, was im kommenden Jahr neu auf die Camping- und Stellplätze in Europa rollen wird. Die Branche und ihre Kunden treffen sich beim Caravan Salon, und jeder Hersteller will mit seinen Ideen locken.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Der Trend geht zum Kastenwagen, einigermaßen erschwinglich auch für junge Familien. Der größte Vertreter dieses Segments wird wohl der Grand California, den Volkswagen 2019 an den Start schickt: Gebaut auf dem Chassis des VW Crafter, mutiert der Riesenlieferwagen zum Reisemobil, der Andrang ist groß am Stand der Wolfsburger.

Legitimer Nachfolger des legendären Bullis bleibt allerdings der kleine Bruder: Der VW California, basierend auf dem T6, beherrscht dieses Segment nach wie vor. Und inspiriert Mittelständler zu spannenden Umbauten – wie auch andere Hersteller von Chassis. Die Reisemobil-Manufaktur aus der Oberlausitz schickt den Surfing Santa Cruz an den Start, stilecht mit Surfbrett auf dem Dach und gemütlichem Holzboden. „Van your life” heißt es bei FlowCamper gleich um die Ecke mit individuellen, bis ins Detail durchdachten Einbauten – gekocht wird dann am ausziehbaren Herd unter der Heckklappe.

Auf dem Außengelände sucht Carthago im Hütchenparcours Deutschlands beste Reisemobilisten.
Auf dem Außengelände sucht Carthago im Hütchenparcours Deutschlands beste Reisemobilisten.
Foto: Britta Hilpert

Tischer wiederum baut seine Reiseträume auf Pick-ups: PS-gewaltige Wagen von Dodge, Nissan oder Ford beispielsweise. Die Kabine lässt sich absetzen, dann geht es mit dem Allrad richtig ins Gelände – und abends wieder in die eigenen, mobilen vier Wände. Die Preise für das Grundfahrzeug und den Aufbau sind getrennt ausgewiesen. Vielleicht merkt der begehrliche Betrachter dann nicht so schnell, dass er hier im sechsstelligen Bereich unterwegs ist.

Das Brot-und-Butter-Geschäft, das weite Teile des Messegeländes beherrscht, ist freilich ein anderes. Da geht es um teilintegrierte Modelle (das Fahrerhaus des Grundfahrzeugs ist als solches erhalten, aber zum Wohn-/Schlafbereich hin geöffnet), Alkoven-Fahrzeuge (da sind die Betten in einem „Schnabel” über dem Fahrerhaus untergebracht) und vollintegrierte Reisemobile, bei denen auf dem Chassis ein komplett neuer Aufbau sitzt, der Fahren/Wohnen/Schlafen zu einer Einheit macht. Alles, was Rang und Namen hat, ist in Düsseldorf vertreten: Knaus, Weinsberg, Fendt Caravan, Hobby, Bürstner, Eura Mobil, Adria, LMC, Dethleffs, die Franzosen Chausson und Pilote, Pössl, Westfalia, Carthago, Hymer, noch dazu all die Untermarken. Der Durchschnittspreis der verkauften Reisemobile liegt bei gut 70.000 Euro – und das ist auch der typische Preis in diesem Hauptsegment.

Die Marco-Polo-Studie von Daimler reagiert auf „Hey, Mercedes“.
Die Marco-Polo-Studie von Daimler reagiert auf „Hey, Mercedes“.
Foto: Britta Hilpert

Dass es gern ein bisschen mehr wird, liegt am zusätzlichen Komfort, der damit erworben wird. Denn wer einmal Gefallen am mobilen Wohnen gefunden hat, will sich verbessern. Die Messe Düsseldorf hat ein Caravan Center auf ihrem Parkplatz 1 eingerichtet – schon zum Auftakt sind die 800 Plätze ausgebucht. Unter hohen Platanen kommt echtes Urlaubsgefühl auf, bis spät in die Nacht diskutieren die Wohnmobilisten darüber, welcher Hersteller denn nun das beste Modell am Start hat.

Denn gerade bei den weit verbreiteten Teilintegrierten ist dem Besucher nach einem langen Messetag nicht mehr klar, ob er denn nun einen Hobby, einen Carado, einen Knaus oder „wie hieß diese Marke in Halle 12 noch?“ vor sich hatte. Und das hat einen triftigen Grund: 80 Prozent der Reisemobile in diesem Bereich basieren auf einem Fiat-Ducato-Gestell, die Fronten unterscheiden sich nur durch das Logo des Aufbauherstellers im Kühlergrill. 130, 150, 177 PS bietet der Diesel. Mit hohen Drehmomenten, erklärt ein Berater: Breite Kolben mit kurzem Hub sollen ein langes Leben garantieren. Schließlich ist der Wohnmobilist darauf aus, Kilometer zu fressen auf seinem rastlosen Weg zu immer neuen Zielen. Ein Hersteller bietet als Messe-Leckerli das kostenlose Upgrade auf die nächsthöhere Motorvariante an.

Hymer lässt seine Mobile auch virtuell per Projektion vorfahren.
Hymer lässt seine Mobile auch virtuell per Projektion vorfahren.
Foto: Britta Hilpert

Die Dominanz des Fiat-Ducato-Gestells führt unweigerlich dazu, dass sich der Blick auf die inneren Werte richtet: Welchen Grundriss für Wohnen, Schlafen, Badezimmer hat sich der Anbieter ausgedacht? An Ideen mangelt es den Herstellern nicht, die eine überzeugt, die andere befremdet. Dusche im Mittelbereich, vorn die Küche, dahinter das Bett? Riesige Garage im Hinterteil für die Fahrräder, aber dafür ziemlich weit oben darüber schlafen? Oder doch lieber ein Meter mehr Aufbaulänge, um ganz im Heck gemütlich duschen und auf einer Ebene schlafen zu können? Auch auf einem einzigen Chassis sind tausend Möglichkeiten drin, beweist die weltgrößte Caravaning-Messe.

Daimler als potenter Autobauer zeigt sich natürlich eigenständig – und präsentiert ein Marco-Polo-Konzept, das in die Zukunft weist. Markise und Hochdach fahren auf Zuruf aus, das E-Bike auf dem Heckträger wird unterwegs über Solarzellen aufgeladen. „Hey, Mercedes, wie sieht es im Kühlschrank aus?” Antwort: „Deine Lieblingslimo ist gut gekühlt!” Luxus von morgen.

Luxus von heute gibt es in Halle 5. Sind auf dem Konto nicht mindestens 100.000 Euro, sollte der Besucher da lieber nicht reingehen – oder nur zum Staunen. Niesmann+Bischoff (Polch, Kreis Mayen-Koblenz) zeigt da Reisemobile im Wert eines Einfamilienhauses. Concorde aus Franken stellt zu seinen Riesenschiffen ein Plakat mit der Mahnung „Größer muss gelernt sein” und bietet spezielle Führerscheinkurse an. Den Vogel schießt diesmal Volkner ab mit einem Lkw-Aufbau, in dessen Mittelgarage ein Porsche Carrera GT 2 RS passt. Macht in der ausgestellten Version 1.465.000 Euro. Porsche nicht inklusive.

Von unserem Redakteur Jörg Hilpert