Berlin

4 Cent fürs Tierwohl und ein gutes Gewissen! Sechs Fragen – sechs Antworten

Schwein gehabt: Längst nicht alle Tiere haben so viel Auslauf. Die Initiative Tierwohl will höhere Standards in der Fleischbranche. Foto: dpa
Schwein gehabt: Längst nicht alle Tiere haben so viel Auslauf. Die Initiative Tierwohl will höhere Standards in der Fleischbranche. Foto: dpa

Im hart umkämpften Lebensmittelmarkt wollen Landwirtschaft, Fleischhersteller und Einzelhandel höhere Standards bei der Tierhaltung verankern. Jetzt ist die Initiative Tierwohl startklar, aber wie? Sechs Fragen und sechs Antworten.

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1 Warum wird die Ernährungsbranche jetzt überhaupt aktiv?

Riesige Ställe mit Tausenden Schweinen oder Puten stehen nicht nur bei Tierschützern in der Kritik. Beim Einkaufen von Fleisch und Wurst fragen sich auch viele Verbraucher, unter welchen Bedingungen die Tiere gelebt haben. In einer Umfrage für das Bundesernährungsministerium sagten 44 Prozent, auf Standards zu achten. Orientierung bieten schon Logos, die Produkte kosten meist auch mehr. Der Massenmarkt ist dadurch allerdings noch nicht in Bewegung gekommen.

2 Was plant die Initiative?

Ausgelegt ist das System für die großen Mengen der Discounter und Supermarktketten. Die Handelsunternehmen zahlen demnach in einen Fonds ein, aus dem Landwirte für zusätzliche Leistungen gezielt honoriert werden. Vorgesehenes Volumen für die ersten drei Jahre: bis zu 195 Millionen Euro. Dabei geht es um Verbesserungen, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Bauern können freiwillig mitmachen, müssen sich dann aber kontrollieren lassen. Als Trägerin gründeten mehrere Branchenverbände eine „Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung“. Starten soll das neue System möglichst Anfang 2015 – für Schweine und wohl auch für Geflügel.


3 Wie sollen die Bonuszahlungen für Bauern funktionieren?

Pflicht für teilnehmende Höfe sind bestimmte Grundanforderungen, die pauschal mit 500 Euro Bonus pro Jahr vergütet werden. Dazu gehört, Angaben aus Befunden der Schlachthöfe in eine Datenbank zu speisen. Sie lassen Rückschlüsse auf Haltungsmängel zu. Dazu müssen Landwirte nach dem Baukastenprinzip Extrakriterien wählen, für die es jeweils Zuschläge gibt – etwa, dass nicht nur Fertigmischungen verfüttert werden, sondern Heu. Honoriert wird, wenn Bauern in offene Ställe mit viel Frischluft und Tageslicht investieren. Zusammenkommen müssen so Mindestbeträge, die pro Tier gezahlt werden: 1 Euro in der Ferkelaufzucht, 2 Euro für die Zuchtsauenhaltung und 3 Euro in der Schweinemast.

4 Was sagt der Handel?

Dabei sind alle Handelsriesen, die für 90 Prozent des Marktes stehen. „Mit der Initiative kommen wir den Wünschen der Verbraucher nach einem Mehr an Tierschutz nach“, heißt es bei der Metro-Gruppe, die mit ihren Real-Märkten vertreten ist. Aldi und Edeka verweisen auf ihre gesellschaftliche Verantwortung. In den Fonds zahlen die Händler 4 Cent je Kilo Schweinefleisch und Wurst ein. Dies bezieht sich auf ihre gesamte Verkaufsmenge.

5 Was ändert sich für Verbraucher?

Wie die Kunden in den Supermärkten informiert werden, ist noch offen. Sie sollen erkennen können, dass eine Kette bei der Initiative dabei ist, heißt es beim QS-Prüfsystem als Koordinator. Über ein Konzept wird diskutiert. Dabei spricht sich Lidl dafür aus, eine Teilnahme an der Initiative auf der Verpackung zu kennzeichnen.

6 Wie geht es weiter?

„Der Erfolg der Initiative wird entscheidend davon abhängen, wie die Kriterien für mehr Tierschutz konkret aussehen werden und wie viele Landwirte sich beteiligen“, sagt Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU). Laut Bauernverband dürfte ein gutes Viertel der 27 000 Schweinehalter zum Start dabei sein. Die Pläne werden noch vom Bundeskartellamt geprüft. Angestrebt wird, dass weitere Unternehmen der Lebensmittelproduktion einsteigen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält das System dagegen für unzureichend und zu wenig transparent.