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Vom Freak zum Milliardär: Nerds von Gates bis Zuckerberg

Es war die Zeit der Heimcomputer, der Datasetten, Brotkasten-Tastaturen und 8-Bit-Prozessoren. Und die Zeit der blassen Männer, die im stillen Kämmerlein an der neuen Ära bastelten. Plötzlich waren sie da – im Deutschland der Achtziger hießen sie Computerheinis oder Computerfreaks...

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Es war die Zeit der Heimcomputer, der Datasetten, Brotkasten-Tastaturen und 8-Bit-Prozessoren. Und die Zeit der blassen Männer, die im stillen Kämmerlein an der neuen Ära bastelten. Plötzlich waren sie da – im Deutschland der Achtziger hießen sie Computerheinis oder Computerfreaks. Heute werden sie Nerds genannt, dabei belächelt und bewundert zugleich. Nicht umsonst, schließlich haben es ein paar von ihnen bis ganz oben geschafft.

Der wohl berühmteste Nerd ist Bill Gates (54). Bis in die 80er-Jahre pflegt er das Image des wunderlichen Genies, um sich in den 90ern davon etwas zu entfernen. Der kleine Bill brilliert vor allem in Mathe und Naturwissenschaften. Schon als Achtklässler hat er Spaß am Programmieren und wird dafür sogar vom Unterricht freigestellt. Mit 14 gründet er mit Schulfreund Paul Allen seine erste Firma. Zusammen entwickeln die Jungs ein System zur Messung von Verkehrsströmen, das ihnen 20 000 Dollar einbringt. Das Studium in Harvard bricht Gates nach zwei Jahren ab – seine neue Firma Microsoft ist wichtiger. Es ist der Beginn einer Erfolgsstory: 1980 zaubern Gates & Co. für IBM das Betriebssystem MS-DOS – da zählt das Unternehmen gerade mal 40 Mitarbeiter bei einem Jahresumsatz von acht Millionen Dollar. Heute hat Microsoft rund um den Globus 93 000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 58,4 Milliarden Dollar. Mit 53 Milliarden Dollar liegt er in der Forbes-Liste der weltweit 100 reichsten Menschen auf Platz zwei.

Da wird sich Erzrivale Steve Jobs (55) mit seinen 5,5 Milliarden Dollar (Forbes-Rang 136) noch strecken müssen. Auch der Apple-Gründer ist das Nerd-Image nie so ganz los geworden. Und das, obwohl sein Unternehmen mit iPod, iPhone und zuletzt iPad Meilensteine in Sachen Design gesetzt hat. Als 21-Jähriger gründet Jobs mit Steve Wozniak und Ronald Wayne die Apple Computer Incorporated. Das Startkapital von 1750 Dollar stammt der Legende nach aus dem Verkauf von Jobs’ VW-Bus und Wozniaks Hewlett-Packard-Taschenrechner. In einer Garage schrauben Jobs und Wozniak 1976 den Apple I zusammen, der damals für 666,66 Dollar angeboten wird. Der erste Werbespruch lautet: „Byte into an Apple“. Der Apple II verkauft sich bis 1985 knapp zwei Millionen Mal und gilt als einer der erfolgreichsten PCs seiner Zeit.

Keinen Hehl aus seiner Nerd-Vergangenheit macht Linus Torvalds (40). Der finnische Programmierer und Begründer des nach ihm benannten Betriebssystems Linux bekennt sich in seinem Buch „Just for Fun“: „Ich war ein Freak. Ein Nerd. Ein Geek. Praktisch von klein auf. Ich habe meine Brille nicht mit Klebeband zusammengehalten, aber ich hätte es ebenso gut tun können, denn alle anderen Merkmale waren vorhanden. Gut in Mathe, gut in Physik, null soziale Kompetenz.“ Torvalds beschreibt sich selbst als hässliches Kind: zu große Schneidezähne, zu große Nase, kein Geschmack in Sachen Kleidung. Er hatte wenig Interesse an Sport, beschäftigte sich mit Modellbau und las Science-Fiction-Bücher. Ersten Kontakt mit Computern bekommt er mit elf Jahren, als er für seinen Großvater, einen Statistik-Professor, Basic-Programme in den Commodore VC 20 eintippt. Das Time-Magazin nimmt ihn 2006 in die Liste „60 Jahre Helden“ in der Kategorie „Rebellen und Anführer“ auf.

Ein Anführer der neuen Nerd-Generation ist Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (26). Als Student der Harvard-Universität stellt er das Online-Netzwerk 2004 auf die Beine, nachdem er mit anderen Webprojekten gescheitert war. Sein Psychologiestudium gibt er ohne Abschluss auf. Parallel zur Zahl der Facebook-Mitglieder wächst auch der Wert des Unternehmens – und Zuckerbergs Vermögen (rund vier Milliarden Dollar). Damit ist er der jüngste lebende Milliardär der Welt, wohnt nach eigenen Angaben aber weiter in einem kleinen Appartement in San Francisco. Zuckerbergs Nerd-Faktor steht dem der Bits-and-Bytes-Veteranen Gates und Jobs in nichts nach. US-Autor Ben Mezrich beschreibt ihn in seinem Enthüllungsbuch „Milliardär per Zufall“ als „sozialen Autisten“, der die Mathematik liebt, als unbekannter Student bei den Frauen aber kaum Chancen hatte und sich wenig um sein Aussehen scherte: „Zuckerberg war schon vom Äußeren her anders. Vielleicht war er einfach zu intelligent, jedenfalls fand er keinen Anschluss, nicht einmal unter Gleichgesinnten.“ Und weiter: „Seine Art zu sprechen hatte etwas computerhaftes.“

Von unserem Mitarbeiter Daniel Weber

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Früher galten sie als schrullige Außenseiter. Was ist aus den Pionieren der modernen Computerwelt geworden? Der Autor, der seine ersten PC-Schritte an einem 286er versuchte, ist der Frage auf den Grund gegangen.

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