London/Darmstadt

Atemberaubend schön: Polarlichter bis Deutschland zu sehen

Polarlichter im Westhavelland. Foto: dpa
Polarlichter im Westhavelland. Foto: dpa

Auf den britischen Inseln sind Menschen verzückt von einem beeindruckenden Himmelsspektakel, in Deutschland hätten es auch viele Menschen sehen können – wenn das Wetter besser gewesen wäre und es nicht vielerorts so hell wäre.

Lesezeit: 3 Minuten
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Von unserem Redakteur Lars Wienand

Klarer Himmel, fast Neumond – und ein heftiger Sonnensturm waren die Zutaten: In der Nacht zum Freitag war vor allem auf der britischen Insel mit bloßem Auge ein eindrucksvolles Polarlicht-Spektakel zu bewundern, wie es das sonst so in Europa nur in Skandinavien und Island zu erleben gibt. In Deutschland war das Phänomen auch in Norddeutschland zu sehen, wenn der Himmel nicht zu bewölkt war.

Die frühere Nasa-Meteorologin Tamitha Skov staunte auf Twitter: Selbst am 43. Breitengrad in den USA war das Spektakel zu sehen. Von dort hatte jemand ein Foto geschickt. Das war aber bei weitem nicht so eindrucksvoll wie Bilder, die aus Schottland und England kamen:

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In Europa verläuft der 43. Breitengrad zwischen Mailand und Rom, Deutschlands südlichste Gemeinde Oberstdorf liegt nördlich des 47. Allerdings waren „Polarlichter“ im Herbst 2003 sogar auf den Kanaren und in Griechenland zu bestaunen gewesen.

Die Chancen für Polarlichter stehen im Elf-Jahres-Rhythmus besonders gut, erklärt Rainer Kresken, Ingenieur bei der Europäischen Weltraumagentur und Leiter der Sternwarte Starkenburg. Denn das Phänomen ist abhängig von der Sonnenaktivität – und da kommt es in diesem Turnus zu Jahren mit besonders heftigen Eruptionen. Wir leben in einem solchen Jahr – es gibt in den kommenden Wochen also noch Hoffnung auf weitere Sichtungen. Eine genaue Auch in den kommenden Tagen bleibt die Aktivität auf der Sonne hoch und es ist mit weiteren starken Ausbrüchen zu rechnen. Mit etwas Glück kann man also – sofern das Wetter mitspielt – auch in den nächsten Nächten Polarlichter beobachten. „Eine genaue Vorhersage ist indessen kaum möglich, denn das “Weltraumwetter„ ist noch weitaus schwieriger zu berechnen als unser irdisches Wetter“, heißt es von wetteronline.de.

Starker Sonnensturm und besondere Verhältnisse der interplanetaren Mangenetfelder müssen zusammentreffen, dann können die Teilchen von der Sonne mit Ionen in oberen Schichten der Erdatmosphäre die fluoreszierenden Prozesse auslösen. In der Nacht zum Freitag war ein „ziemlich intensiver“ (Kresken) Sturm durchgezogen – deshalb war das Phänomen auf einem viel breiteren Streifen auch weiter südlich zu bestaunen. Bei anderen Rahmenbedingungen gibt es keine Polarlichter, sondern der Funkverkehr wird gestört.

Jetzt kam günstig hinzu, dass der Neumond unmittelbar bevor steht. „Ich habe Polarlichter schon vom Stadtrand von Darmstadt aus gesehen“, sagt Kresken. „Aber dafür muss es schon sehr stark sein.“ Ist das Polarlicht schwächer, dann muss es dunkel sein, um das Phänomen wahrnehmen zu können. Am vergangenen Wochenende war diese Aufnahme im Nationalpark Westhavelland 100 Kilometer nördlich von Berlin gelungen:

Das ist eine der dunkelsten Regionen Deutschlands – und hat ebenso wie der Nationalpark Eifel gerade den Titel Sternenpark von der „International Dark Sky Association“ bekommen. „Möglich, dass die Polarlichter auch in der vergangenen Nacht bei klarem Himmel in der Eifel zu sehen gewesen wären“, sagt Harald Bardenhagen, Dozent der Astronomie-Werkstatt „Sterne ohne Grenzen“ und eine der treibenden Kräfte hinter dem Sternenpark Nationalpark Eifel“. Bardenhagen kämpft für ein noch weiter gehendes Sternenreservat in der Eifel, ein Schutzgebiet für Dunkelheit, in dem der Himmel – und die Menschen – so gut wie möglich vor künstlichem Licht bewahrt werden. „Im Umkreis von zwei Autostunden leben 20 Millionen Menschen, die unter stark verschmutztem Stadthimmel leben“, sagt er. Menschen, die im Sternenreservat mit funkelndem Himmel eine ganz andere Erfahrung vom Himmel und von Dunkelheit machen könnten.

Zwei Gemeinden – Schleiden und Heimbach – haben sich schon auf weitergehende Regeln eingelassen, um künstliches Licht einzudämmen, im Umkreis von 15 bis 20 Kilometer um den Park gibt es insgesamt rund zwei Dutzend, die für das Reservat mit ins Boot sollen.


Der National- und Sternenpark mit den angedachten Grenzen eines Sternenreservats. Grafik: Bardenhagen/Nasa/Google Earth Pro

Bardenhagen beobachtet, dass angesichts energiesparender LED-Technik in den Nächten die Dunkelheit noch mehr verloren geht. Ihm geht es aber nicht nur um den Blick zum Himmel. „Zu viel Licht bringt auch Mensch und Natur durcheinander.“

Autor:
Lars Wienand
(Mail, Google+)