„Heureka – ein guter Tag für die Wissenschaft!“ Experten reagieren begeistert auf die zweite bahnbrechende Impfstoffstudie

Von Benno Schwinghammer,
Auch der Moderna-Impfstoff ist vielversprechend.  Foto: dpa
Auch der Moderna-Impfstoff ist vielversprechend. Foto: dpa

Die neue Woche begann wie die vorherige: mit einer Erfolgsmeldung beim Corona-Impfstoff und Begeisterungsstürmen der Wissenschaft. „Heureka – ein guter Tag für die Wissenschaft und für den klinischen Kampf gegen Covid-19!“, jubelt stellvertretend für viele Prof. Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der Münchner Klinik Schwabing. Der Grund für seine Begeisterung: Mit guten Daten seines Corona-Impfstoffes macht auch der US-Pharmakonzern Moderna jetzt in Europa Hoffnung auf ein baldiges Ende der Corona-Pandemie. Der Impfstoff habe eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent, hieß es in einer Mitteilung von Moderna. Zudem wurde bekannt, dass die Europäische Arzneimittelagentur EMA ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren zu dem Präparat beginnt, das eine vergleichsweise rasche Zulassung zum Ziel hat.

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Die EU-Kommission verhandelt derzeit mit dem US-Konzern über die Lieferung von bis zu 160 Millionen Impfdosen. Ein Vertrag ist aber noch nicht geschlossen. Vor einer Woche hatte bereits der Mainzer Hersteller Biontech zusammen mit dem US-Konzern Pfizer bekannt gegeben, dass ihr Impfstoff nach Zwischenergebnissen klinischer Studien einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 biete. Sowohl dafür als auch im Fall von Moderna liegen bisher aber nur Ergebnisse einer vorläufigen Analyse vor und noch keine wissenschaftliche Publikation.

Die Phase-III-Studie zum RNA-Impfstoff mRNA-1273 von Moderna umfasst insgesamt 30.000 Probanden, darunter auch viele ältere Menschen und weitere Zugehörige von Risikogruppen. „Der Impfstoff scheint seine Wirkung unabhängig vom Alter der Geimpften zu entfalten, die Schutzwirkung konnte auch für Probanden jenseits des 65. Lebensjahres aufgezeigt werden. Auch Personen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Fettsucht oder kardiologische Vorerkrankungen wurden ausreichend geschützt“, erklärte Wendtner. Bislang erkrankten insgesamt 95 Studienteilnehmer an Covid-19. Davon entfielen nur fünf Fälle auf die tatsächlich geimpften Probanden, 90 Fälle wurden in der Kontrollgruppe diagnostiziert, die nur ein Placebo erhielt. Das ergibt eine Wirksamkeit von rund 94,5 Prozent. Dabei geht es darum, inwieweit der Impfstoff Covid-19 verhindern kann. Daten, zu welchem Grad mRNA-1273 eine Ansteckung verhindert, gibt es noch nicht. Moderna betont aber, dass alle elf aufgetretenen schweren Verläufe der Krankheit in der Placebo-Gruppe stattgefunden hätten. Für den vollen Impfschutz seien zwei Dosen in zeitlichem Abstand notwendig.

Der renommierte US-Immunologe Anthony Fauci reagierte begeistert auf die Daten: „Besser wird es nicht – 94,5 Prozent sind wirklich hervorragend. Das sind offensichtlich sehr aufregende Ergebnisse.“ Etliche Wissenschaftler betonten die Ähnlichkeit des Impfstoffes zu dem von Pfizer und Biontech. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln, sprach von „fast identischen Ergebnissen“ und einem starken Indiz, dass die neue Technologie der RNA-Impfstoffe gegen den Corona-Erreger funktioniert. „Wenn man nach den Ergebnissen von Biontech große Hoffnung in die Wirksamkeit der Impfstoffe setzen konnte, so ist diese Hoffnung jetzt noch ein deutliches Stück größer geworden.“

Das Moderna-Präparat ist wie das von Pfizer und Biontech ein RNA-Impfstoff. Es enthält genetische Informationen des Erregers, aus denen der Körper ein Viruseiweiß herstellt. Ziel der Impfung ist es, den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein anzuregen, um die Viren abzufangen, bevor sie in die Zellen eindringen und sich vermehren.

Florian Krammer, Professor im Bereich Impfungen an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York, schätzt das Risiko des Impfstoffes als niedrig ein. „Es gibt vorübergehende Nebenwirkungen wie erhöhte Temperatur, Müdigkeit, Kopfweh und Schmerzen an der Einstichstelle, die unangenehm, aber ungefährlich sind. Ernst zu nehmende Nebenwirkungen traten bisher weder in der Pfizer- noch in der Moderna-Studie auf.“ Allerdings stammen die Daten zum Moderna-Impfstoff wie auch die von Pfizer und Biontech bislang nur aus einer Pressemitteilung.

Anders als das Biontech-Produkt ist Modernas Vakzin relativ lange bei normaler Kühlschranktemperatur lagerbar. Moderna geht davon aus, dass es 30 Tage lang bei Temperaturen von 2 bis 8 Grad stabil bleibt. Je kälter ein Impfstoff gelagert werden muss, desto höher sind die logistischen Anforderungen. Laut Pfizer und Biontech muss ihr Mittel bei minus 70 Grad bis zum Ort des Impfens transportiert werden. Nach heutigem Stand könne der Impfstoff, sobald er den Ort des Impfens erreicht hat, nicht länger als fünf Tage bei 2 bis 8 Grad gelagert werden.

Benno Schwinghammer/

Valentin Frimmer/Christian Kunst