Nürnberg
"Wetten, dass ..?": Biederes Ende für die Kult-Show

Till Schweiger begleitete Samuel Koch. Für Koch war es der erste Auftritt nach seinem Unfall vor vier Jahren.

dpa

Nürnberg. "Wenn irgendwas einen Atomschlag überlebt, dann Kakerlaken und ‚Wetten, dass ..?’" Diesen Satz hätte vor 20, ach was, vor 10 Jahren jeder von uns unterschrieben und fest gehofft, dass Thomas Gottschalk auch noch in 100 Jahren der versammelten Familie am Samstagabend Diskussionsstoff wegen seines skurrilen Aufzugs liefert.

Lesezeit 8 Minuten

In der letzten Sendung von "Wetten, dass...?" treten "Die Fantastischen Vier", im Bild zu sehen sind (von links) Thomas D., Smudo und Michi Beck, treten am 13.12.2014 in der 215. ZDF-Show "Wetten, dass..?" in Nürnberg (Bayern) auf. Der Showklassiker wurde nach fast 34 Jahren eingestellt. Foto: dpa

Auf dem "Wetten, dass...?"-Sofa hat schon so mancher Star aus Deutschland und der Welt gesessen. In der letzten Sendung waren unter anderem die Comedians Otto Waalkes (von links), Bully Herbig und Elton dabei. Foto: dpa

Helene Fischer bei ihrem Auftritt. Neben. Sie und Katarina Witt waren an diesem Abend die einzigen Frauen, die auf der Couch saßen... Foto: dpa

Popschlagersternchen Helene Fischer. Foto: dpa

Die Comedians Otto Waalkes (von links), Bully Herbig, Elton, Moderator Markus Lanz, die frühere Eiskunstläuferin Katarina Witt und der ehemalige österreichische Skirennläufer Hermann Maier in der ZDF-Show "Wetten, dass..?" in Nürnberg. Foto: dpa

Die Wette der Cheerleader begeisterte. Foto: dpa

Moderator Markus Lanz im Gespräch mit Hollywood-Star Ben Stiller. Foto: dpa

Zu jeder "Wetten, dass..."-Sendung gehört auch eine spektakuläre Außenwette. Foto: dpa

Wettkandidat Dave Janischak (von links) mit Markus Lanz und Ben Stiller. Foto: dpa

Der Graf von Unheilig. Foto: dpa

Samuel Koch, der in Neuwied geboren wurde, im Gespräch mit Schauspieler Til Schweiger (l.), Moderator Markus Lanz (r.). Foto: dpa

Samuel Koch war im Jahr 2010 bei einer Wette verunglückt - und sitzt seither im Rollstuhl. Foto: dpa

Mit Moderator Markus Lanz endete die ZDF-Kultsendung am Samstagabend - für immer. Foto: dpa

1 / 13

Von unserer Reporterin Sarah Kern

Aber zu dem Zeitpunkt, als Markus Lanz dies einem US-Journalisten sagte und dabei über den sackhüpfenden Tom Hanks plauderte, war die Sendung schon längst abgeschrieben.

Und so ist am Samstagabend dieses eine verbliebene Stück Fernsehgeschichte nach einem langsamen und quälenden Tod, nach mehr als 33 Jahren und 215 Sendungen, beerdigt worden. 9,27 Millionen Zuschauer sahen dabei zu, mehr als in den vergangenen zwei Lanz-Jahren, aber weniger, als es zu den besten „Wetten, dass ..?“- Zeiten gewesen sind.

Die Fantastischen Vier eröffnen die Show in Nürnberg. Parallel dazu starten diverse Internetseiten Live-Ticker zur Sendung. Bei Twitter werden die ersten Tweets abgesetzt. „Starte den nächsten Versuch!“, rappen Fanta Vier. Markus Lanz, schwarzer glänzender Anzug, weißes Hemd, steht dann da, verloren in dieser Halle, in dieser Sendung, die er nie ausfüllen konnte.

