Berlin

Die Antragszahlen explodieren: Von der Lebensmittelkette bis zum Fußballstadion

Im Durchschnitt belaufen sich 23 Prozent der Stromrechnung jedes Verbrauchers auf Kosten für die Nutzung und Instandhaltung der Strom- und Gasnetze. Diese Netzentgelte sind nach den Kosten für die Stromerzeugung der zweitgrößte Posten in der Zusammensetzung des Strompreises.

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Die Kosten der Netzbetreiber werden wie die EEG-Umlage direkt an den Endverbraucher weitergegeben.

Der durchschnittliche 3-Personen-Haushalt muss aufgrund der steigenden EEG-Umlage und der erhöhten Netzkosten im kommenden Jahr mit Mehrkosten in Höhe von 90 Euro rechnen, schätzen Experten. Entsprechend verärgert Verbraucherschützer, dass Privatkunden die Netzentgeltkosten für Unternehmen mittragen müssen, die befreit werden, weil FDP und Union im vergangenen Jahr per Verordnung die entsprechenden Bestimmungen gelockert haben.

Welche Entwicklung die Neuregelung der Bundesregierung bereits heute nach sich zieht, lässt sich anhand von Statistiken leicht nachvollziehen: Die Bundesnetzagentur führt seit 2007 – für die Öffentlichkeit einsehbar – schließlich genau Buch über die Unternehmen, die eine Befreiung von den Netzentgelten beantragen.

Seit der Berliner Entscheidung, die Bedingungen zu lockern, sind die Zahlen der Anträge von Unternehmen auf eine Befreiung beziehungsweise Reduzierung der Netzentgelte förmlich explodiert. Im Doppeljahr 2007/2008 waren es 155 Anträge, 2009 nur 53, 2010 gab es 68 Anträge, 2011 bereits 958 und im Jahr 2012 bislang 1047. Nicht jedem Antrag wird stattgegeben, aber jeder stattgegebene Antrag erhöht die Rechnung des privaten Verbrauchers.

In der Liste der Bundesnetzagentur finden sich Unternehmen, die vermeintlich weder – entsprechend der Vorgabe – extrem stromintensiv arbeiten noch „atypisch“ Strom in den „Tagesrandstunden“ oder in der Nacht beziehen. Bankfilialen, eine Diözese, Lebensmittelketten, Bekleidungshäuser und sogar der Betreiber eines Bundesligastadions sind darunter.

Die Verfahren zu den „individuellen Netzentgelten“ gibt es hier: www.ku-rz.de/netzagentur

Von unserem Redakteur Volker Boch