Wechselkurse manipuliert: Die Macho-Subkultur der Banker

JPMorgan
Auch JPMorgan gehört zu den betroffenen Banken. Foto: Justin Lane

„Der Markt regelt das“, lautet das Glaubensbekenntnis der Neoliberalen. Das hat er tatsächlich getan, aber auf eine andere Art und Weise, als die Apostel dieser „Glaubensrichtung“ es verkündeten. Mit massiven Preisabsprachen haben Händler die Finanzmärkte über Jahre ausgetrickst – sogar die Devisenmärkte.

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Von Erik Nebe und Hannes Breustedt

Frankfurt/New York. Die Protokolle sprechen Bände: „Ich sag dir, wenn wir fertig sind – halt es absolut geheim, Bruder.“ Die Chats der in den jüngsten Bankenskandal verwickelten Händler zeigen neue Abgründe der Branche auf. Die von der Schweizer Finanzaufsicht veröffentlichten Zitate offenbaren eine Macho-Subkultur, die an Gruppenchats bei Online-Killerspielen erinnert: „Das sind geile Hunde [...] krank, was die da machen“, heißt es zum Beispiel.

Die Götter der Hochfinanz

Kaum etwas im Finanzgeschäft scheint vor den selbsternannten Herren des Universums sicher gewesen zu sein. Geldwäsche, Insidergeschäfte, Zinsmanipulationen, dubiose Hypothekendeals – ein Skandal folgte in den vergangenen Jahren auf den anderen. Diesmal geht es um geheime Preisabsprachen: Per Knopfdruck verschieben einige wenige Händler von Banken binnen Sekunden Milliarden und nehmen damit massiven Einfluss auf Geschäfte von unzähligen Menschen und Unternehmen. Dabei spielten viele Banker offenbar nach ihren eigenen Regeln, um sich einen Vorteil für die Geschäfte ihrer Häuser zu verschaffen.

Spätpubertäres Gehabe mit globalen Folgen

Laut Ermittlungen der britischen Finanzaufsicht schlossen sich Händler verschiedener Banken in diskreten Kreisen zu Gruppen mit Namen wie „Das A-Team“, „Die drei Musketiere“, „The Players“ oder „1 team, 1 dream“ zusammen, um gemeinsam den restlichen Devisenmarkt auszutricksen. Aufsichtsbehörden in Großbritannien, den USA und der Schweiz verhängten nun Bußgelder von insgesamt knapp 4,3 Milliarden Dollar (3,5 Milliarden Euro) gegen die Citigroup, HSBC, JPMorgan, die Royal Bank of Scotland (RBS), die UBS und die Bank of America.

Das dürfte erst der Anfang sein: Analysten rechnen mit Gesamtstrafen im zweistelligen Milliardenbereich. Dabei schien gerade die Beeinflussung von Währungskursen praktisch unmöglich. Täglich werden rund 5 Billionen Dollar in diesem Bereich umgesetzt, allein das schiere Ausmaß sollte Manipulationen verhindern oder zumindest extrem schwer machen, hieß es lange von Experten. Als Argument wurde gern angeführt, dass selbst Notenbanken, die unbegrenzt Geld drucken können, kaum zuverlässig frei schwankende Devisenkurse kontrollieren können.

Kleinste Schwankungen erzeugten Riesengewinne

Ihnen genügten bereits winzige Kursveränderungen, um eigene Geschäfte zu fördern. Dazu sollen sie geschickt den kurzen Moment rund um das sogenannte Londoner Fixing von 16 Uhr genutzt haben, um sich abzusprechen. Bei dem Termin werden in exklusivem Kreis die Referenzkurse ermittelt, an denen sich dann die internationalen Währungsmärkte orientieren – Finanzgeschäfte in Billionenwert hängen von diesen sogenannten Benchmark-Daten ab.

Durch ihre Absprachen konnten die Händler dem Gesamtmarkt zuvorkommen – eine Praxis, die im Slang der Finanzprofis als „Front Running“ bezeichnet wird. „Nennt mich Legende! Front-Run-Legende“ – mit diesen Worten feierte sich ein UBS-Händler den Chatprotokollen zufolge nach erfolgreicher Marktmanipulation. Um das Vertrauen wiederherzustellen, bemühen sich die Banken um interne Verbesserungen. Allein die US-Großbank JPMorgan will in diesem Jahr 4 Milliarden Dollar in bessere Kontrollen stecken, bei der Deutschen Bank sind bis 2015 dafür 1 Milliarde Euro geplant.