Schönheitskur für die „alte Dame“: Legendäres Londoner „Savoy“ eröffnet wieder

Das Savoy in London
Das Savoy in London Foto: Fairmont Hotels & Resorts

„Savoy ist selbst eine Berühmtheit, darum brauchen wir keine Stars am Tag Eins“, sagt lächelnd Hotelsprecher Brett Perkins. In der Tat. Jeder in London weiß, dass am 10.10.10 ein legendärer Tempel der exquisiten Gastlichkeit zum Leben zurückkehrt, der seit 1889 seiner Zeit oft voraus gewesen ist.

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Von unserem Londoner Korrespondenten Alexei Makartsev

Ein Rolls Royce, Bentley oder wenigstens eine S-Klasse sollte es schon sein. Kleiner passt nicht recht zur Superklasse des Savoy.
Ein Rolls Royce, Bentley oder wenigstens eine S-Klasse sollte es schon sein. Kleiner passt nicht recht zur Superklasse des Savoy.
Foto: Fairmont Hotels & Resorts

Das ist klassisches englisches Understatement: Keine Festreden, kein Live-Jazz, kein Feuerwerk, und keine rauschende Party mit Stars bei der am heißesten erwarteten Neueröffnung des Jahres. Nicht einmal Prinz William haben sie zu Werbezwecken in den Prachtbau am Strand eingeladen – obwohl sein Ur-Opa, König George VI., hier früher gerne gespeist hatte. „Savoy ist selbst eine Berühmtheit, darum brauchen wir keine Stars am Tag Eins“, sagt lächelnd Hotelsprecher Brett Perkins. In der Tat. Jeder in London weiß, dass am 10.10.10 ein legendärer Tempel der exquisiten Gastlichkeit zum Leben zurückkehrt, der seit 1889 seiner Zeit oft voraus gewesen ist.

Das Wohnzimmer der „Edwardian River View Suite“.
Das Wohnzimmer der „Edwardian River View Suite“.
Foto: Fairmont Hotels & Resorts

Es ist, als würde eine betagte Theater-Diva nach einer langen Kur wieder auf der Bühne stehen, attraktiv und strahlend wie in ihren besten Tagen. „Die Rückkehr der ,Grande Dame‘ Savoy läutet das Goldene Zeitalter des luxuriösen Londons ein“, schwärmt ein Hotelkritiker. Drei Jahre lang haben alle darauf gewartet – und beobachtet, wie auf einer Großbaustelle an der Themse 1000 Arbeiter den verblichenen Glanz unter dem Dreck der Jahrzehnte freilegten.

Oder lieber ein Art Deco Deluxe-Zimmer gefällig?
Oder lieber ein Art Deco Deluxe-Zimmer gefällig?
Foto: Fairmont Hotels & Resorts

In dieser Zeit erfand sich Savoy neu und es kehrte gleichzeitig zu seinen Anfängen als erstes Edelhotel der Hauptstadt zurück. Die Eigentümer – saudische Ölmilliardäre und die teilnationalisierte britische Bank RBS – ließen sich den Umbau umgerechnet 260 Millionen Euro kosten – eine Summe, die bei manchen Experten Kopfschütteln auslöst. „Wenn Sie um die Ecke biegen, gelangen Sie in eine andere Welt“, beschwichtigt die Hoteldirektion die Kritiker auf der Internetseite www.the-savoy.com. Gut möglich, dass sie am Ende Recht behält.

Unter den prominenten Gäste im Jahr 1956 waren Marilyn Munroe und Laurence Olivier.
Unter den prominenten Gäste im Jahr 1956 waren Marilyn Munroe und Laurence Olivier.
Foto: Fairmont Hotels & Resorts

Rechtsverkehr im UK!?

Einen Monat vor der Neueröffnung stehen keine Bentleys, sondern Lieferwagen vor dem Hoteleingang. Das glänzende Savoy-Schild ist verhüllt, und aus dem Inneren des Gebäudes drängen Klopfgeräusche. Unser Rundgang beginnt in der Mini-Straße Savoy Court – dem einzigen Ort im Königreich, wo man nicht links, sondern rechts fahren muss. „Das ist hier seit der Zeit der Kutschen so üblich“, sagt Brett Perkins, der vor Unfällen warnt. „Aber alle Taxifahrer wissen das, so dass Sie sicher sind, wenn Sie per Taxi kommen“.

