Wichtige Daten und Passwörter verwahren und vererben: Digitalen Nachlass mit „Somnity“ regeln

Schon vor dem Tod sollten Internetnutzer festlegen, wer sich um Accounts bei Facebook und Co. kümmert.
Schon vor dem Tod sollten Internetnutzer festlegen, wer sich um Accounts bei Facebook und Co. kümmert. Foto: dpa-tmn

Etwa alle drei Minuten stirbt in Deutschland ein Facebook-Nutzer. Während sich Verwandte und Bestatter um die Verwaltung des weltlichen Nachlasses kümmern, lebt der Verstorbene im Netz weiter. So zum Beispiel auf Social-Media-Accounts, bei Online-Versandhäusern, Streamingdiensten und als Inhaber von Online-Konten für Strom- oder Telefonverträge. Die Regelung dieses digitalen Nachlasses stellt Angehörige häufig vor große Probleme. Das Verwahren und Vererben von Daten und Passwörtern zu Lebzeiten hätte ihnen geholfen. Unter anderem bietet das neue Unternehmen somnity.de einen sogenannten „Datensafe“ dafür an.

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Beim Vererben digitaler Daten sind 70 Prozent der Deutschen die Zugangsdaten zum Onlinebanking am wichtigsten.
Beim Vererben digitaler Daten sind 70 Prozent der Deutschen die Zugangsdaten zum Onlinebanking am wichtigsten.
Foto: YouGov/DEVK 2016

Als Opa starb, hinterließ er auf seinem Dachboden kistenweise Fotos und alte Briefe, ein paar Dokumente und sein Testament. Wer heutzutage Angehörige verliert, steht vor der Aufgabe, auch den digitalen Nach­lass abzu­wickeln. Denn auch der geht an die Erben über. Er muss Nutzer­konten auflösen und Online-Verträge kündigen, um Abbuchungen zu stoppen. Er wird sich allerdings fragen: Was hat der Verstorbene bloß alles online abgewickelt, und wie bekomme ich Zugriff auf seine Konten? Wo hat er wertvolle Erinnerungen, wie zum Beispiel Fotos und Videos, gespeichert? Von mehr als 2.000 Befragten haben fast 1.960 Personen ihren digitalen Nachlass nicht geregelt. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der DEVK Versicherungen.

Mit einem sogenannten Datensafe, wie zum Beispiel dem von Somnity, kann Abhilfe geschaffen werden. Dort können zu Lebzeiten wichtige Daten und Dateien hinterlegt werden, zu denen nur ausgewählte Personen Zugriff haben. Denn auch die Verbraucherzentralen sehen mit wachsender Computer- und Internetnutzung wachsende Probleme. „Beim Thema digitales Erbe tauchen zahlreiche juristische Fragestellungen und Probleme auf, für die es bislang keine klaren gesetzlichen Regelungen gibt“, bilanziert Ulrike von der Lühe von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Hinweise dazu, was nach dem Tod eines Nutzers mit dessen Konto passiert, hat die Verbraucherzentrale bei einem Test auf den meisten Webseiten vergeblich gesucht. Der rheinland-pfälzische Verbraucherschutzminister Gerhard Robbers sieht zwar gesetzgeberischen Änderungsbedarf, ist aber auch der Meinung, dass beim Verbraucher das Problembewusstsein geschaffen werden muss, damit der sein digitales Erbe rechtzeitig regelt. Auf der Webseite machts-gut.de können Nutzer testen, wie es um ihre Vorsorge in Sachen Digitales Erbe steht.

Das Problem bei E-Mails ist zum Beispiel: Der Provider ist an das Telekommunikationsgeheimnis gebunden, das Sender und Empfänger schützt. Für den Provider ist es also gar nicht so einfach zu sagen: Lieber Erbe, hier hast du die Passwörter, schau dir das selbst an. Vorsorge ist also ratsam: Ein digitales Testament ist heutzutage genauso wichtig wie das herkömmliche Testament – es sollte schon in jungen Jahren angelegt und immer wieder aktualisiert werden.

