Alle wollen die Zweiten sein: Satirevideos als Antwort auf Trump

Über das Satire-Video eines niederländischen Komikers lachen Millionen Menschen weltweit. Die Trump-Imitation hat inzwischen Nachahmer von Dänemark bis Marokko. Alle wollen nur das Eine: die Zweiten sein.

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Amsterdam/New York (dpa) – Die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten war für viele ein Schock, doch für Komiker brachen goldene Zeiten an. «Er ist gut fürs Geschäft», sagt Gregory Shapiro der Deutschen Presse-Agentur in Amsterdam. Der amerikanische Comedian arbeitet in den Niederlanden und wurde durch ein Video schlagartig weltweit berühmt. Der 48-Jährige gibt den Trump im niederländischen Internet-Hit des TV-Satirikers Arjen Lubach.

Im Sprachstil des US-Präsidenten präsentiert Shapiro dabei die Niederlande unter dem Motto «America first – Netherlands second». Charakteristisches Beispiel: «Holländisch ist die beste Sprache Europas. Wir haben die besten Wörter. Alle anderen Sprachen haben versagt.» Das Video ist ein viraler Hit. Und Shapiro gibt «inzwischen mehr Pressekonferenzen als Trump selbst», wie er witzelt.

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Aber das ist längst noch nicht alles: Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann präsentierte in seiner Show «Neo Magazin Royale» eine deutsche Version. Darin wird der englische Text vom US-Synchronsprecher Shaun Streeter gesprochen, der Shapiro täuschend echt nachahmt. Inzwischen gibt es eine eigene Website für weitere Videos dieser Art (http://www.everysecondcounts.eu/). Abrufbar sind Beispiele etwa aus Kroatien, Bulgarien, Dänemark, Spanien und der Schweiz – und sogar aus Marokko oder Namibia. Ein Sonderfall ist Litauen: Dort will man gar nicht Zweiter sein, sondern gibt sich auch mit dem dritten Rang zufrieden.

Shaun Streeter haben die Satire-Videos den bisher wichtigsten Job seiner jungen Karriere verschafft. Erst hätten ihn die Autoren hinter dem dänischen Video angefragt und gebeten, Trumps Stil wie in der holländischen Vorlage nachzuahmen. «Ab da explodierte das Ganze irgendwie», sagt der 31-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Die Dänen hätten seine Kontaktdaten an die Macher hinter Böhmermanns Video weitergereicht, die wiederum hätten ihn an die Schweiz vermittelt – und so weiter.

Im Auftrag von rund zehn Ländern hat Streeter, der aus St. Louis in Missouri stammt und vor einem Jahr zu seiner Freundin nach Florida zog, nun schon den Präsidenten imitiert. Das Skript stand dabei meist vorab fest, er selbst habe nur hier und da ein «huge» (gewaltig) oder «believe me» (glaubt mir) eingefügt. «Ich liebe es, die Stimme von Dingen zu sein und Skripte durch Charaktere und Vorstellungskraft zum Leben zu erwecken», sagt Streeter.

Den Sprachstil Trumps, der oft mit einfachem Vokabular hantiert, beschreibt er als «sehr wiederholend». «Er nutzt eine Menge derselben Worte immer wieder und wieder, und das macht es einfach, ihn zu imitieren», erklärt Streeter. «Du wählst etwa zehn Wörter, die er wieder und wieder benutzt und egal, worüber er spricht, wird er diese Wörter verwenden.» Trumps Ton beschreibt der Synchronsprecher als «fast flüsternd» und fügt hinzu: «In seiner Stimme liegt eine Gelassenheit, wenn er spricht, aber gleichzeitig Entschlossenheit.»

Bisher hat Streeter die Stimme des US-Präsidenten vor allem für Gags gebraucht, etwa, wenn jemand einen Geburtstagsgruß in Trumps Stimme verschicken oder Trump als Spruch auf dem Anrufbeantworter haben wollte. Die Satire-Videos seien aber sein bisher wichtigstes Projekt, sagt Streeter. «Es ist wirklich wichtig, ein Teil davon zu sein, denn viele Menschen auf der Welt sind derzeit verunsichert. Und Humor ist eine großartige Art, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, aber auch zu sagen: Ihr seid nicht allein.»

Europa in Satire vereint

Shapiro, der seit 1994 in Amsterdam lebt und arbeitet, findet die Aktion fantastisch: «Es ist doch verrückt, dass ausgerechnet Satire nun Europa vereinigt». Er hofft, dass diese Initiative zu einer täglichen europäischen Satire-Show führt. Themen gebe es genug: «Brexit, Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland.» Er selbst macht zur Zeit auf YouTube und in einem Amsterdamer Comedy-Theater mit Trump Furore: «Angry white men: Trump up the volume», heißt seine Show.

Wenn man ihn sieht, schmal, freundliches Gesicht und braunes Haar, dann ähnelt er so gar nicht dem US-Präsidenten. Doch wenn der Mann aus Chicago anfängt zu reden und dazu die Hände auf Trumpsche Weise bewegt, krümmen sich die Zuschauer vor Lachen. Es sei schwieriger gewesen als er dachte, räumt der Amerikaner ein. «Trump kommt zwar aus New York, doch er spricht wie ein kalifornischer Surfer.»

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Shapiro imitiert auch nicht die Stimme von Trump, sondern seine Diktion, die oft einem 140-Zeichen-Tweet ähnelt. «Er beendet nie einen Satz», sagt der Komiker. «Es sind nur Bruchstücke, abrupte Objektwechsel, viele Superlative.» Und für alle, die es selbst probieren wollen, erklärt es Shapiro in einem Video-Ratgeber: «Wie man Trump imitieren kann, auch wenn man große Hände hat».

Von Annette Birschel und Johannes Schmitt-Tegge, dpa