Europawahlen laufen an – Niederländer und Briten machen den Auftakt

Foto: Arne Dedert/dpa

London/Den Haag. Das Abschneiden von zwei wichtigen euroskeptischen Parteien hat den Auftakt der viertägigen Europawahlen am Donnerstag bestimmt. Mit Spannung wurde erwartet, wie stark die rechtsgerichtete UKIP in Großbritannien und die anti-europäische Partei für die Freiheit (PVV) des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders werden würden.

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In Großbritannien rechneten Demoskopen mit deutlichen Gewinnen für die UKIP, die vor allem mit einem EU-Austritt und dem Thema Zuwanderung Stimmung gemacht hat. Erste Prognosen aus den Niederlanden sollten nach Schließung der Wahllokale am Donnerstagabend um 21.00 Uhr veröffentlicht werden. In Großbritannien war das nicht geplant.

Bei den Wahlen in den 28 EU-Ländern sind bis einschließlich Sonntag 400 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Das Gros der Unionsbürger wird erst an diesem Tag abstimmen. Erste EU-weite Prognosen werden am Sonntagabend von 22.00 Uhr an erwartet, Hochrechnungen und offizielle Ergebnisse erst nach Schließung der letzten Wahllokale um 23.00 Uhr in Italien. Die Spitzenkandidaten und Anwärter für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten werden sich voraussichtlich erst danach äußern. In Europa herrscht Sorge vor einem Erstarken rechtsextremer, populistischer und euroskeptischer Parteien.

Die Niederländer zeigten bis zum frühen Nachmittag wenig Interesse an der Abstimmung. Beim Kurznachrichtendienst Twitter erschienen zahlreiche Fotos von leeren Wahllokalen. Nach Informationen des niederländischen Fernsehens votierten bis dahin lediglich 15 Prozent der Wahlberechtigten. Bei der vorangegangenen Europawahl 2009 hatte die Beteiligung insgesamt bei knapp 37 Prozent gelegen.

Rund 12,5 Millionen Bürger waren in den Niederlanden aufgerufen, ihre 26 Abgeordneten für das Europaparlament zu bestimmen. Umfragen gingen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen der pro-europäischen, linksliberalen Partei D66 und der anti-europäischen PVV von Wilders aus.

Im traditionell europakritischen Großbritannien könnten die Rechtspopulisten ganz vorne liegen. Umfragen sahen die UKIP mit ihrem Vorsitzenden Nigel Farage mit bis zu 30 Prozent als stärkste politische Kraft. Die Briten bestimmen 73 der 751 Europaabgeordneten. Nach Angaben der Wahlkommission sollte es am Abend weder offizielle Angaben zur Wahlbeteiligung noch Prognosen geben.

Nach den Niederländern und den Briten sind am Freitag die Iren und Tschechen als nächstes bei der Europawahl an der Reihe. Im südöstlichen deutschen Nachbarland dürfte Umfragen zufolge die neue Bewegung ANO des Großunternehmers Andrej Babis ihren Höhenflug fortsetzen. Die Protestpartei liegt demnach als stärkste Kraft knapp vor ihrem Regierungspartner, den Sozialdemokraten (CSSD).

In Irland rechneten Demoskopen mit einem starken Abschneiden der linksgerichteten Sinn-Fein-Partei des ehemaligen IRA-Mannes Gerry Adams. Die Iren hatten in der Vergangenheit europäische Abstimmungen häufiger zum Protest gegen die Regierungspolitik in Dublin genutzt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel rief die Deutschen auf, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. „Die Bürger können durch die Wahl und ihre Stimme dazu einen Beitrag leisten, dass auch ihre Kinder und Enkel weiter in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben können“, sagte die CDU-Politikerin der „Nordwest-Zeitung“ (Donnerstag). In Deutschland planen ARD und ZDF am Sonntag kurz nach der Schließung der Wahllokale um 18.00 Uhr Prognosen und später auch Hochrechnungen.

Bei dieser Wahl gibt es ein Novum: Die Parteienfamilien haben erstmals für den wichtigen Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) bewirbt sich Jean-Claude Juncker, Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ist der Deutsche Martin Schulz.

Letzte Umfragen (Pollwatch und TNS Opinion) sehen derzeit die EVP mit 217 Mandaten als stärkste Fraktion im Parlament, gefolgt von den Sozialdemokraten (S&D) mit 199 bis 201 Abgeordneten.