Düsseldorf

Der „Zeit“ voraus: Grimme-Preis geht an Twitterer

Wie viele Seiten braucht man für eine Kurzgeschichte? Florian Meimberg reichen 140 Zeichen, für die er dann aber manchmal Wochen benötigt: Meimberg schreibt seine Kurzgeschichten bei dem manchmal noch belächelten Kurznachrichtendienst Twitter. Und das so gut, dass er jetzt den Grimme Online Award bekommen hat.

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Düsseldorf. Wie viele Seiten braucht man für eine Kurzgeschichte? Florian Meimberg reichen 140 Zeichen, für die er dann aber manchmal Wochen benötigt: Meimberg schreibt seine Kurzgeschichten bei dem vielfach noch belächelten Kurznachrichtendienst Twitter. Und das so gut, dass er jetzt den Grimme Online Award bekommen hat.

In der Länge eines Tweets, wie die Kurznachrichten heißen, ist wenig Platz für Dramaturgie und große Spannungsbögen. Aber genau das ist die Herausforderung: Die winzigen Geschichte müssen Leser dazu animieren, sich eine vollständige Szene vorzustellen. Das Vor- und Nachher muss dazugedichtet werden – Kopfkino eben, wie auch die Jury unter anderem die Auszeichnung für Meimberg begründet: „Die Tiny Tales entfalten sich dabei erst im Kopf, aus den wenigen Zeichen entstehen Gedanken und Bilder, die die Geschichte komplettieren.“. Die Leser werden gefordert – die Stimmung einer Geschichte kann sich nach dem dritten Lesen plötzlich ändern . Die Beschränkung wird somit zur Stärke. All das schafft Meimberg in Tweets wie: „Sämtliche Staatschefs hatten den globalen Pakt unterzeichnet. Es herrschte Weltfrieden. Am 3. Tag der Feierlichkeiten kamen die Meteore.“ Ähnlich wuchtig sind viele seiner bald 150 Kurzgeschichten.

Mit seinem Twitteraccount konnte sich der 35-jährige Düsseldorfer gegen den Riesen „Zeit.de“ durchsetzen, das Onlineangebot der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Jury bat ihn dabei um Nachsehen, dass die Begründung aus ingesamt 10 Tweets bestand: 140 Zeichen würden nicht reichen.

Für Meimberg ist dabei das Schreiben seiner pointierten Tweets nur ein Hobby. Seit Oktober 2009 twittert er seine Geschichten. Ein Rezept hat er dabei nicht: „Mal fällt mir spontan etwas ein, manchmal braucht eine Geschichte länger.“ Ob auf der Straße, unter der Dusche oder sogar im Schlaf, wenn er träumt – überall kann ihn ein Geistesblitz treffen, erzählt er. „Ich habe meist ein Notizbuch dabei – das liegt auch neben dem Bett – um meine Ideen schnell festhalten zu können.“

Sein Job als Werberegisseur ist es, Geschichten sehr verdichtet zu erzählen. Außerdem sei er bekennender Twitter-Junkie. Beides zusammen brachte ihn vor 9 Monaten auf die Idee zu „Tiny Tales“ – und die wurde jetzt belohnt: „Das Telefon steht seit der Preisverleihung nicht mehr still.“, lacht er.

Yannick Schiep