San Francisco

Deckname „Titan“: Wagt sich Apple auf den Automarkt?

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Baut Apple ein Elektroauto? Die Gerüchte verdichten sich. Foto:  Daniel Bockwoldt

Jahrelang wurde über einen Apple-Fernseher spekuliert – aber es ist immer noch keiner auf dem Markt. Jetzt gibt es überraschend konkrete Medienberichte über Pläne für ein eigenes Auto. Zugleich könne Apple es sich aber auch noch anders überlegen, heißt es.

Lesezeit: 3 Minuten
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Von Andrej Sokolow (dpa)

Es wäre eine Sensation: Ein Auto vom iPhone-Konzern Apple. Schon seit Tagen wird darüber spekuliert, die Hinweise in Internet-Blogs waren zunächst bestenfalls vage, doch dann ließ das „Wall Street Journal“ eine Bombe platzen. Ein Apple-Team aus mehreren hundert Leuten arbeite in einem abgeschiedenen Labor an einem Elektroauto, schrieb das renommierte Wirtschaftsblatt. Konzernchef Tim Cook habe den Startschuss für das Projekt unter dem Decknamen „Titan“ schon vor fast einem Jahr gegeben.

iCar passt nicht zum bisherigen Apple-Konzept

Auf den ersten Blick passt ein eventuelles iCar nicht so recht zum Apple-Modell. Ja, der einstige Pionier im Markt der Personal Computer weitete sein Geschäft Schritt um Schritt auf Musikplayer, Smartphones, Tablets und Datenuhren aus. Aber alle diese Geräte haben gemeinsam, dass Apple sie letztlich als Computer in verschiedenen Formen entwerfen konnte. Bei jeder neuen Produktkategorie konnte Apple auf bisherigen Erfahrungen und Logistik aufbauen. Ein Fahrzeug würde einen viel größeren Neuanfang bedeuten.

Autos werden heute inzwischen zwar oft auch als rollende Computer bezeichnet. Allerdings gehört dazu auch die ganze Fahrzeugtechnik, in der die Autoindustrie über viele Jahrzehnte Wissen angesammelt hat – und Apple ein Branchenfremder wäre. Es sind rigide Sicherheitsvorschriften zu beachten. Die iPhones werden zu tausenden per Frachtflugzeug transportiert – Autos sind dagegen sperrig. Sie brauchen ein Netz aus Werkstätten und bei Elektroantrieb auch Ladestationen oder Batterie-Wechsler. Elektroautos besetzen schließlich immer noch nur eine kleine Nische – und die niedrigen Ölpreise nehmen aktuell den Druck für einen Umstieg.

Ich habe gar kein Auto? Aber die Gerüchte verdichten sich, dass Apple an einem Fahrzeug arbeitet, auch wenn Apple-Chef Tim Cook (Foto) sich noch zurückhält.
Ich habe gar kein Auto? Aber die Gerüchte verdichten sich, dass Apple an einem Fahrzeug arbeitet, auch wenn Apple-Chef Tim Cook (Foto) sich noch zurückhält.
Foto: dpa

Entwickelt ein Team von 1000 Leuten?

Das alles ließ Skeptiker die Gerüchte über ein Apple-Auto zunächst vom Tisch wischen. Schließlich beschränkte sich Apple bisher darauf, den Autoherstellern seine Carplay-Plattform zum Einbinden von iPhones anzubieten. Doch die Detail-Fülle des Berichts im „Wall Street Journal“ ist beeindruckend. Derzeit werde das Design eines Minivans entworfen, Projektchef Steve Zadesky dürfe ein Team von bis zu 1000 Leuten aus verschiedenen Apple-Bereichen zusammenstellen, an ein selbstfahrendes Auto werde derzeit nicht gedacht. Zugleich heißt es aber auch, Apple könne es sich noch anders überlegen und das Projekt stoppen.

Auch die „Financial Times“ berichtete von einem geheimen Autoteam, wenn auch weniger konkret. Zugleich zitierte sie jemanden, der jahrelang mit Apple zusammengearbeitet habe mit den Worten: „Vor drei Monaten hätte ich noch gedacht, es geht um CarPlay. Heute denke ich, es ist ein Auto.“

Autoexperten „under cover“

Auf einmal erscheinen einige Personalentscheidungen in einem anderen Licht. So hat der im vergangenen Jahr angeheuerte Star-Designer Marc Newson nicht nur Uhren entworfen – sondern auch einmal einen Prototypen für Ford. Der frühere Chef des kalifornischen Entwicklungszentrums von Mercedes-Benz, Johann Jungwirth, gibt seinen aktuellen Job bei Apple im Mac-Bereich an. Kann das nicht auch Tarnung sein?

Interessanterweise ließ ein ranghoher Apple-Manager bereits vor zweieinhalb Jahren fallen, dass der Konzern auch schon mal über ein Auto nachdachte. Nach dem Erfolg des 2001 gestarteten iPod-Players auch über eine Kamera oder ein Auto als mögliche nächste Produkte nachgedacht worden, sagte Marketingchef Phil Schiller im kalifornischen Patent-Prozess gegen Samsung bereits im August 2012. Unter den damaligen Ideen seien zum Teil „verrückte Sachen“ gewesen. Die Apple-Spitze um Gründer Steve Jobs habe sich schließlich für den Einstieg ins Handy-Geschäft mit dem iPhone entschieden.

Probieren geht über studieren

Der heutige Konzernchef Cook schürte selbst die Erwartungen im vergangenen September, als er in einem Fernsehinterview sagte, Apple entwickele Sachen, über die es noch nicht einmal spekuliert worden sei. „Wir arbeiten an Produkten, über die keiner etwas weiß.“ Zugleich schränkte er ein, Apple probiere viel aus. „Bei manchen Sachen werden wir sagen: “Wisst ihr, das stellen wir ein„.“