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Germanwings: In die Trauer mischt sich Wut

Enttäuscht klingen sie, und verbittert: Nach der Germanwings-Katastrophe haben Angehörige der gestorbenen Schüler und Lehrer aus Haltern einen wütenden Brief an Lufthansa-Chef Carsten Spohr geschrieben. Sie werfen dem Konzernchef vor, sich nicht entschuldigt zu haben.

Lesezeit: 2 Minuten
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Von Sebastian Kunigkeit

Am Freitag reisen Hinterbliebene in die französischen Alpen. Bei einer Trauerfeier sollen Leichenteile, die nicht identifiziert werden konnten, in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt werden.

Vier Monate nach der Germanwings-Katastrophe machen die Angehörigen der Opfer dem Mutterkonzern Lufthansa schwere Vorwürfe. Zudem droht ein Streit um Entschädigungszahlungen.
Vier Monate nach der Germanwings-Katastrophe machen die Angehörigen der Opfer dem Mutterkonzern Lufthansa schwere Vorwürfe. Zudem droht ein Streit um Entschädigungszahlungen.
Foto: ⋌Illustration: Svenja Wolf

Der Ton verschärft sich

Die Lufthansa äußerte zwar Verständnis für die Wut der Betroffenen. Sprecher Andreas Bartels sagte zugleich aber auch: „Wir bedauern sehr, dass nun eine Verschärfung des Tons reingebracht wird.“ Er kündigte an, dass es ein Antwortschreiben Spohrs nicht geben wird.

Die Lufthansa als Mutterkonzern von Germanwings hatte den deutschen Hinterbliebenen nach der Katastrophe neben einer Soforthilfe von 50 000 Euro pauschal 25 000 Euro als Schmerzensgeld angeboten. Nächste Angehörige wie Eltern, Kinder oder Lebenspartner sollen dazu ohne weitere Prüfung jeweils ein Schmerzensgeld von 10 000 Euro bekommen. Die Anwälte der Angehörigen lehnen dies ab und verlangen ein neues Angebot.

Die Lufthansa argumentiert, pro Opfer addierten sich Schmerzensgeld und der Vorschuss auf materiellen Schadensersatz bereits jetzt auf eine durchschnittliche Summe von mehr als 100 000 Euro. Wenn unter den Opfern der Hauptverdiener einer Familie ist, kann sich der Ausgleich des Unterhaltsschadens schnell auf mehrere Hunderttausend Euro summieren, in einigen Fällen in Millionenhöhe liegen. Den Angehörigen stößt vor allem auf, dass Spohr sich nicht um sie bemüht habe. Außerdem habe er Eltern nicht auf eine Einladung zu einer Beisetzung geantwortet. Der Konzern wies das zurück: „Herrn Spohr ist kein persönliches Einladungsschreiben für eine Beerdigung zugegangen“, sagte Bartels.

Die sterblichen Überreste der Opfer wurden bereits beigesetzt. Am Freitag werden Leichenteile in einem anonymen Grab beigesetzt, die nicht identifiziert werden konnten. „Mit der gemeinsamen Trauerfeier für alle Angehörigen und der Beisetzung der anonymen sterblichen Überreste kann das Abschiednehmen zu einem Abschluss kommen“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung, Steffen Rudolph. „Die Unabänderlichkeit des Geschehenen wird noch einmal deutlich. Schmerz und Trauer werden bleiben.“ Die Lufthansa kündigte an, die Reisen der Angehörigen zu finanzieren und mit Vertretern des Managements an der Trauerfeier in Frankreich teilzunehmen.

Die Angehörigen warten

Der Co-Pilot Andreas L. des Flugs von Barcelona nach Düsseldorf hatte den Airbus nach Überzeugung der Ermittler am 24. März absichtlich gegen einen Berg gelenkt. Alle 150 Menschen an Bord starben. Nach Angaben Rudolphs sind die identifizierten Überreste der Toten fast alle zurückgebracht worden. Die einzige Ausnahme geht auf den Wunsch von Angehörigen zurück. Trotzdem sind für die Hinterbliebenen noch Fragen offen: So warteten sie noch auf die Rückgabe der persönlichen Gegenstände der Opfer, die am Absturzort gefunden wurden.