Hannover

Zigeunersoße bleibt Zigeunersoße – Verband scheitert mit Beschwerde

Ein Verein von Sinti und Roma möchte, dass die "Zigeunersoße" umbenannt wird.
Ein Verein von Sinti und Roma möchte, dass die "Zigeunersoße" umbenannt wird. Foto: Sascha Ditscher

Ein Verein von Sinti und Roma in Hannover ist mit seinem Vorstoß, die Soße wegen des diskriminierenden Begriffs umzubenennen, vorerst gescheitert.

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Die Hersteller lehnen eine Umbenennung unter Verweis auf die lange Tradition ab. Auch Verbände der Minderheit gehen auf Distanz. „Dass jemand allen Ernstes eine solch hanebüchene Beschwerde erhebt war für uns bisher nicht vorstellbar“, reagierte der Bundesrat der Jenischen Deutschlands. Die Stadt Hannover bekräftigte indes ihre bereits früher beschlossene Verbannung der Begriffe Zigeunersoße und Zigeunerschnitzel von den Speisekarten städtischer Kantinen.

In Hannover ist der Begriff längst verbannt

In Hannover ist seit mehreren Jahren nur noch die Rede von „Schnitzel Balkan Art“ oder „Schnitzel Budapester Art“. Dieser Verzicht auf den Begriff Zigeunersoße ist jedoch ein Einzelfall. Es sei nichts von weiteren Kommunen bekannt, die aus Gründen einer möglichen Diskriminierung eine solche Regelung getroffen hätten, teilte der Deutsche Städtetag am Dienstag in Berlin mit.

Die Soßehersteller betonten, dass sie jede Form von Diskriminierung ablehnten. Bei der Zigeunersoße aber handele es sich um einen schon 1903 verwendeten Begriff, mit dem die Verbraucher eine bestimmte Geschmacksrichtung in Verbindung brächten, sagte der Geschäftsführer des Verbandes der Hersteller kulinarischer Lebensmittel, Markus Weck. Der Begriff werde durchweg positiv aufgenommen. Eine entsprechende Stellungnahme verbunden mit einem Gesprächsangebot habe der Verband an den Anwalt des „Forum für Sinti und Roma“ in Hannover geschickt. „Wir haben nichts mehr von der Sache gehört und das zu den Akten gelegt“, meinte Weck.

Nationalsozialistischer Hintergrund

Im August hatte der Verein der Sinti und Roma Hersteller angeschrieben und um eine Umbenennung gebeten – „pikante Soße“ etwa war als alternativer Begriff im Gespräch. Er fühle sich angesichts des Leids seiner Familie in Konzentrationslagern diskriminiert und beschimpft, hatte der Vorsitzende Regardo Rose erklärt. Zudem habe die Sauce keine kulinarischen Wurzeln in der Küche der Roma und Sinti, sondern eher in Ungarn.

Das Stigma, als sogenanntes Zigeunervolk zu gelten, habe für unzählige Jenische während des NS-Terrors den Tod bedeutet, erklärte der Vorsitzende des Bundesrates der Jenischen, Timo Adam Wagner. Dennoch müsse man in Sachen Zigeunersoße die Kirche im Dorf lassen. „Mal ganz im Ernst, was kommt denn dann als nächstes? Sinti & Roma-Sauce? Oder das Sinti & Roma-Schnitzel?“, fragte er. Zuvor hatte schon der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärt, dass eine Umbenennung unsinnig sei. Dies ziehe die eigentlichen Anliegen der Roma und Sinti ins Lächerliche.

Sinti und Roma wollen Gutachten

„Wir sind jetzt bemüht, die Sache durch einen Sprachforscher begutachten zu lassen“, erklärte Anwalt Dündar Kelloglu, der dem „Forum für Sinti und Roma“ bei seinem Anliegen zur Seite steht. Erst danach sollten nächste Schritte überlegt werden, um nicht auf gut Glück eine Klage zu erheben. Ein Wissenschaftler für die Expertise werde noch gesucht.

Lob hat Kelloglu unterdes für Hannover, weil die Stadt Zigeunersoße und -schnitzel schon seit mehreren Jahren von der Karte genommen hat. „Für unsere Küchenchefs ist es seit langem überhaupt kein Problem, einen anderen Namen für das Gericht zu finden“, sagte ein Stadtsprecher am Dienstag. Die Debatte über ein Verbot sei zum Anlass genommen worden, erneut an die Regelung zu erinnern.