Hannover

Kommentar zum Parteitag der Christdemokraten: Das war nur ein Anfang – Merz muss mehr liefern

Von Hagen Strauß
Foto: Eines muss man Friedrich Merz zugestehen: Der neue Chef bele

Eines muss man Friedrich Merz zugestehen: Der neue Chef belebt sowohl Fraktion als auch Partei. Im Parlament haben die Debatten deutlich an Fahrt gewonnen, seit er ans Rednerpult geht. Merz lockt selbst den spröden Kanzler aus der Reserve und muss nun aufpassen, dass er Olaf Scholz bei seinen Auftritten im Bundestag nicht besser macht, als er eigentlich ist. Die Fraktion hat der Sauerländer fest im Griff. Das steht fest. Beim Parteitag in Hannover hat sich gezeigt: die CDU jetzt vorerst auch.

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Gleichwohl ist der Konvent nur eine Etappe gewesen. Mit der verlorenen Bundestagswahl ist manchem in der Union erstmals klar geworden, wie groß die Defizite der Partei dann doch sind. Was die Programmatik und die Modernität angeht, nicht zuletzt hinsichtlich der eigenen Strukturen. Oder aber personell. Zu regieren, überdeckt einiges; nicht mehr zu regieren, legt sogleich vieles schonungslos offen.

Wenn man von Merz also anfänglich gedacht hat, er werde die Union nicht entstauben, so muss man heute sagen, er versucht das Gegenteil. In Hannover ist er sogar zum Teil als Schlichter aufgetreten. Genau darin liegt aber auch eine Gefahr – er enttäuscht die Erwartungen derer, die in ihm den konservativen Erneuerer gesehen haben.

Im Inneren mag Merz das vielleicht noch sein; aber er hat verstanden, das über diesen engen Weg die Rückkehr an die Macht der Union nur schwerlich gelingen wird. Denn der eigentliche Gegner ist nicht mehr die SPD, sondern das sind die Grünen. Und da reicht es nicht mehr aus, nur noch das eigene Potenzial so gut es geht auszuschöpfen. Die inhaltliche Aufstellung der Partei muss ansprechender und zugleich klarer sein. Diesbezüglich muss Merz mehr liefern als in Hannover beschlossen wurde. Ansonsten könnte die derzeit weitgehende Zufriedenheit mit dem Vorsitzenden rasch ins Gegenteil umschlagen.

Die Frauenquote sollte man nicht als einen solchen Schritt der modernen Öffnung verstehen. Zu schwer hat sich die Partei mit dem Beschluss getan, sodass nach außen nicht der Eindruck entstanden sein wird, die Union schreitet bei der Beteiligung von Frauen aus Überzeugung voran. Die Debatte um die Frauenquote steht insofern für etwas anderes: das große Bedürfnis in der CDU, nach zuletzt eher bleiernen Jahren unter der Führung von Angela Merkel die Kontroverse neu zu entdecken. In Hannover wurde gleich mehrfach leidenschaftlich diskutiert, vor allem über das, was den Kern der Partei in einer neuen Zeit ausmachen soll. Wenn man so will, waren diese Auseinandersetzungen ein weiterer Schritt der CDU auf dem Weg der Erneuerung. Andere Schritte müssen folgen.

E-Mail: hagen.strauss@rhein-zeitung.net