CDU-Abgeordnete Granold: Die Union will „das Gute“ erhalten

Ute Granold.
Ute Granold. Foto: privat

Berlin/Rheinland-Pfalz – Eine Reihe von CDU-Politikern will das konservative Profil der Partei wieder schärfen. Die Mainzer Abgeordnete Ute Granold will in diesem neuen „Berliner Kreis“ kein Sammelbecken für Kritiker der Kanzlerin Angela Merkel sehen, im Gegenteil.

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Sie zählen zu den Unterstützern des „Berliner Kreises“. Wieso?

Ich bin sehr werteorientiert, und ich schaue mir bei allen Punkten, die bei uns in der Partei diskutiert werden, genau an, wie die Diskussion verläuft. Und dann trete ich zusammen mit denen, die in der jeweiligen Frage meine Haltung teilen, für meine Meinung ein. Aber der Kreis ist ja keine feste Vereinigung, sondern eher etwas lockerer als Netzwerk zu sehen.

Tut es der Partei gut, dass es jetzt einen Kreis gibt, der ihr konservatives Profil schärfen will?

Die CDU ist eine große Volkspartei, in der wir eine konstruktive Diskussionskultur pflegen. Und dass wir uns da aus den verschiedensten Ecken zusammentun, um unser Profil zu stärken, finde ich gut. Das gehört zur Demokratie und zu einer lebendigen Partei dazu.

Der Kreis hat es sich zum Ziel gesetzt, verprellte Konservative wieder an die Union zu binden. Ein notwendiges Anliegen?

Natürlich wollen wir möglichst vielen Menschen eine politische Heimat geben. Unsere Partei wurde moderner, wir haben uns weiterentwickelt, ohne wichtige Werte in unseren Programmen aufzugeben. Wir wollen das Gute, das Wertkonservative erhalten, aber auch mit der Gesellschaft gehen. Und diesen Prozess muss die CDU erklären, um alle mitnehmen zu können. Konservative Politik bedeutet ausdrücklich nicht, die Augen vor Fortschritt zu verschließen, sondern auf einer gesicherten Grundlage Neues richtig einzuschätzen und Fortschritt zu fördern.

Aber der Wähler erwartet doch von Ihnen eine klare Haltung. Wie sieht die aus?

Mir sind besonders christliche Werte wichtig. Immer wenn die politische Debatte Themen wie Patientenverfügung oder PID berührt – wenn es also um das elementare Wertefundament und den Schutz des Lebens geht –, sind diese christlichen Werte für mich zentral. Ich bin praktizierende Katholikin und habe als solche meine besondere Meinung zu Abtreibung und anderen sensiblen Themen. Da bin ich konservativ. Darüber hinaus ist das Eintreten für die Religionsfreiheit und hier besonders das weltweite Engagement für Christen in Not für mich als Menschenrechtspolitikerin ein zentrales Anliegen.

Nehmen Sie den Kreis als Kreis von Merkel-Kritikern wahr, die der „Sozialdemokratisierung“ der CDU etwas entgegensetzen wollen?

Nein, überhaupt nicht. Ich sehe das als eine Gruppe mit sehr unterschiedlichen Leuten, die sich auch für sehr unterschiedliche Themen einsetzen. Mit dem Kollegen Wolfgang Bosbach bin ich zum Beispiel in innenpolitischen Fragen nicht immer einer Meinung und schätze ihn doch sehr. Er ist mir aber in der Asyl- oder Flüchtlingspolitik zu restriktiv. Da habe ich einfach als Menschenrechtspolitikerin eine andere Perspektive.

Warum sind denn Konservative überhaupt enttäuscht von der CDU?

Wenn die Politik Antworten auf neue gesellschaftliche Entwicklungen geben muss, heißt das auch, die eigenen Positionen weiterentwickeln zu müssen. Wenn bei uns etwa das Thema Lebenspartnerschaften diskutiert wird, bekomme ich natürlich auch Zuschriften mit der Frage, warum die Union hier ihre Position geändert hat. In diesem Fall verweise ich dann auf das Bundesverfassungsgericht, das darüber entsprechend entschieden hat. Man muss die Menschen mitnehmen und das auch erklären, dann funktioniert es auch.

Das ist ja offenbar gerade bei der plötzlichen Energiewende und der Abschaffung der Wehrpflicht nicht so gut gelungen …

Ich habe entgegen vielen anderen in der Union immer für einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien geworben. Das ist für mich eine Frage der Nachhaltigkeit. Auch die Aussetzung der Wehrpflicht war vor dem Hintergrund der tief greifenden außen- und sicherheitspolitischen Veränderungen ein notwendiger Schritt. Gerade bei diesen beiden Themen ist es besonders wichtig, die Neuausrichtung zu erklären. In der Energiepolitik haben die tragischen Ereignisse von Fukushima ein schnelles Umdenken erzwungen und kaum Zeit für diesen notwendigen Prozess gelassen.

Kam die Wende also zu schnell für die Stammklientel der CDU?

Wie ich bereits gesagt habe, wurde die Energiewende ja durch die tragischen Ereignisse in Japan beschleunigt. Ich denke aber, dass es uns mittlerweile gelungen ist, die guten Argumente für diese Neuausrichtung auch unseren Stammwählern zu vermitteln.

Und wie stehen Sie zum Betreuungsgeld?

Die Einführung des Betreuungsgeldes ist auf ausdrücklichen Wunsch der CSU im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Ich selbst bin skeptisch, ob sich das Ziel der Initiatoren – die Schaffung wirklicher Wahlfreiheit für die Familien in der Frage der Kinderbetreuung – auf diesem Weg wirklich erreichen lässt.

Was ist denn von dem Kreis Ihrer Meinung nach noch zu erwarten?

Der Kreis wird sicherlich auch in Zukunft darauf hinarbeiten, in der programmatischen Diskussion eigene Impulse zu setzen.

Wollen Sie dabei noch eine Rolle spielen?

Ich habe bereits meinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur um mein Bundestagsmandat bekannt gegeben. Vor diesem Hintergrund werde ich die weiteren Aktivitäten des Kreises als externe Beobachterin verfolgen.

Das Gespräch führte Rena Lehmann