Tel Aviv

Kooperationsabkommen: Gipfel der wohldosierten Annäherung

Verhaltene Angriffslust: Angela Merkel verweist auf Meinungsverschiedenheiten in der Siedlerfrage mit Premier Benjamin Netanyahu.  Foto: dpa
Verhaltene Angriffslust: Angela Merkel verweist auf Meinungsverschiedenheiten in der Siedlerfrage mit Premier Benjamin Netanyahu. Foto: dpa

Die Frage „Tragen Sie Waffen bei sich?“ gehört in Tel Aviv dort zur Routine, wo sich hochrangige Politiker bewegen. Überall stehen bei einem solchen Anlass Sicherheitskräfte mit Maschinengewehren. Die Sorge um die Sicherheit beherrscht dieses Land. Die Zwei-Staatenlösung für Israel und die Palästinenser-Gebiete sollen eines Tages die Sicherheitslage entspannen.

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Aus Tel Aviv berichtet unsere Berliner Korrespondentin Eva Quadbeck

Doch auch bei den deutsch-israelischen Regierungskonsultationen gab es allenfalls eine Annäherung in homöopathischer Dosierung. „Beide Seiten verliehen der Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz Israels mit seinen Nachbarn Ausdruck“, heißt es in der gemeinsamen Abschlusserklärung. In seinem Statement immerhin bekannte sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu dieser Lösung. „Ich habe vor, den Prozess zu ermöglichen“, sagte er. Zugleich warnte er insbesondere die EU vor dem Boykott israelischer Produkte. Kanzlerin Angela Merkel machte erneut deutlich, dass es bei aller Freundschaft zwischen Deutschland und Israel eine Meinungsverschiedenheit in der Siedlerfrage gibt.

Am Abend zuvor hatte Merkel allein mit Benjamin Netanjahu über dieses Thema gesprochen, während die Minister in großer Runde mit ihren israelischen Kollegen zusammensaßen. Dem Vernehmen nach wurde hinter verschlossenen Türen Klartext geredet. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu präsentiert sich gerne als Hardliner, als Falke. Bei den Plänen für weitere jüdische Siedlungen im Westjordanland ging er in diesem Jahr so hart an die Grenze, dass die Palästinenser mit dem Abbruch der Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung drohten.

Dann erst stoppte er die Pläne. Die Kanzlerin hat inzwischen eine gewisse Übung darin, mit den machomäßig auftretenden Staatsmännern dieser Welt fertig zu werden, wie Wladimir Putin und Tayyip Erodgan. Bei Netanjahu fährt sie eine Doppelstrategie: Auf der einen Seite pflegt sie die deutsch-israelische Freundschaft, an der ihr auch persönlich liegt, mit großer Herzlichkeit, zugleich macht sie kein Geheimnis mehr aus ihrer wachsenden Ungeduld mit den Israelis.

Wenn es bislang in Europa darum ging, Boykotte gegen israelische Güter zu verhängen, standen die Deutschen stets auf der Bremse. Derzeit wird in der EU wiedererneut über eine Kennzeichnung von Produkten aus den Siedlergebieten protestiert. Gegen einen offiziellen Boykott israelischer Güter würde die deutsche Regierung auch weiter ihre Stimme erheben, die informellen Nadelstichen wird sie künftig immer schwerer verhindern können, wenn es keine Kompromisssignale der Israelis in der Siedlungsfrage gibt. Offiziell erklärte Merkel dazu: „Wir unterstützen Boykottbestrebungen nicht. Das ist für Deutschland keine Option.“

Obwohl das Verhältnis und die Kompromissbereitschaft zwischen Israel und den Palästinensern vor Jahren schon bedeutend besser war als heute, hat die Bundesregierung die Hoffnung durch das Engagement des amerikanischen Außenministers John Kerry entscheidende Fortschritte erzielen zu können.

Auch der Amerikaner hat es zu seinem persönlichen Anliegen gemacht, eine Zwei-Staatenlösung zu erreichen. Allerdings besteht die Gefahr, dass der ambitionierte Plan des US-Außenministers als Lösung auf dem Papier endet, während sich im israelische-palästinensischen Verhältnis nicht substanziell etwas verändert. Neben vielen kleinen Schritten zur politischen Zusammenarbeit zwischen Israel und Deutschland gab es zwei Ergebnisse, die das Vertrauensverhältnis der beiden Länder beschreiben.

Zum einen einigte man sich darauf, dass Deutschland Israel weltweit künftig in den Ländern vertreten soll, in denen die Israelis keine eigenen diplomatischen Beziehungen unterhalten. Die Regierungskonsultationen sollten auch die Normalität der Beziehungen beider Länder zeigen. Mit einem verstärkten Jugendaustausch will die Regierung dafür sorgen, dass die Selbstverständlichkeit der Freundschaft zu Israel, auch auf die jüngere Generation übergeht. Junge Israelis und junge Deutsche sollen künftig einfacher im jeweils anderen Land arbeiten können. Ein entsprechendes Kooperationsabkommen wurde unterzeichnet.