Berlin

Alle sollen automatisch einzahlen: „Extrarente“ als neues Modell

Von Eva Quadbeck
Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer zum Renten-Vorschlag
Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer zum Renten-Vorschlag Foto: picture alliance/dpa

Die Riester-Rente als staatlich geförderte private Vorsorge gilt seit Langem als wenig attraktiv. Wie sie reformiert werden soll, ist allerdings umstritten. Die Verbraucherschützer setzen auf ein neues staatliches Produkt.

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Mit einer „Extrarente“ soll laut einer Forderung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen der Markt der privaten Altersvorsorge attraktiver werden. Demnach könnten Arbeitnehmer künftig automatisch über ihren Arbeitgeber Beiträge für die Extrarente einzahlen. Es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich. In einer „Basisvariante“ sollen 4 Prozent des Bruttoeinkommens als monatliche Einzahlung vorgesehen werden. Möglich sein sollen Einzahlungen auch für Selbstständige.

Für die Unternehmen soll der Mehraufwand begrenzt sein, da das Geld über einen öffentlich-rechtlichen Träger am Kapitalmarkt angelegt werden soll. Der Vorteil im Vergleich zu herkömmlichen Riester-Produkten: Die Rendite kommt den Einzahlern ohne Abzug von Provisionen zugute. Für die Extrarente sollen dabei dieselben staatlichen Zuschüsse wie bisher für Riester-Produkte gezahlt werden. Die Organisation über den öffentlichen Träger reduziere Kosten im Vergleich zu gewinnorientierten Unternehmen. Kosten für Vertrieb entfielen ganz.

Die Idee ist nicht neu: Seit Jahren setzt sich die hessische Landesregierung für die sogenannte Deutschland-Rente als Alternative ein. Das Modell funktioniert ähnlich wie die Idee der Verbraucherschützer.

Idee kam aus Hessen

Der hessische Finanzminister begrüßte denn auch den Vorstoß des Verbraucherzentralen Bundesverbands: „Es spricht für die Idee, dass sie nun auch von den unabhängigen und an den Interessen der Bürgerinnen und Bürgern orientierten Verbrauchschützern aufgegriffen wird“, sagte Thomas Schäfer unserer Redaktion. Er hoffe, dass die von Hessen aus angestoßene Diskussion um ein staatlich organisiertes Standardprodukt der privaten Altersvorsorge nun in Berlin auch zu Ergebnissen führe. Auch Grüne und der Sozialverband VdK unterstützen den Vorstoß der Verbraucherschützer.

Weitgehend Konsens besteht darüber, dass es bei der privaten Altersvorsorge Handlungsbedarf gibt. Die Neuabschlüsse bei der Riester-Rente stagnieren, viele Verträge werden nur mit geringen Summen bespart. Durch die Riester-Produkte hat sich die Sparquote der Verbraucher zudem insgesamt nicht erhöht. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass ein „attraktives standardisiertes Riester-Produkt“ eingeführt werden soll.

Es ist kein Zufall, dass die Verbraucherschützer ausgerechnet jetzt ihre Idee offensiv bewerben. Im März 2020 soll die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Vorschläge zur künftigen Sicherung der Altersvorsorge vorlegen. Ein Neustart der privaten Vorsorge könnte Teil des Pakets werden.

Erst mal Riesterrente entrümpeln

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Carsten Linnemann (CDU), forderte hingegen eine Reform, die bei der Riester-Rente selbst ansetzt: „Bevor wir jetzt über lauter neue Rentenmodelle reden, sollte der Staat erstmal Riester radikal entbürokratisieren und damit attraktiver machen.“ Der Staat müsse die Produkte am Ende mit einem Stempel versehen und zertifizieren. „Die Riester-Rente ist mittlerweile fast schon zu einem Schimpfwort geworden.“

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärte zum Vorstoß des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, der Vorschlag löse keine der Herausforderungen für die Altersvorsorge. So setzten die Verbraucherschützer voll auf den Aktienmarkt, das Risiko müssten allein die Sparer tragen. Zudem ziele der Vorschlag in erster Linie auf Arbeitnehmer. Nötig sei aber eine Altersvorsorge unabhängig vom beruflichen Status.

Über die Zukunft der Altersabsicherung wird derzeit diskutiert, auch in einer Kommission der Bundesregierung. Dabei geht es neben der gesetzlichen Rente um betriebliche und private Vorsorge. Ein generelles Problem für private Vorsorgeangebote sind die anhaltend niedrigen Zinsen.

Von unserer Berliner Korrespondentin Eva Quadbeck