Wie funktioniert der Datensafe von Somnity?

Wer seine Daten sichern möchte, meldet sich über die Webseite somnity.de an und lädt ein Programm herunter. Damit können die gewünschten Daten (Fotos, Dokumente, etc.) per Mausklick in den persönlichen Safe hineinkopiert werden. „Die Daten werden lokal auf dem eigenen Rechner verschlüsselt, an unser Rechenzentrum übertragen und danach wieder aus diesem persönlichen Safe gelöscht“, erklärt Michael Brück, Geschäftsführer von Somnity. „Das ist der Vorteil der sogenannten AES-Verschlüsselungstechnologie.“ So sollen Hacker weniger Angriffsmöglichkeiten haben als beim Hochladen von Daten über Browser. Für Passwörter gibt es bei Somnity einen Passwortmanager. Sie müssen also nicht in einer Liste gesammelt und hochgeladen werden.

Der Nutzer bekommt ein Zertifikat per Post zugeschickt, welches er an einem sicheren Ort, zum Beispiel beim Testament, aufbewahren kann. Dort stehen auch die Kontaktdaten zu Somnity für die Angehörigen drauf. „Das Programm, die entsprechende Entschlüsselungssignatur und schließlich die verschlüsselten Daten erhalten die Erben dann nach Authentifizierung über dieses Zertifikat und nach Vorlage von Sterbeurkunde und Erbschein“, so Brück weiter. Ob das Angehörige oder Geschäftspartner sind, sei dabei völlig egal.

Sieben Jahre zahlt der Nutzer für seinen Datensafe bei Somnity. Für das 5GB-Starter-Paket (verschiedene Datenvolumina und Anzahl von zugangsberechtigten Erben sind möglich) sind das 263,50 Euro (inkl. einmalige Anmeldegebühr), dafür bekommt er lebenslangen Service, versichert Brück. So muss ein heute 20-Jähriger nicht Jahr für Jahr zahlen, bis er mit vielleicht 85 Jahren verstirbt. Apropos versichern: „Das Programm und das Rechenzentrum werden vom TÜV auf ihre Sicherheit geprüft und nach ISO 27001 zertifiziert“, erklärt der IT-Spezialist. „Wir benutzen die höchst mögliche Verschlüsselung auf deutschen Servern.“

Natürlich haben Brück und sein Team Konkurrenz. Beispiele sind etwa digitaler-nachlass.com oder Columba. Ersteres hilft allerdings nur beim Retten und Wiederherstellen von Daten nach dem Tod eines Angehörigen. Es erstellt auf Vorlage des Erbscheins Gedenkseiten in sozialen Netzwerken oder löscht Daten von Geräten, die veräußert werden sollen. Bei Columba beauftragt der Bestatter die Recherche nach Nutzerkonten sowie die Abmeldung und Löschung von Internet-Profilen oder die Kündigung von Verträgen. Der Kunde kann die teils ja auch intimen Daten so nicht selbst recherchieren, sichern oder ändern.

Auch der Internetriese Google mit seinen verschiedenen Tools hat sich etwas einfallen lassen. Nutzer haben die Möglichkeit, Berechtigte zu bestimmen, die Zugriff auf Konten bekommen. Über den „Kontoinaktivität-Manager“ können Dritte benachrichtigt werden, wenn ein Konto einige Zeit nicht verwendet wurde. Die Kontaktperson des Vertrauens muss sich mit einer Telefonnumer authentifizieren. Außerdem können Nutzer einstellen, dass der Account bei Inaktivität komplett gelöscht wird.

Die Macher von Somnity wünschen sich jedenfalls, dass mehr Menschen auch in jungen Jahren bereits über ihren Digitalen Nachlass nachdenken und keine Scheu haben, Kontakt aufzunehmen. „Bei dem Wust an Konten, den man heute im Netz hat, verliert man einfach schnell den Überblick – und Angehörige erst recht“, warnt Michael Brück.

Von unserer Redakteurin Jennifer de Luca