Berlin

Ein Viertel besitzt nichts: Deutschland bei Vermögensungleichheit in EU vorne

Wer zu den reichsten zehn Prozent Deutschlands gehört, besitzt netto mindestens 217.000 Euro – und mehr als ein Viertel der Bevölkerung hat nichts oder nur Schulden. Eine DIW-Studie kommt zum Schluss, dass es unter den Euro-Ländern in Deutschland und Österreich die höchste Vermögensungleichheit gibt.

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Private Haushalte in Deutschland verfügten 2012 über ein Nettovermögen von rund 6,3 Billionen Euro – pro Erwachsener im Schnitt 83.000 Euro und damit nur etwas mehr als zehn Jahre zuvor. Doch der Wert, der die reichsten 50 Prozent von den ärmsten teilt, lag bei 17.000 Euro – ein Indiz für erhebliche Ungleichheit.

An der ungleichen Verteilung hat sich wenig verändert. Zwei Wissenschaftler des mit staatlichen Geldern finanzierten Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommen in der Studie (PDF) zum Schluss, dass Deutschland bei der Ungleichheit den USA näher kommt als Frankreich.

Als Maß für die Ungleichheit der Vermögensverteilung haben die Wissenschaftler den Gini-Koeffizienten berechnet. Je höher dieser Wert im Bereich von 0 bis 1 ausfällt, desto größer ist die gemessene Ungleichheit. Deutschland kam 2012 auf einen Wert von 0,78. Deutlich darunter lagen etwa Italien mit 0,61 oder Frankreich mit 0,68, das im Durchschnitt des Euroraums liegt. In den USA betrug der Gini-Koeffizient 0,87.

Markus Grabka und Christian Westermeier haben für die Studie die neuesten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zur Vermögenssituation der erwachsenen Bevölkerung ausgewertet. Wer zum reichsten Prozent gehört, verfügte über ein Nettovermögen von mehr als 800.000 Euro. Dabei dürfte das tatsächliche Durchschnittsvermögen im obersten Hundertstel noch höher liegen, weil Superreiche nur unzureichend erfasst sind.

Einen großen Unterschied gibt es auch noch zwischen West und Ost und Männern und Frauen: So war das durchschnittliche Nettovermögen der Westdeutschen 2012 mit 94.000 Euro mehr als doppelt so hoch wie das der Ostdeutschen, die nur auf 41.000 Euro kamen. Männer besaßen im Schnitt 97.000 Euro, Frauen 27.000 Euro weniger. Am dramatischsten war die Situation Alleinerziehender mit einem Kind: 43 Prozent hatten kein Vermögen oder sogar nur Schulden.

Grabka und Westermeier halten ihre Ergebnisse vor allem mit Blick auf die Altersvorsorge für problematisch. Zwar hätten immer mehr Deutsche private Versicherungen, im Schnitt seien die 2012 aber nur 19.000 Euro wert gewesen. Ob damit die Absicherungslücken der Gesetzlichen Rentenversicherung geschlossen werden können, bleibe fraglich – zumal auch der Anteil der Personen mit Schulden zugenommen habe. Insbesondere Ostdeutsche, warnen die Wissenschaftler, hätten drohender Altersarmut mit ihren Privatvermögen kaum etwas entgegenzusetzen.