Flüchtlinge: Innenminister wollen auch Alternativrouten schließen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagt: „Die Flüchtlingsbewegung entlang der 
Balkanroute 
hat nun das 
Ende erreicht.“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagt: „Die Flüchtlingsbewegung entlang der 
Balkanroute 
hat nun das 
Ende erreicht.“ Foto: dpa

Brüssel. Thomas de Maizière (CDU) mochte seine Zufriedenheit nicht verstecken. „Die Flüchtlingsbewegung entlang der Balkanroute hat nun das Ende erreicht”, sagte der Bundesinnenminister, bevor er mit seinen 27 Amtskollegen zusammentraf, um den EU-Türkei-Deal unterschriftsreif zu machen.

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Von unserem Brüsseler Korrespondenten Detlef Drewes

Die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge betrage inzwischen „weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen im letzten Herbst“, setzte er hinzu. Man arbeite nun daran, dass „das so bleibt“. Deshalb sei es nötig, mögliche Alternativrouten ebenfalls dichtzumachen. Dabei gehe es beispielsweise um den Weg von Libyen über das Mittelmeer. Auch Albanien rückt mehr ins Blickfeld, weil Asylbewerber von dort per Schiff nach Italien oder auf dem Landweg in Richtung Norden weiterreisen könnten.

Denn abgesehen von einigen kritischen Anmerkungen waren die meisten Innenressortchefs einverstanden mit den Ergebnissen der Staats- und Regierungschefs – und übrigens einig darin, dass jetzt „zuerst den Menschen in Idomeni geholfen werden muss, damit die schrecklichen Bilder endlich vorbei sind“, wie es der luxemburgische Migrationsminister Jean Asselborn ausdrückte.

Doch die Details haben es in sich. So ist zum Beispiel noch unklar, wie die Rückführung der Flüchtlinge von den griechischen Inseln in die Türkei ablaufen soll. Ankaras Europaminister Volkan Bozkir erklärte jedenfalls, die hellenischen Inseln müssten erst „geräumt“ werden, sodass die Türkei lediglich die Flüchtlinge zurücknehmen werde, die „ab einem bestimmten Datum“ illegal auf die Inseln reisten.

Von Genf aus schaltete sich der UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen, Said Hassan al-Hussein, in die Debatte ein und bezeichnete das gesamte Vorhaben der Rückführung aller Hilfesuchenden als illegal. „Internationale Garantien für den Schutz der Menschenrechte dürfen nicht umgangen oder verwässert werden.“

Doch schon zuvor hatte de Maizière Kritik an den geplanten Vereinbarungen mit Ankara zurückgewiesen und dazu aufgefordert, jetzt endlich zu „konstruktiven Schritten“ zu kommen. An denen würden sich wohl auch die bisherigen Widerständler aus dem Osten der EU beteiligen, sagte er weiter. Es gebe „erste Signale“ in diese Richtung, auch wenn sich vielleicht „am Anfang nicht alle beteiligen“.

Doch der Optimismus, den de Maizière zu verbreiten versuchte, wird nicht von allen geteilt. Insbesondere die umstrittene österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erwartet von der Türkei Vorleistungen, ehe man über einen „umfangreichen Katalog der Gegenforderungen“ redet. Vor allem aber erteilte sie den optimistischen Vorhersagen der Brüsseler Kommission eine Absage, die in ihrem Papier zur Rettung des Schengen-Systems von einem Ende der Grenzkontrollen schon im Mai gesprochen hatte: „Mir fehlt der Glaube, dass das gelingt.“ Besonders ein Punkt gilt in Brüssel als heikel: die Visaerleichterungen. Selbst de Maizière hatte schon erklärt, „vor dem Inkrafttreten einer Visafreiheit müssten alle Kriterien erfüllt sein“.

Die EU-Kommission scheint bereit, da tatkräftig mitzuhelfen. Sie hatte jüngst einen Bericht veröffentlicht, der dem Land große Fortschritte auf seinem Weg attestierte – vor allem seit den Flüchtlingsverhandlungen. Brüssel fordert beispielsweise, dass in biometrischen Pässen auch die Fingerabdrücke gespeichert werden. Zudem soll Ankara eine enge Zusammenarbeit mit den europäischen Strafverfolgungsbehörden und der Justiz zusichern.