Berlin/Rheinland-Pfalz

Kritik an Bundes- und Landesregierung: Warum der Ausbau der Windenergie stockt

Warum der Ausbau der Windenergie stockt Foto: picture alliance

Die Windenergie-Branche hat die Große Koalition zu einer raschen Lösung ihres Streits über einen schnelleren Ausbau von Ökostrom aufgefordert.

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Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen müssten schnell eingesetzt werden, um eine 2019 drohende Ausbaulücke zu mildern, sagte der Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Power Systems, Matthias Zelinger, in Berlin. „Was die Industrie benötigt, ist eine stringente Umsetzung in Ausschreibungsmengen und Ausbauzahlen.“

Der Präsident des Bundesverbands WindEnergie, Hermann Albers, forderte ein „grundsätzliches Bekenntnis“ der Politik zu dem Ziel, bis 2030 einen Anteil bei erneuerbaren Energien von 65 Prozent zu erreichen. Ende des ersten Halbjahres waren es laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gut ein Drittel (36,3 Prozent). Albers sagte, auf dem Weg zum Ziel bis 2030 sei ein „Einbruch“ der gesamt installierten Kapazität nicht akzeptabel.

Im ersten Halbjahr verlangsamte sich nach Branchenzahlen der Ausbau der Windenergie an Land im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 29 Prozent auf einen Bruttozubau von 1626 Megawatt oder 497 Anlagen. Das war erwartet worden, weil der Bund in den vergangenen Jahren Ausbauziele und Fördersystem geändert hat.

Streit in der Großen Koalition

Union und SPD streiten seit Wochen über einen Ökostromausbau mit Sonderausschreibungen. Die Union argumentiert, dass der schnellere Ausbau von je vier Gigawatt Wind- und Solarstrom an eine ausreichende Netzkapazität gekoppelt sein müsse. Es nütze nichts, wenn Windanlagen gebaut würden, diese aber nichts ans Netz angeschlossen werden könnten. Zudem wird in der Union auf den Widerstand in Teilen der Bevölkerung verwiesen. Der Ausbau der Windenergie soll eigentlich ein Beitrag dazu sein, Deutschland näher an sein Klimaschutzziel 2020 zu bringen – das ohnehin als nicht mehr erreichbar gilt. Albers sagte, die Energiewende scheitert derzeit nicht an den Kosten, sondern wird durch fehlende Genehmigungen ausgebremst. Es braucht laut Albers ein deutliches Signal aus der Hauptstadt für einen stabil ansteigenden Ausbaukorridor bis 2030.

Der Verband VKU betonte die Bedeutung der Verteilnetzbetreiber in Deutschland. Die 1,7 Millionen Kilometer langen Verteilnetze versorgten Deutschland schon heute mit Strom aus 1,6 Millionen Erneuerbare-Energie-Anlagen, mit Ausnahme der Windparks auf dem Meer. Stromverteilnetze brächten heute 50-mal so viele Anlagen ans Netz wie vor 17 Jahren.

Ärger auch in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz beklagt die Landesgeschäftsstelle des Bundesverbands WindEnergie, dass südliche Bundesländer nach wie vor damit kämpfen, sich beim Windenergieausbau durchzusetzen. Man beobachte den Trend, dass nördliche Länder Ausschreibungsverfahren eher für sich entscheiden könnten. Deswegen wirbt Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Baden-Württemberg und Thüringen für eine Regionalisierungskomponente – „damit eine gerechte und systemdienliche Ausgestaltung der dezentralen Energiewende gelingen“ kann, heißt es in einer Mitteilung. Bis Ende 2017 gab es laut Angaben des Verbands 1690 Windenergieanlagen in Rheinland-Pfalz.

Sandra Hook, Vorsitzende des Landesverbands, bezeichnet den Status quo der Windenergie im Land derzeit als „ein laues Lüftchen“: „Die dringend notwendige Korrektur, dass Genehmigungen vorerst Teilnahmebedingung zur Ausschreibung sind, habe in den letzten Ausschreibungsrunden für etwas Entspannung beim Ausbau von Windkraftanlagen geführt, es gilt dies zu einem Trend zu machen“, kommentierte sie. Hook meint, eine Erhöhung des Ausbauvolumens auf Bundesebene sei unumgänglich. Hinzu komme, dass im Land Flächen bereitgestellt und die Genehmigungssituation verbessert werden müsse.

Und sie sieht ein weiteres Problem: beim Thema Repowering der Windenergie. Gemeint ist damit, die begrenzte Lebensdauer von Windenergieanlagen, die laut Hook spätestens ab 2020 die Frage aufwirft, wie viele Anlagen im Land erneuert werden können. Die Vorsitzende appelliert an die Landesregierung Regelungen zu überdenken, andernfalls prophezeit sie: „Bleiben die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen, wird eine große Zahl an Windrädern abgebaut werden müssen.“