Berlin

Bundestag will Diäten an Entwicklung der Löhne anpassen

Die Bundestagsabgeordneten wollen sich offenbar ein neues Diätensystem geben - in der neuen Legislaturperiode. Vor der Wahl soll das Thema nicht mehr angegangen werden. 
Die Bundestagsabgeordneten wollen sich offenbar ein neues Diätensystem geben - in der neuen Legislaturperiode. Vor der Wahl soll das Thema nicht mehr angegangen werden.  Foto: dpa

Der Bundestag wird voraussichtlich nach den Wahlen die Abgeordneten-Diäten grundsätzlich neu regeln. Nach Informationen unserer Zeitung hatten Regierungs- und Oppositionsfraktionen in einer internen Rund „große Sympathien“ dafür, die Diäten an die Entwicklung der Bruttolöhne zu koppeln.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz

Zu Beginn dieses Jahres waren die Diäten auf 8252 Euro angehoben worden. Sie befinden sich damit derzeit auf dem seit vielen Jahren angestrebten, aber selten erreichten Niveau des Grundgehaltes von Richtern und Beamten der Besoldungsstufe R6/B6. Doch nach den Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst ziehen die Richter und Beamten zum 1. August schon wieder auf 8725 Euro davon. Die Einkünfte der Abgeordneten bleiben so lange konstant, bis der Bundestag selbst wieder eine neue Summe beschließt. So hatte es das Bundesverfassungsgericht bereits 1975 in seinem Diäten-Urteil festgelegt.

Kommission hat Vorschlagspaket erarbeitet

Eine unabhängige Expertenkommission unter Leitung des früheren FDP-Justizministers Edzard Schmidt-Jortzig hat auf Bitten des Bundestages nun ein Vorschlagspaket unterbreitet, in dem eine Index-Lösung den Kern bildet. Danach sollen die Diäten in einem ersten Schritt auf das aktuelle Niveau der R6/B6-Bezüge angehoben und dann an die jährliche Entwicklung der Bruttomonatsverdienste gekoppelt werden. Die Abgeordneten würden dann im Verhältnis genau so viel mehr oder weniger verdienen wie 89 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland.

Bei einer Diskussion dieses Vorschlages in der Rechtsstellungskommission des Ältestenrates fand diese Idee nach Teilnehmerangaben jetzt große Zustimmung quer über die Fraktionsgrenzen hinweg. Allerdings wollte die Runde erst noch weitere Vergleichszahlen zusammenstellen lassen. Die Kommission hatte nämlich entsprechend der Vorgaben des Verfassungsgerichtes angeregt, auch die sonstigen Orts- und Familienzuschläge der Beamten und Richter einzuberechnen. Das hätte dann eine neuerliche Diäten-Erhöhung um rund tausend Euro bedeutet. Die Runde hatte Zweifel, ob diese der Öffentlichkeit vermittelt werden könnte. Deshalb kam auch eine „abgespeckte“ Anpassung nur an das neue Grundgehalt der Beamten und Richter in Höhe von gut 450 Euro ins Gespräch.

Oppermann: Ergebnis vor Wahlen „eher unwahrscheinlich“

„Meiner Einschätzung nach werden entscheidungsrelevante Bewertungen erst in der kommenden Wahlperiode vorliegen und umgesetzt werden können“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, unserer Zeitung. Sein SPD-Kollege Thomas Oppermann sieht Chancen auf eine „einvernehmliche Lösung“, hält aber ebenfalls ein Ergebnis noch vor den Wahlen für „eher unwahrscheinlich“.

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen kann sich gut vorstellen, dass der Bundestag dem Verfassungsgerichtsurteil folgend künftig zu Beginn jeder Wahlperiode die Diäten an den so genannten Nominallohnindex bindet. „Das wäre dann jeweils eine eigenständige Entscheidung mit Bindungswirkung für die gesamte Legislaturperiode“, erläuterte van Essen. Bei einer allgemeinen Lohnsteigerung von 1,5 bis 2 Prozent bekämen die Abgeordneten dann zwischen 130 und 160 Euro mehr. Sollten die Löhne sinken, sänken auch die Diäten.

Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann hält eine neuerliche Diäten-Erhöhung zwar weiterhin für „weder erforderlich noch tragbar“. Doch schließt auch sie sich grundsätzlich dem neuen Modell an: „Künftig sollte die Entwicklung der durchschnittlichen Einkommen – also der Löhne, Renten und Sozialleistungen – der Maßstab zur Anpassung der Abgeordnetenentschädigung sein.“ Diese Indexlösung sollte „zügig weiterdebattiert“ werden. Vor allem wollen die Linken eine Neuregelung der Altersbezüge gleich mit beschließen. Als Zeichen einer solidarischen Finanzierung sollten die Abgeordneten umfassend in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme mit einbezogen werden.

Grüne wollen Abgeordneten-Bestechung mitregeln

Von Union, SPD und FDP kommt der Hinweis, dass auch die Expertenkommission selbst über ein künftiges Pensionsmodell keine Einigung erzielen konnte. Grünen-Geschäftsführer Volker Beck sympathisiert mit einem „Baukasten-System“, das aus schon erworbenen Ansprüchen der Abgeordneten, gesetzlichen Beitragszeiten und zusätzlicher privater Vorsorge bestehen könnte. Es ist für die Grünen aber nicht der einzige Bestandteil eines nach der Wahl zu schnürenden großen Gesamtpaketes. „Wir bestehen darauf, dass die Abgeordneten-Bestechung ebenfalls mit geregelt wird“, betonte Beck im Gespräch mit unserer Zeitung.