Washington/Moskau

Rücksturz ins All: Nasa fliegt bald wieder ohne Russland

Der vom US- Flugzeuggigant Boeing entwickelte Transporter wird mit Hilfe einer Atlas- 5-Rakete ins All geschickt und kann bis zu sieben Passagiere oder eine Kombination aus Passagieren und Ausrüstung transportieren. Mit Hilfe von Fallschirmen und Airbags soll der „CST- 100“ auf Festland oder Meer landen können und bis zu zehn Mal wiederverwendbar sein.
Der vom US- Flugzeuggigant Boeing entwickelte Transporter wird mit Hilfe einer Atlas- 5-Rakete ins All geschickt und kann bis zu sieben Passagiere oder eine Kombination aus Passagieren und Ausrüstung transportieren. Mit Hilfe von Fallschirmen und Airbags soll der „CST- 100“ auf Festland oder Meer landen können und bis zu zehn Mal wiederverwendbar sein. Foto: dpa

Nach Jahren der Weltraum-Rivalität sind die USA und Russland zähneknirschend Partner geworden. Doch die Nasa setzt zum Befreiungsschlag an: Ab 2017 fliegt sie wieder selbst zur ISS. Der erfolgreiche Test des „Orion“-Frachters ist ein erster Schritt.

Lesezeit: 3 Minuten
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Von Christina Horsten und Wolfgang Jung (dpa)

Der vom US- Flugzeuggigant Boeing entwickelte Transporter wird mit Hilfe einer Atlas- 5-Rakete ins All geschickt und kann bis zu sieben Passagiere oder eine Kombination aus Passagieren und Ausrüstung transportieren. Mit Hilfe von Fallschirmen und Airbags soll der „CST- 100“ auf Festland oder Meer landen können und bis zu zehn Mal wiederverwendbar sein.

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Zeichnung der neuen bemannten Raumschiffe der Nasa für Flüge zur ISS. dpa

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Raumkapsel Orion mit einem Service Modul in der Erdumlaufbahn (Zeichnung). Grafik: dpa

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Raumkapsel Orion vor ihrem ersten Flug auf einer Delta IV Heavy.

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Start der Delta IV Heavy mit der Orion-Kapsel an der Spitze.

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Das Ziel der neuen Raumfahrzeuge: Die Raumstation ISS

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Die Abhängigkeit von Russland kratzt seit Jahren am Stolz der Raumfahrtnation USA. Seit die US-Shuttles 2011 aus Kostengründen eingemottet wurden, ist die Nasa beim Transport von Astronauten auf russische Sojus-Kapseln angewiesen. Das ist bei mehr als 50 Millionen Dollar (über 40 Millionen Euro) pro Flug auch für das Budget der US-Raumfahrtbehörde ein Problem. „Die bedeutendste Nation der Welt sollte bei der Raumfahrt nicht auf ein anderes Land angewiesen sein“, betont Nasa-Chef Charles Bolden bei jeder Gelegenheit – und setzt zum Befreiungsschlag an: Ab 2017 will die Nasa ihre Astronauten wieder selbst ins Weltall fliegen.

Zurück zur Kapsel

Neue Shuttles will die Nasa aber nicht bauen – ein Paradigmenwechsel für die Behörde, die ihre Transporter stets selbst entwickelt hat. Diesmal wird modern ausgelagert: Die US-Firmen Boeing und SpaceX haben den Zuschlag bekommen und erhalten Milliarden Dollar für die Entwicklung neuer, wiederverwendbarer Raumtransporter und mehrere Flüge.

Der Flugzeug-Gigant Boeing gilt als traditionsreicher, erfahrener und bewährter Partner und die 2002 vom smarten Unternehmer Elon Musk gegründete Raumfahrt-Firma SpaceX als ambitionierter Aufsteiger. Langfristig könnte die bisher auf sechs Mitglieder begrenzte Crew an Bord der Internationalen Raumstation ISS so auch ausgebaut und dort noch mehr Forschung betrieben werden, teilt die Nasa mit.

Raumfahrt ist noch immer riskant

Beide Unternehmen starten nicht bei Null, sondern arbeiten seit längerem an der Entwicklung. Boeing nennt seinen Transporter „CST-100“, der von SpaceX heißt „Dragon V2“. Gleich zwei Frachter zur Auswahl zu haben, bietet der Nasa mehr Platz für Raumfahrer und mehr Sicherheit, falls bei Entwicklung und Tests etwas schief läuft – wie im vergangenen Herbst. Damals explodierte erst der Frachter „Cygnus“ der US-Firma Orbital Sciences kurz nach dem Start, wenige Tage später starb dann beim Absturz des Raumschiffs „SpaceShipTwo“ ein Testpilot.

Trotz der Rückschläge: Die Nasa spart durch die „Teilprivatisierung“ Kosten und Kapazitäten, und die Raumfahrt-Unternehmen erhoffen sich ein neues Betätigungsfeld – den Weltraum-Tourismus. Bei jedem Transport könnte beispielsweise ein Besucher mit an Bord sein, der das Geld für sein teures Ticket an Boeing oder SpaceX überweist.

Missionziel: Mars

Ein Prestigeprojekt behält sich die Nasa zudem selbst vor: den Transporter „Orion“. Dieser sei für „noch ehrgeizigere Missionen“, stellt Nasa-Chef Bolden klar: „Menschen zum Mars zu schicken“. Ein erster Probeflug Anfang Dezember glückte, und die unbemannte Kapsel schlug nach viereinhalb Flugstunden wie geplant im Pazifik auf.

"„Orions“ Test ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg zum Mars„, twitterte die Nasa. Astronauten könnten damit tiefer in den Weltraum reisen als je zuvor. Der Testflug sollte unter anderem zeigen, ob die Elektronik an Bord der großen Reibungshitze standhält und die Fallschirme die hohe Fallgeschwindigkeit bremsen können.

Abschied vom Weltraum-Taxi „Sojus“

Der Abschied vom russischen Weltraum-Taxi Sojus hat für die Nasa schon lange höchste Priorität. Die blutige Krise in der Ukraine aber dürfte dem Plan größere Dringlichkeit verliehen haben. Demonstrativ hatte die Nasa ihre Zusammenarbeit mit dem russischen Staat, den die USA in der Ukraine als Aggressor sehen, teilweise eingestellt. “Im Weltraum ist es gerade einsamer geworden„, kommentierte das “Time„-Magazin. Bei dem mit Abstand wichtigsten Kooperationsprojekt, dem Betrieb der Raumstation ISS, solle es aber keine Abstriche geben, hieß es.

Russland sieht das ehrgeizige Programm der Nasa mit Freude und Skepsis zugleich. Zwar bringt jeder Transport eines US-Astronauten Millionen. Die Raumfahrtbehörde Roskosmos hat aber immer gewarnt, dass es fahrlässig sei, sich auf nur ein Raumschiff zu verlassen. “Ohne Sojus haben alle ein Problem„, sagt Leiter Oleg Ostapenko.

Hoch die internationale (Marsreise)

Das größte Land der Erde hat längst andere Ziele im Blick: Auch Russland will in absehbarer Zeit den Start einer bemannten Mission zum Mars. Ostapenko geht davon aus, dass eine solche historische Reise nur in Gemeinschaft möglich ist. Er rechnet daher auch mit den USA sowie mit Europa – und mit der aufstrebenden Raumfahrtmacht China. Hier ist die Nasa bisher zurückhaltend. Ostapenko ist aber optimistisch. “Die USA werden einsehen, dass niemand im Alleingang Menschen zum Mars und zurück bringen kann", meint der Roskosmos-Chef.