EU setzt sich für die Zukunft hohe Ziele: Bis 2025 weltweit bestes Netz
Bekommen wir jetzt in der Europäischen Union eigentlich ein besseres Internet?
Die Ziele sind ehrgeizig: Bis 2025 soll in der gesamten EU das mobile Hochgeschwindigkeitsnetz für Smartphones mit dem 5G-Standard verfügbar sein. Im selben Jahr will die Gemeinschaft ein „weltweit führendes“ Glasfasernetz für das Internet schaffen, das große Datenmengen mit hohen Geschwindigkeiten übertragen kann. Die heutige Wirklichkeit macht es allerdings schwer, daran zu glauben. Vor allem in ländlichen Gebieten vieler Mitgliedstaaten gibt es nach wie vor „Funklöcher“. Deutschland hat sich vorgenommen, bis 2018 überall Breitbandleitungen mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit pro Sekunde zu garantieren. Das ist vom EU-Ziel weit entfernt.
Werden die Daten dann auch wirklich sicher sein?
Die wachsende Zahl von Hacker-Attacken war in Tallinn ein großes Thema. Nun soll unter dem Dach der Europäischen Kommission eine EU-Agentur für Cybersicherheit entstehen. Noch ist aber ungeklärt, welche konkreten Aufgaben diese Institution bekommt, weil auch die Europäische Polizeibehörde Europol in Den Haag sowie die Sicherheitsdienste der Mitgliedstaaten (in Deutschland das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie) zuständig sind.
In den baltischen Staaten gibt es längst eine elektronische Verwaltung. Wann kommt das auch in anderen EU-Ländern?
Gastgeber Estland hat natürlich stolz seine Errungenschaften präsentiert, und vom Grundsatz her sind die Staats- und Regierungschefs sich auch einig: Komplizierte Verwaltungsabläufe mit vielen Anträgen und Papier könnten digital stark vereinfacht und beschleunigt werden. Aber nicht nur Deutschland fehlen dafür die gesetzlichen Grundlagen und die notwendigen Sicherheiten, damit persönliche Daten geschützt bleiben. Das Recht des Bürgers auf seine Daten soll gestärkt und nicht geschwächt werden, heißt es im Schlussdokument des Spitzentreffens.
Wo steht Deutschland denn im europäischen Vergleich?
Im sogenannten Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (Desi), mit dem der Umstieg auf eine digitale Verwaltung gemessen wird, liegt die Bundesrepublik auf Platz 23. Die EU-Kommission selbst übrigens auch nur auf Platz elf. In Tallinn wurde dabei schmunzelnd angemerkt, dass der Kommissionspräsident nicht mal über ein Smartphone verfügt. Jean-Claude Juncker benutzt ein sehr altes Handy.
Was sind denn die Kernprobleme, die jetzt in Tallinn herausgearbeitet worden sind?
Da ist zum einen die Besteuerung der Internetkonzerne. Da diese ihren Hauptsitz häufig in Ländern innerhalb oder außerhalb der EU mit geringen Steuersätzen haben, ihre Dienste aber weltweit anbieten können, fehlen Grundlagen zur Erhebung staatlicher Abgaben. Die bisherigen Vorschläge, die Gewinne in den einzelnen Ländern zu errechnen, sind in der Union heftig umstritten. Als weiteres Defizit wurde die mangelnde Unterstützung digitaler Unternehmen benannt. Zwar gibt es Starthilfe für Start-ups, aber dann fehlen Instrumente zur weiteren Förderung. Das Ergebnis: Der Markt wird von US-Konzernen wie Facebook, Google, Apple oder Twitter beherrscht. Hier soll die Kommission nun konkrete Vorschläge ausarbeiten.
Wird der Datenschutz für die Europäische Union weiter ein zentrales Thema bleiben?
Ja. Aber die Diskussion verschiebt sich. Die Internet-Unternehmen fordern beispielsweise eine Klärung, welche Daten tatsächlich persönlich sind und welche auch durchaus öffentlich genutzt werden dürfen. Als Beispiel wird immer wieder das selbstfahrende Auto genannt, das schnelle Informationen zum Beispiel für die Navigation braucht, aber auch Daten über das Wetter oder die Verkehrssituation liefern kann. Da bricht eine spannende Diskussion über die Frage auf, welche unserer Informationen künftig offengelegt werden sollen, ohne einen effizienten Schutz unmöglich zu machen.