Kommentar zur Corona-Politik in der Omikron-Welle: Weiter geht es im Blindflug durch die Pandemie

Karl Lauterbach (von links), Lothar Wieler und Christian Drosten: Sie warnen vor harten Wochen und machen doch auch Hoffnung.
Karl Lauterbach (von links), Lothar Wieler und Christian Drosten: Sie warnen vor harten Wochen und machen doch auch Hoffnung. Foto: dpa

Kurz vor der vielleicht dramatischsten Corona-Welle seit der ersten im Frühjahr 2020 verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die Entscheidungsträger in Bund und Ländern auch diese im Blindflug durchstehen wollen. Man verlässt sich auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie vor allem auf die Einsicht und Achtsamkeit der immer noch überwältigenden Mehrheit der Bürger.

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Doch deren Vertrauen schwindet zusehends – was sich nicht nur an den wachsenden Corona-Protesten, sondern auch an Umfragen zeigt, die das zunehmende Misstrauen belegen. Das ist nicht verwunderlich. Denn mehr als eine Mischung aus Angstmache – diese Rolle übernimmt aktuell Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) – und der Zuversicht für die Zukunft – das übernimmt der Virologe Christian Drosten – wird auch diesmal nicht aufgeboten. Die seit Monaten Leid geplagten Intensivmediziner sind ob der vielen Versäumnisse und Fehler der Politik nicht zu beneiden.

Wenn es nicht so traurig wäre und Menschenleben kosten würde, könnte man über die Corona-Datenlage in Deutschland eigentlich nur noch Kabarettsendungen machen. Seit Beginn der Pandemie starren wir auf Zahlen, die außer der Zahl der Intensivpatienten immer hinterherhinken und unbrauchbar für eine zum schnellen Handeln verdammte Politik sind.

Dass wir alle bis heute fast selbstverständlich hinnehmen, dass die Daten über Feiertage und an jedem Wochenende nicht valide sind, ist grotesk. Jüngstes Beispiel ist die Hospitalisierungsrate. Gerade in der Omikron-Welle mit einer explodierenden Inzidenz und einem tendenziell milderen Verlauf wäre es so wichtig zu wissen, wie viele Covid-19-Patienten in den Normalstationen der Kliniken liegen. Doch auch nach zwei Jahren Pandemie trudeln diese Daten in einigen Bundesländern erst Wochen später ein. Das ist unverständlich und fahrlässig.

Hinzu kommt: Obwohl es seit Wochen stabile Mehrheiten in der Bevölkerung für eine Impfpflicht gibt, halten es Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz nicht für nötig, schnell einen Antrag dazu in den Bundestag einzubringen. Das dürfte dazu führen, dass im März die ohnehin stark beanspruchten Pflegekräfte geimpft sein müssen, während sie weiter über Monate hinweg den mehrheitlich Ungeimpften auf den Intensivstationen das Leben retten sollen. Diese Politik schürt Frust. Und es ist dieselbe Politik, die es an vielen Orten wie Koblenz nicht geschafft hat, Corona-Demos zu verbieten oder in so geordnete Bahnen zu lenken, dass sie den Vorschriften genügen, die eine Mehrheit der Bevölkerung beherzigt – und auf die sich diese Mehrheit geeinigt hat. So kann Demokratie nicht funktionieren.

E-Mail: christian.kunst@rhein-zeitung.net