Rheinland-Pfalz – Die Mainzer Rheingoldhalle war voll besetzt, selbst in den Nebenräumen drängten sich die Menschen: Den Aufritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Jahresempfang der rheinland-pfälzischen Wirtschaft wollte offensichtlich niemand verpassen, der einen Platz auf der Einladungsliste erhalten hatte.
„Danke, dass Sie mich noch einmal genommen haben“, meinte die wohl mächtigste Frau Europas augenzwinkernd, nachdem sie ans Rednerpult geschritten war. „Das ist ja schon etwas in Zeiten, die so unbeständig sind.“ Damit hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Die Bundeskanzlerin weilte immerhin schon zum dritten Mal beim Jahresempfang der hiesigen Unternehmer.
Wer darauf gehofft hatte, dass die Kanzlerin etwas Neues sagen würde, der hoffte vergebens. In ihrer Rede, die sie frei hielt, referierte sie altbekannte Positionen. Der Wirtschaft (und ihrer eigenen Regierung) schmeichelte sie mit dem Hinweis, dass Deutschland besser als seine europäischen Nachbarn aus der großen Wirtschafts- und Finanzkrise herausgekommen ist. Die Sorgen vieler Unternehmer griff sie auf, indem sie sich für bezahlbare Strompreise einsetzte. Wobei sie sich ein wenig Spott nicht verkneifen konnte. Es gebe ja Menschen, „natürlich nicht in Mainz“, meinte sie, „die beklagen sich über die hohen Energiepreise und haben eine Solaranlage auf dem Dach und sind an einem Windrad beteiligt“. Schließlich teilte sie im Jahr der Bundestagswahl auch gegen Rot-Grün aus, allerdings ohne polemische Schärfe.
„Die Besteuerung darf die Substanz der Unternehmen nicht angreifen. Sonst sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen“, meinte Merkel. Eine Vermögensteuer und eine höhere Erbschaftsteuer sind mit ihr nicht zu machen. Die Wirtschaftsvertreter dankten es ihr mit Applaus.
Die Kanzlerin beschrieb in ihrer Rede nüchtern, wie Deutschland zukunftsfest zu machen ist. Dabei hatte sie vor allem die Jugend im Blick. „Wir müssen alles unternehmen, dass alle, die dazu in der Lage sind, zu einem Berufsabschluss kommen“, warb sie. Ihre Sorgenkinder: die Menschen mit Migrationshintergrund. Wirtschaft und Politik müssen ihrer Ansicht nach darum ringen, „dass diese ähnlich gute Abschlüsse haben wie die, die schon lange in Deutschland leben“. Für die Kanzlerin ist das eine einfache Rechnung: Ohne das Engagement der jungen Migranten ist der demografische Wandel nicht zu bewältigen.
Am Ende ihrer 40-minütigen Rede erhielt Merkel reichlich Applaus, ohne gefeiert zu werden. Schlussredner Harald Augter, Präsident der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen, gab ihr kritische Worte mit auf den Weg. Für ihn wird der Mittelstand noch immer mit viel zu vielen Wettbewerbshemmnissen belastet. Er verwies auf 180 Steuergesetze, 70 000 Paragrafen und 96 000 Verwaltungsvorschriften. Seit dem politischen Abgang des CDU-Steuerexperten Friedrich Merz, monierte Augter, „ist nichts einfacher und unbürokratischer geworden“. Merz ging vor dreieinhalb Jahren.
Von unserem Redakteur Dietmar Brück