Auf der grauen Couch: Fanta Vier. Olli Dittrich, der einst die Außenwetten begleitete, passend dazu im mausgrauen Zweireiher und gestreifter Krawatte. Beerdigungsstimmung. Die Outfits von Katharina Witt und dem ehemaligen Skirennläufer Herrmann Maier machen's nicht besser. Da wird eine biedere Sendung in der biedersten Garderobe zu Grabe getragen. Til Schweiger fläzt sich übrigens später im blauen Sweatshirt auf der Couch. Die Gespräche kommen nicht richtig in Fahrt. Man plaudert über Kindheitserinnerungen. Wie das damals war, im Schlafanzug auf dem Sofa die Sendung zu schauen. Tausendmal gehört.

'Wetten, dass..?' in Düsseldorf
Die HUndewette in der 200. ZDF-Show «Wetten, dass...?» im ISS Dome in Düsseldorf. Foto: Marius Becker
DPA
1 / 1

Es ist paradox. In den Einspielern aus der Vergangenheit lümmelt sich Thomas Gottschalk in großkariertem roten Anzug auf der Couch neben Michael Jackson, der an einer Plastikblume riecht. Das war 1995. Schauspieler laufen nackt durch die Halle, Sarah Connor trällert einen ihrer großen Hits „From Sarah with love“ und steht dabei auch fast nackt auf der „Wetten, dass ..?“-Bühne. Gottschalk umarmt, herzt, witzelt in diesen Rückblenden. Das sind Bilder, so trashig, so lebendig, so ungezwungen und gut! Das ist, nein, das war „Wetten, dass ..?“

Zurück auf die graue Couch, zurück zur letzten Show kurz vor Weihnachten 2014. Da sitzt nun auch Helene Fischer, züchtig, im hochgeschlossenen schwarzen Anzug mit Fliege. „Sie will ja jetzt Mutter werden“, twittert jemand. Wetten wie diese: junge Mädchen in kurzen Röcken, die möglichst schnell Wäsche aufhängen. Gottschalk meldet sich unterdessen per SMS bei den Kollegen von Spiegel Online: „Zuschauen krieg ich nervlich nicht hin, halte mich mit euch auf dem Laufenden.“ Gottschalk meint den Liveticker.

Leben kommt in die Sendung, als der siebenjährige Paul Altmeier Hunde am Leberwurstschlecken von seinem Handrücken erkennen kann. Halbsätze wie „leckt zart“ oder „leckt wild“ aus dem Mund eines Siebenjährigen will man eigentlich nicht hören, der Fernsehabend nimmt jetzt Fahrt auf. Lanz ist nun locker, als er Elton nach seiner verlorenen Wette Leberwurst auf die Backen schmiert.

Es gibt wenige wirklich gute Momente in der letzten Sendung, die streckenweise ziemlich langatmig gerät, wobei das Ende besser als der Anfang ist. Als der vor vier Jahren bei einer Wette verunglückte und seither querschnittgelähmte Samuel Koch dazukommt, wird es interessant. Koch besucht erstmals wieder eine „Wetten, dass ..?“-Sendung. Doch Lanz vergeigt die Situation. Da, wo Gottschalk Samuel vermutlich umarmt und Emotionen mehr bedeutet hätten als Worte, stammelt Lanz Fragen wie „Kannst du dem, was passiert ist, einen Sinn geben?“. Koch, deutlich souveräner, vermag das glücklicherweise abzufedern mit der Antwort: „Ich versuche, dem Ganzen den Unsinn zu nehmen.“

Vielleicht sind das die passenden Abschiedsworte für eine Sendung, die nur auf kurzen Strecken eine Abschiedssendung gewesen ist. Deutlich wurde: Sie passt nicht mehr in die Zeit. Ob das nun an Lanz liegt oder am Format. Um es mit der ebenfalls angetretenen Band Unheilig zu sagen: „Es wird Zeit, zu gehen.“

Top-News aus der Region