Hartz IV-Leistungen an Einwanderer: Brüssel und Berlin uneins
Von unserem Brüsseler Korrespondenten Detlef Drewes
Zwar betonte der Ungar, „dass wir unser Äußerstes tun, um klarzustellen, wie man auf der Grundlage bestehender EU-Gesetze gegen Betrug und Missbrauch vorgehen kann“. Doch das 36-seitige Dokument liefert neben zahlreichen Beispielen und Regelungen beispielsweise für entsandte Arbeitnehmer nur einen klaren Hinweis: Die deutsche Praxis, der zufolge Zuwanderer weder innerhalb der ersten drei Monate ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik noch danach Anspruch auf Hartz-IV-Zahlungen haben, sofern sie arbeitslos bleiben, ist in den Augen Brüssels nicht länger zu halten.
Denn das Handbuch schlüsselt nicht nur detailliert auf, was unter dauerhaftem und gewöhnlichem Arbeitsort zu verstehen ist. Es fordert auch die Berücksichtigung einer Vielzahl von individuellen Faktoren, die die nationalen Behörden – hierzulande die Jobcenter – bei ihren Entscheidungen einbeziehen sollen: familiäre Verhältnisse und Bindungen, Dauer und Kontinuität des Aufenthaltes im Gastland, Art der Erwerbstätigkeit, Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit und Wohnsituation. Außerdem soll einbezogen werden, in welchem Land der Betreffende steuerpflichtig ist und warum er überhaupt seinen Lebensmittelpunkt in einen anderen EU-Staat verlegt hat.
Wie deutlich die Meinungsunterschiede zwischen Brüssel und Berlin derzeit noch sind, macht die Tatsache klar, dass die Bundesrepublik Deutschland bisher Sozialleistungen bei arbeitslosen Zuwanderern pauschal ablehnt, während die Kommission darauf besteht, dass jeder Einzelfall geprüft wird. Das aber hat ja nur dann einen Sinn, wenn man davon ausgeht, dass es durchaus einige Anspruchsberechtigte gibt.