Berlin

Interview mit Mehdorn: Berliner Flughafen kostet 5,4 Milliarden

Der Berliner Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn verspricht eine strenge Kostenkontrolle bei dem Skandalprojekt. Jede Nachforderung müsse genau belegt werden, sagt er. Beim Thema Korruption kennt er keine Gnade.  Foto: dpa
Der Berliner Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn verspricht eine strenge Kostenkontrolle bei dem Skandalprojekt. Jede Nachforderung müsse genau belegt werden, sagt er. Beim Thema Korruption kennt er keine Gnade. Foto: dpa

Einen Termin für die Eröffnung des milliardenschweren Berliner Großflughafens will Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn nicht vor Ende des Jahres nennen. Zugleich verspricht er, dass der größte Teil der Kosten aus Eigenmitteln gestemmt wird. Hier das Interview:

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Wann wird der Großflughafen in Berlin fertig, und was wird er am Ende kosten?

Wir haben natürlich intern ein Ziel für die Eröffnung. Aber wir nennen nach drei Verschiebungen jetzt erstmals keinen Eröffnungstermin. Wir bauen diesen Flughafen Schritt für Schritt fertig. Spätestens Ende des Jahres sind wir so weit, einen Termin zu nennen, und der wird es dann sein.

Dieser neue Termin wird dann auch eingehalten?

Das garantiere ich. Das ist ja der Sinn der Übung. Wir werden erst einen Termin nennen, wenn wir sicher sind, dass wir ihn einhalten.

Dann wäre noch die Frage nach den Kosten offen.

Wir werden den Flughafen für 5,4 Milliarden Euro fertig bauen, so wie er heute geplant ist.

Von denen Sie erst 4,3 Milliarden genehmigt bekommen haben.

Richtig. Zurzeit sind wir bei 4,3 Milliarden Euro.

Und 1,1 Milliarden brauchen Sie noch?

Ja. Das sind aber nicht alles Mehrkosten. Wir bauen auch mehr Flughafen.

Was heißt das genau: mehr Flughafen?

Wir werden den Flughafen für 27 Millionen Passagiere bauen. Als vor vielen Jahren der Flughafen geplant war, standen 17 Millionen Passagiere und eine Summe von 2,5 Milliarden Euro im Raum. Wir bauen ihn jetzt deutlich größer für mehr Geld und ein bisschen mehr Zeit. In den 5,4 Milliarden sind auch noch 730 Millionen Euro Schallschutz enthalten, die aufgrund eines Gerichtsurteils dazugekommen sind. Wenn Sie aus einem Einfamilienhaus ein Zweifamilienhaus machen, braucht das auch mehr Geld und mehr Zeit.

Wer zahlt denn die 5,4 Milliarden Euro, der Steuerzahler?

Das zahlt nicht alles der rheinländische oder brandenburgische Steuerzahler und auch nicht der bayerische. Wir setzen zunächst Eigenmittel und Kredite ein, die die Flughafengesellschaft aufgenommen hat und selbst abbezahlen wird. Die Wehklage, der Steuerzahler zahle den ganzen Flughafen, stimmt so nicht. Natürlich ist da etwas, was der Bund und die Länder am Ende dazugeben, aber zum größten Teil zahlt die Flughafengesellschaft den BER selbst.

Sind in den 5,4 Milliarden die Nachforderungen von Baufirmen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro enthalten?

In dem Budget sind die Nachforderungen bereits drin, ja. Diese Nachforderungen erstrecken sich über die gesamte Bauzeit seit dem Jahr 2006. Rund 1 Milliarde ist längst beglichen und damit ein alter Hut. Das ist ganz normales Projektgeschäft und zeigt nur, dass der Flughafen im Lauf des Baus seit 2006 immer wieder erweitert wurde. Wir sind in der Vergangenheit Opfer des eigenen Erfolgs geworden: Die Fluggastzahlen steigen seit Jahren stärker als selbst unsere optimistischsten Prognosen. Der Rest der Nachforderungen wird sorgfältig geprüft. Bezahlt wird am Ende nur das, was auch gerechtfertigt ist. Es gibt also keine Mehraufwendungen durch Nachforderungen.

Ist eine Überprüfung der vielen Forderungen überhaupt möglich?

Klar. Jeder, der einen Auftrag von uns hat, hat eine Auftragsbeschreibung. Der muss Stundenzettel und Materialscheine vorlegen. Und das wird kontrolliert.

Klingt einfach.

Das Problem, das wir haben: Viele Firmen führen nicht ordentlich Buch und sagen dann, dass sie mehr Geld wollen. Und wenn wir fragen, wofür willst du das denn haben, dann zuckt er mit den Schultern. Und für Schulterzucken können wir kein Geld geben.

Zum Bau: Wo hängt es? Was ist die größte Baustelle?

Wir haben ein Problem, das ja hinlänglich kommuniziert wurde: Bei den Erweiterungen, die der Flughafen in seiner Bauzeit hatte – die Terminalfläche wurde um 50 Prozent erweitert, zusätzliche Rollwege und Vorfelder sind dazugekommen -, wurde die Brandschutzanlage nicht ordentlich nachgeführt. Das Baumanagement wurde nicht konsequent durchgezogen, und der Brandschutz war am Ende nicht abnehmbar, weil er zu kompliziert und unübersichtlich geworden war. Das heißt, dass wir die Anlagen in kleinere, leichter steuerbare Einheiten zerlegen und die Steuerung der Brandschutzanlage weitgehend neu aufbauen müssen. Und immer wenn wir was neu machen, brauchen wir eine neue Planung, und immer, wenn wir neu planen, brauchen wir eine neue Ausschreibung. Das dauert Monate.

Und die Brandschutzanlage ist der dickste Brocken?

Ja, die Brandschutzplanung ist der dickste Brocken.

Ist da nicht problematisch, dass mehrfach Planer rausgeschmissen wurden?

Es hat hier Wechsel gegeben, nachdem der Terminplan beim ersten Mal nicht hingehauen hat. Da wurde von der früheren Geschäftsführung entschieden, dem Generalplaner zu kündigen. Ja, da hat viel Know-how das Haus verlassen. Auch die gesamte Geschäftsführung ist mittlerweile ausgetauscht.

Und jetzt Technikchef Jochen Großmann.

Ja. Aber das haben wir nicht getan, weil wir meinten, wir müssten jetzt mal einen rausschmeißen. Wir mussten das tun, weil es einen Korruptionsverdacht gibt. Und beim Thema Korruption gibt es in unserem Haus null Toleranz. Der Fall lehrt leider wieder: Gegen kriminelle Energie ist man nicht immer gefeit. Ich glaube, dass es richtig war, in diesem Fall sofort die Staatsanwaltschaft einzuschalten und eine eigene Taskforce einzusetzen, die jetzt alle Vergaben durchleuchtet, an denen der unter Verdacht stehende Kollege beteiligt war. Und wenn da etwas Neues zutage gefördert wird, werden wir weitere Konsequenzen ziehen.

Das Gespräch führten Johannes Fischer und Birgit Marschall