Vielfältig und nicht ganz billig

Der Stararchitekt Pierre-Yves Rochon hatte die die Eingangshalle von Savoy so designt, dass sie das “Gefühl des Ankommens“ weckt. Dazu gehören schwarz-weißer Marmor-Boden, antike Möbel und frisch polierte Mahagoni-Wände. “Es ist das alte Savoy im neuen Gewand”, kommentiert Perkins. Neu ist, dass die Ankommenden weder ein- noch auschecken müssen: Sie werden vom Hotelpersonal (das die Namen aller Gäste kennen wird) gleich auf ihre Zimmer gebracht. Davon gibt es 268, wobei sich die Gäste zwischen den Stilen Edwardian Barock oder Art Deco entscheiden können. Kein Zimmer und keine Suite gleicht dem anderen. Gemein ist allen nur der gehobene Preis: Ab 350 Pfund (420 Euro) wird man für eine Nacht hinblättern müssen. Viel Geld, gewiss, aber schon vor 125 Jahren war den Reisenden der außergewöhnliche Komfort hier ein Vermögen wert.

Als das Savoy 1889 eröffnet hatte, kannten die Londoner natürlich den Begriff Luxus. Und doch schaffte es der mit Operetten reich gewordene Impresario Richard D’Oyly Carte, die High Society zu verzücken. Als erstes in England wurde sein Hotel komplett elektrisch beleuchtet, und es hatte als einziges elektrisch betriebene „aufsteigende Zimmer“. Heute nennt man sie „Fahrstühle“. Zu weiteren Innovationen gehörten „Sprachrohre“ in den Suiten für Anweisungen an das Personal und extra Räume zum Waschen in jedem Zimmer, die jetzt als Standard gelten. Der erste Direktor des Savoy war César Ritz, der später ein eigenes Luxushotel eröffnete. Sein Starkoch Auguste Escoffier war der Erfinder des Desserts „Pfirsich Melba“ – einer Delikatesse, die dem Opernstar Nellie Melba gewidmet war.

„Who's Who“ der Welt der Reichen

Die Liste der prominenten Savoy-Gäste liest sich wie ein „Who is Who“ der Welt der Reichen und Berühmten. Von Frank Sinatra, Charlie Chaplin, Katherine Hepburn und John Wayne bis Charles de Gaulle, Harry Truman und den Beatles waren sie alle hier, um das Savoy Cabaret zu genießen oder sich in der American Bar vom legendären Barkeeper Harry Craddock sein Markencocktail „White Lady“ mixen lassen. Winston Churchill nahm oft seine Regierung ins Savoy Grill mit – im wiedereröffneten Restaurant kann man jetzt „Churchills Tisch“ reservieren lassen. George Gershwin spielte erstmals in Großbritannien seine „Rhapsody in Blue“ im Savoy. Claude Monet malte hier 1901 die in Nebel getauchten Themse-Ufer vor seinem Hotelfenster. Laurence Olivier traf hier seine zukünftige Frau Vivien Leigh. Marilyn Monroe überraschte hier 1956 die Journalisten mit einem erotischen, halb-durchsichtigen Top. Die junge Elisabeth II. wurde im Savoy erstmals mit ihrem Leutnant Philip Mountbatten in der Öffentlichkeit gesehen. Diese Aufzählung lässt sich fortsetzen.

Romeo y Julieta warten in der Churchill Suite

Im Savoy erinnern neun „persönliche Suiten“ an einige Stammgäste. In der Marlene-Dietrich-Suite werden zwölf pinkfarbene Rosen stehen, so wie es der Filmstar gerne hatte. Im Monet-Zimmer hängen die berühmten „Ansichten von der Themse“. „Und in der Churchills Suite werden wir vielleicht seine Zigarren auslegen“, sagt Brett Perkins. Wir durchschreiten das helle „Thames Foyer“ mit der Glaskuppel, wo der „Nachmittagstee“ serviert werden soll, und schauen in die neue Champagner-Bar Beaufort hinein, deren Wände teils mit Blattgold beschichtet wurden. Dann stehen wir in der 325 Meter großen Royal Suite aus acht Räumen, die eine ganze Etage einnimmt.

Das zweitteuerste Hotelzimmer Londons

Überall Marmor, Seide, Gold und Kristall-Leuchter aus Murano-Glas. Alleine das Edel-Bett im „Zimmer für Könige und Staatschefs“ hat das Hotel 36.000 Euro gekostet. Beim Planschen in der riesigen Badewanne kann man durch das Fenster sieben Themse-Brücken, den Big Ben und das Riesenrad London Eye sehen. Wer sich vom Übernachtungspreis von 10.000 Pfund (12.000 Euro) nicht abschrecken lässt, wird mit einem Butler belohnt, der die exotischsten Wünsche erfüllen soll. Laut Perkins gibt es für das zweitteuerste Hotelzimmer Londons (nach dem Royal Penthouse des Dorchester) schon viele Anfragen.

Booked up

„Wir sind in den ersten Tagen komplett ausgebucht“, sagt der Hotelsprecher zum Abschied. Etwas anderes hätte man von der “Grande Dame” Savoy auch nicht erwartet.