Frankfurt

Abschied von „Tante Ju“: Lufthansa streicht Flüge

Von Christian Ebner
Fliegendes Industriedenkmal: Der in den 1930ern populäre Passagier- und Transportflieger Ju 52 wurde bei Junkers in Dessau gebaut.  Foto: dpa
Fliegendes Industriedenkmal: Der in den 1930ern populäre Passagier- und Transportflieger Ju 52 wurde bei Junkers in Dessau gebaut. Foto: dpa

Ihr sonores Brummen am Himmel gehörte zum Hamburger Hafengeburtstag wie das Tuten der Schiffshörner: Als Deutschlands bekanntestes Oldtimer-Flugzeug ist die Ju 52 mit dem Kennzeichen D-CDLH (historisch D-AQUI) seit Jahrzehnten ein beliebter Werbeträger für die Lufthansa. Die stets gefragten Tickets für die Hamburger Hafenrunden und andere Einsätze wird es aber in Zukunft nicht mehr geben: Der Konzern hat die Passagierflüge mit der bald 83 Jahre alten Maschine aus Kostengründen gestoppt.

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„Der Flugbetrieb der Ju 52 wurde Jahr für Jahr mit hohen Beträgen bezuschusst. Ein wirtschaftlicher Betrieb war auch perspektivisch nicht zu erreichen“, begründet Lufthansa den unpopulären Schritt. Schließlich zählt der Veteran zu der Handvoll flugfähiger Maschinen des in den 1930er-Jahren populären Passagier- und Transportflugzeugs, von dem mehr als 9000 zivile und militärische Exemplare gebaut wurden.

Ob und zu welchen Anlässen das „fliegende Denkmal“ künftig abheben wird, ist noch nicht entschieden. Normale Fluggäste aber werden nicht mehr an Bord sein können. Tickets gibt es keine mehr, „gültige Gutscheine werden kulant erstattet“, heißt es bei der zuständigen Deutsche Lufthansa Berlin-Stiftung. Das neue Konzept muss noch erarbeitet werden, sagt Stiftungssprecher Wolfgang Servay.

Die im April 1936 ausgelieferte Ju wurde bei den Junkers-Werken in Dessau gebaut und ist nicht der einzige Oldtimer, der Lufthansa Sorgen bereitet. Bereits im vergangenen Jahr hat der Konzern wegen überbordender Kosten das Projekt eingestellt, im US-Staat Maine eine „Lockheed Super Star“ aus dem Baujahr 1957 wieder für Passagierflüge fit zu machen. Die auch als „Super Constellation“ bekannte Propellermaschine mit vier Motoren erwies sich als Fass ohne Boden, in das nach unbestätigten Berichten schon 100 bis 200 Millionen Dollar geflossen sein sollen.

Fehlende Pläne, aufwendige Neukonstruktionen und modernere Werkstoffe sowie komplexe Genehmigungsverfahren waren auch bei der einstigen „Königin des Nordatlantiks“ die Kostentreiber. Die fliegende Schönheit soll zerlegt und laut Stiftung noch in diesem Jahr nach Deutschland verschifft werden. Ob es je wieder abheben wird, ist fraglich und ebenfalls Gegenstand der ausstehenden Neukonzeption für die Lufthansa-Oldtimer.

Wie gefährlich der Betrieb alter Flugzeuge werden kann, zeigt der noch nicht restlos aufgeklärte Absturz einer mit 16 Passagieren und vier Crewmitgliedern voll besetzten Ju 52 im Schweizer Kanton Graubünden im vergangenen August. Niemand überlebte. An den Wrackteilen zeigten sich Rostschäden, die bei Routinekontrollen unentdeckt geblieben waren, so das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt, das der Gesellschaft Ju-Air den Betrieb mit zwei weiteren Ju 52-Flugzeugen bis auf Weiteres untersagte.

Die Lufthansa-Ju hat eine wechselvolle Geschichte mit Stationen in Norwegen, südamerikanischen Ölplattformen und US-Flugshows hinter sich. Die genaue Zahl der Flugstunden kennt niemand. Für die Lufthansa, die den Flieger auf Initiative begeisterter Piloten 1984 zurückkaufte und umfassend restaurierte, hat sie rund 11.500 Stunden absolviert. Aktuell steht die „alte Tante“ in einem Hangar in München und wird während der „Winterliegezeit“ repariert. Zuletzt wurde ein Schaden an der Motoraufhängung festgestellt, das Ersatzteil muss eigens gefertigt werden. „Das kann man ja nicht einfach beim Hersteller bestellen, sondern muss es mit hohem Ingenieursaufwand neu entwickeln“, schildert Servay einen wichtigen Grund für die hohen Kosten. Bei solchen Aktionen ist stets auch das Luftfahrtbundesamt als Aufsicht und Zulassungsbehörde mit im Spiel.

Wer mit der Ju 52 fliegen will, kann das über andere Anbieter, etwa ab Mainz-Finthen, der Flugplan: www.ju52rundflug.de/fluege/

Von Christian Ebner